Altersarmut gibt es auch im reichen Österreich. 283.000 Menschen – vor allem Frauen – sind von Armut im Alter betroffen. Aber auch bei Menschen, die aufgrund von Invalidisierung in Pension gehen müssen, sind die Pensionshöhen zu gering, um davon angemessen leben zu können. Es wäre so leicht, hier Verbesserungen zu schaffen. Eine armutssichere Höhe der Ausgleichszulage in der Pension würde rund einer Million Menschen helfen und die Armutsquote spürbar senken. Die derzeit viel zu geringen Leistungshöhen in Kombination mit den teuerungsbedingt zu hohen Preisen für Wohnen und Leben verschärfen die Lage für Menschen mit einer geringen Pension massiv. Daher sind positive Reformen in diesem Bereich unbedingt notwendig.
283.000 Menschen von Altersarmut betroffen
Laut Statistik Austria waren 2023 (bezogen auf die Einkommen 2022) rund 283.000 Menschen bzw. 18 Prozent der über 65-Jährigen von Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung betroffen. Davon leben sogar 30.000 Menschen in absoluter Armut bzw. sind erheblich materiell und sozial benachteiligt. Der Großteil, konkret 186.000 Personen bzw. rund zwei Drittel aller Betroffenen, waren Frauen. Circa jede Fünfte Frau in Österreich ist im Alter mit Altersarmut konfrontiert.
Ausgleichszulage federt Armut ab, sollte aber eigentlich armutssicher sein
Ist die Pension sehr gering und erreicht sie mit etwaigen anderen Einkommen nicht einen bestimmten Richtsatz, so gebührt die Differenz als Ausgleichszulage. Grundsätzlich sind sämtliche Einkünfte von Pensionist:innen bzw. ihren Ehepartner:innen anzurechnen, wobei bestimmte Einkommen (Wohnbeihilfen, Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz, Pflegegeld, Kinderzuschüsse etc.) von der Anrechnung ausgenommen sind.
Rund zwei von drei Ausgleichszulagenbeziehenden sind Frauen
Per Dezember 2023 wurden lt. Dachverband der österreichischen Sozialversicherung rund 193.400 Ausgleichszulagen erfasst, das sind rund 7,6 Prozent bezogen auf den gesamten Stand an Pensionen in diesem Zeitraum. Im Schnitt betrug die Höhe der Ausgleichszulage 379 Euro monatlich per Dezember 2023. Zumeist wird eine Ausgleichszulage zu einer Waisenpension (rund 30 Prozent gemessen am jeweiligen Pensionsstand bzw. in 14.000 Fällen) bzw. zu einer Pension aufgrund geminderter Arbeitsfähigkeit (rund 26 Prozent bzw. 31.000 Ausgleichszulagen) gewährt. Laut Jahresbericht der Sozialversicherung erhielten 128.000 Frauen, also 67 Prozent, eine Ausgleichszulage, weil ihre Pension unter dem aktuellen Ausgleichszulagenrichtsatz lag und somit zu niedrig war.
Höhe der Ausgleichszulage um 224 Euro unter der Armutsschwelle
Derzeit liegt die Höhe des sogenannten Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende bei monatlich 1.348,48 Euro (netto, 12-mal). Dieser Betrag liegt eindeutig unter der derzeitigen Armutsgefährdungsschwelle in Höhe von rund 1.572 Euro. Das ergibt eine Differenz von rund 224 Euro monatlich bzw. 2.700 Euro pro Jahr. Und das ist noch niedrig berechnet. Denn die Berechnung der Armutsschwelle basiert auf Einkommen aus der Vergangenheit, aktuell aus dem Jahr 2022. Eine sehr kräftige Steigerung der „Mindestpension“ deutlich über die Armutsgefährdungsschwelle wäre daher unbedingt notwendig. Und welchen Betrag man eigentlich zum Leben benötigen würde, zeigen die „Referenzbudgets“ des Dachverbandes der Schuldnerberatungen auf. Der aktuelle Wert für 2024 für einen Einpersonenhaushalt liegt bei rund 1.730 Euro monatlich. Betrachtet man diesen Wert als das Mindestmaß zum Leben, so wäre eine noch deutlichere Anpassung notwendig.
Ausgleichszulage im Vergleich
(jeweils Einpersonenhaushalte, netto monatlich in Euro, 12-mal)
Ausgleichszulagenrichtsatz* | Armutsschwelle** | Referenzbudget*** |
1.348,48 | 1.572,– | 1.730,– |
Armutssichere Ausgleichszulage würde rund einer Million Menschen helfen
Eine Erhöhung der Ausgleichszulage (mit Auswirkungen u. a. auf die Pensionsversicherung, aber auch auf den Bereich der Sozialhilfe/Mindestsicherung) über die Armutsgefährdungsschwelle würde lt. Studie des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung bis zu einer Million Menschen in Österreich helfen. Die auf die Gesamtbevölkerung bezogene Armutsquote würde um 2 bis 4 Prozentpunkte sinken. Die Kosten beliefen sich auf rund 1 bis maximal 2 Milliarden Euro. Dies sind bezogen auf die gesamten österreichischen Sozialausgaben lediglich 1,5 Prozent. Die Armutsgefährdung würde sich am stärksten bei alleinstehenden Frauen und Männern über 65 Jahren sowie bei Alleinerziehenden verringern. Es wäre also eine leistbare Maßnahme, die viel Gutes bewirken würde.
Frauenpensionen, vor allem auch Invaliditätspensionen, sind viel zu niedrig
Aber nicht nur die Alterspensionen der Frauen sind zu niedrig (rund 40 Prozent geringer als männliche Alterspensionen), auch im Bereich der Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit sind die Bezugshöhen bei beiden Geschlechtern ausbaubar. Vor allem männliche Arbeiter verfügen im Schnitt über eine „I-Pension“ in Höhe von nur 1.355 Euro monatlich. Arbeiterinnen erhalten sogar nur 1.019 Euro pro Monat. Dies sind viel zu niedrige Leistungshöhen, die eine Bestreitung des Lebensunterhalts fast unmöglich machen, von einer tatsächlichen Lebensstandardsicherung oder entsprechend hohen Einkommensersatzraten (optimal wären 80 Prozent), bezogen auf das jeweilige (Lebens-)Einkommen, ganz zu schweigen. Hier gilt es, vor allem präventiv zu agieren, damit Menschen gar nicht in die Lage kommen, eine so geringe Pension beziehen zu müssen. In diesem Bereich geht es vor allem auch um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben bzw. um eine alternsgerechte Arbeitswelt, um mehr Prävention, Gesundheitsförderung, frühzeitige Rehabilitation u.v.m. Natürlich würde sich auch eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf die Gesundheit vieler Beschäftigter sehr positiv auswirken, vor allem auch in jenen Branchen, die starke gesundheitliche Belastungen aufweisen.