Bereits seit 2005 haben Eltern die Möglichkeit, ihre Pensionsgutschriften zu teilen. Heuer trat diese Regelung im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage ins Scheinwerferlicht. Die schriftliche Beantwortung der Sozialministerin gab einer lang gehegten Vermutung Gewissheit: Das Pensionssplitting befindet sich im Dornröschenschlaf. In den letzten acht Jahren haben davon lediglich 850 Familien Gebrauch gemacht. Die Gretchenfrage: Was spricht dafür, es aufzuwecken?
Das Pensionssplitting ist untrennbar mit der Einführung eines komplett neuen Bausteins in das österreichische Pensionssystem verbunden: dem Pensionskonto. Dabei handelt es sich um ein “virtuelles Sparbuch” für ab dem 1.1.1955 Geborene. Pro Jahr wird für jeden Versicherten und jede Versicherte eine Gutschrift gebildet, nämlich 1,78 % von seinem bzw. ihrem Jahresentgelt und auf das individuelle Pensionskonto übertragen. Die zukünftige Pension wird dann in der Folge aus der Summe dieser jährlichen – mit der durchschnittlichen Einkommensentwicklung aufgewerteten – Teilgutschriften gebildet (ab 1.1.2014 gilt für alle ab 1.1.1955 Geborenen ausschließlich das Pensionskonto).
Anhand des Beispiels der Familie Mustermann soll das Pensionskonto veranschaulicht werden: Herr Mustermann arbeitet Vollzeit, Frau Mustermann geringfügig. Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn, der am 30.6.2011 geboren wurde.
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Das Jahreseinkommen von Herrn Mustermann betrug im Jahr 2017 € 56.000,00 brutto (= € 4.000,00 x 14). Davon wurden 1,78 % auf sein Pensionskonto übertragen. Seine Teilpensionsgutschrift für das Jahr 2017 ergab somit € 996,80 (= 1,78 % von € 56.000,00). Da die Pension 14-mal ausbezahlt wird, ist die Kontogutschrift durch 14 zu dividieren. Somit würde die Gutschrift von € 996,80 eine monatliche Pension von € 71,20 (brutto) ergeben. Auf dem Pensionskonto von Frau Mustermann steht im Jahr 2017 „Null“, sie hat nur geringfügig gearbeitet und war damit nicht pensionsversichert. Folgen des Pensionskontos Die Auswirkungen des Pensionskontos liegen auf der Hand: Nicht nur Erwerbslücken, sondern auch Teilzeitbeschäftigungen wirken sich im Vergleich zu einer Vollzeitbeschäftigung negativ auf die spätere Pensionshöhe aus, da jedes Jahr für die Berechnung der Pension herangezogen wird und nicht mehr nur eine bestimmte Anzahl der „besten“ Jahre. Mütter sind davon besonders betroffen: Inzwischen liegt die Teilzeitquote bei Frauen (im Alter zwischen 25 und 49 Jahren) mit Kindern unter 15 Jahren bei 75 %. Die ersten 48 Monate nach der Geburt eines Kindes sind durch die sogenannten Kindererziehungszeiten pensionsrechtlich abgesichert: Der überwiegend mit der Kinderbetreuung betraute Elternteil erhält auf seinem Pensionskonto unabhängig von einer Erwerbstätigkeit in dieser Zeit Teilpensionsgutschriften. In diesem Fall werden die 1,78 % von einem fiktiven Jahreseinkommen, das sich am Medianeinkommen der Frauen orientiert, herangezogen. Nach diesen vier Jahren gibt es für Eltern aber keinen weiteren pensionsrechtlichen Schutz.
Veranschaulicht werden die Auswirkungen der ungleichen Aufteilung von Kinderbetreuung und Erwerbsarbeit zwischen den Elternteilen auf die Pension wieder anhand des Ehepaars Mustermann: Frau Mustermann arbeitet seit der Rückkehr aus der Karenz nur geringfügig. Herr Mustermann hat seit 2014 unverändert ein monatliches Einkommen von € 4.000,00 x 14.
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(Vereinfachte Darstellung ohne Berücksichtigung des jährlichen Aufwertungsfaktors. Die Kindererziehungszeiten, kurz KEZ, werden jährlich neu bewertet.) Die Pension pro Monat für die KEZ hätte im Jahr 2015 € 25,85 betragen. Bei Frau Mustermann wurden die KEZ aber nur bis zur Vollendung des Monats angerechnet, in dem ihr Sohn vier Jahre alt geworden ist, somit bis zum 30.6.2015. Hätte Frau Mustermann in den Jahren 2014 und 2015 über der Geringfügigkeitsgrenze gearbeitet, wären ihr zusätzlich zu den Kindererziehungszeiten 1,78 % von ihrem Jahresverdienst gutgeschrieben worden. In den Jahren 2016 und 2017 hat Frau Mustermann keine Teilpensionsgutschriften gesammelt, da sie nur geringfügig gearbeitet hat und ihr keine Kindererziehungszeiten mehr angerechnet wurden. In Summe hat Herr Mustermann zwischen 2014 und 2017 eine wesentlich höhere monatliche Pension erworben als Frau Mustermann, die sich überwiegend der Kindererziehung gewidmet hat. Was ist das Pensionssplitting? Beim Pensionssplitting kann der erwerbstätige Elternteil dem (überwiegend) erziehenden Elternteil bis zu 50 % seiner im Kalenderjahr erworbenen Teilpensionsgutschrift übertragen.
Als Beispiel dient wieder Familie Mustermann. Herr Mustermann überträgt 50 % seiner im Jahr 2017 erworbenen Teilpensionsgutschrift auf das Pensionskonto von Frau Mustermann.
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Herr Mustermann hat im Jahr 2017 eine Teilpensionsgutschrift in der Höhe von € 996,80 gesammelt. Im Rahmen des Pensionssplittings hat er 50 % an seine Gattin übertragen, somit einen Betrag von € 498,40. Diese Teilpensionsgutschrift würde eine monatliche Pension von € 35,60 (= € 498,40:14, weil die Pension 14-mal ausgezahlt wird) ergeben. Wie viele Gutschriften können übertragen werden? Der erwerbstätige Elternteil kann vom Jahr der Geburt an bis zu dem Kalenderjahr, in dem das Kind seinen siebten Geburtstag feiert, dem überwiegend erziehenden Elternteil Teilpensionsgutschriften übertragen. Hat das Elternpaar mehrere Kinder, ist der Erwerb von bis zu 14 Teilgutschriften für die Erziehende bzw. den Erziehenden möglich. Der Antrag muss allerdings bis zur Vollendung des zehnten Lebensjahres des letztgeborenen Kindes gestellt werden. Die Vereinbarung ist nicht widerrufbar.
Bei Familie Mustermann würden sich folgende Optionen für das Pensionssplitting ergeben:
Da der Sohn von Ehepaar Mustermann im Jahr 2011 geboren wurde, könnte Herr Mustermann erworbene Teilpensionsgutschriften aus den Jahren 2011 bis inklusive 2018 in der Höhe von jeweils bis zu 50 % auf das Pensionskonto seiner Frau übertragen. Der Antrag muss spätestens am Tag vor dem zehnten Geburtstag des Kindes (also am 29.6.2021) gestellt werden. Diese Übertragung könnte auch im Falle einer späteren Scheidung nicht mehr widerrufen werden.
Soll das Pensionssplitting aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden? Das Pensionssplitting bewirkt lediglich eine Umverteilung der Pension zwischen den Elternteilen. Es hat damit weder Auswirkung auf eine bessere partnerschaftliche Aufteilung von Kinderbetreuung und Beruf, noch schafft es ein größeres Angebot an Kinderbetreuungsplätzen. Die Regelung bietet aber die Chance für den erwerbstätigen Elternteil, die unbezahlte „Care-Arbeit“ der Partnerin bzw. des Partners zumindest pensionsrechtlich für einen begrenzten Zeitraum abzugelten. Letztlich kann das Pensionssplitting dazu beitragen, insbesondere Frauen im Alter vor Armut oder finanzieller Abhängigkeit zu schützen. Denn eines ist klar: Teilzeitarbeit mit einem geringen Stundenausmaß über eine längere Dauer kombiniert mit dem Pensionskonto ergibt eine niedrig(er)e Pension. Dass bis dato in mehr als einem Drittel der Fälle das Pensionssplitting zugunsten der Väter beantragt wurde, ist wieder eine andere Geschichte.
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