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Eine Verteilung, die durchaus dem europäischen Gesamtbild entspricht und vor allem auf die starke Präsenz von Frauen in Branchen mit höherem Infektionsrisiko, wie dem Gesundheitswesen, körpernahen Dienstleistungen und dem Einzelhandel, zurückzuführen ist.
Frauen häufiger von Long COVID betroffen
Außerdem weisen erste Studien darauf hin, dass Frauen weit häufiger mit der Diagnose Long COVID konfrontiert sind. In Kombination mit einem erhöhten Infektionsrisiko am Arbeitsplatz ist die Tatsache, dass es hinsichtlich der Anerkennung von COVID-19 als Berufserkrankung oder Arbeitsunfall in vielen Ländern (enorme) Hürden gibt, für Frauen daher besonders problematisch. Eine Anerkennung ist in den meisten EU-Staaten auf einzelne Wirtschaftszweige und Berufe begrenzt, etwa das Gesundheitswesen. So auch in Österreich, wo eine Anerkennung als Berufskrankheit prinzipiell für Angestellte im Gesundheits-, Pflege oder Bildungsbereich möglich ist. In allen anderen Fällen, etwa bei Supermarktmitarbeiter:innen, Reinigungskräften oder Busfahrer:innen, muss eine „vergleichbare Gefährdung“ bzw. die konkrete Ansteckung am Arbeitsplatz nachgewiesen werden, was in vielen Fällen de facto unmöglich ist. Im Gegensatz dazu müssen beispielsweise in den Niederlanden Beschäftigte aller Branchen eine Ansteckung am Arbeitsplatz lediglich durch kohärente Symptome und – wenn verfügbar – einen PCR-Test nachweisen.
Ungleiche Verteilung der (zusätzlichen) Sorgearbeit
Bereits zu Beginn der Pandemie zeigte sich in Österreich, dass das Ausmaß an Hausarbeit und Kinderbetreuung für Frauen massiv und deutlich stärker als für Männer zunahm. Rund ein Drittel der Erwerbstätigen gab an, dass sich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Krise wesentlich schwieriger gestaltet. Eine Entwicklung, die vor allem Eltern von schulpflichtigen Kinder betrifft, Frauen aber wiederum deutlich stärker als Männer. Befanden sich beide Elternteile im Homeoffice, nahmen die Schwierigkeiten diesbezüglich für Mütter (62 Prozent) deutlich stärker zu als für Väter (26 Prozent). Immerhin: Aufgrund der beschriebenen Schieflage profitieren vor allem Frauen in Österreich vom Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit, den die Arbeiterkammer und der Österreichische Gewerkschaftsbund durchsetzen konnten. Ähnliche Maßnahmen wurden zwar in vielen europäischen Staaten umgesetzt, allerdings fielen diese oft deutlich weniger umfangreich aus als die österreichische Regelung, etwa was die Altersgrenze der zu betreuenden Kinder, die Höhe der Ersatzrate oder die Inklusion von geringfügig oder als Leiharbeiter:innen Beschäftigten betrifft. Dennoch muss auch für Österreich festgehalten werden, dass die zu Beginn der Krise geäußerten Hoffnungen, diese könnte zu einer gerechteren Verteilung von Sorgearbeit führen bzw. Homeoffice die Vereinbarkeit von Lohnarbeit und Kinderbetreuung verbessern, bitter enttäuscht wurden.
Anstieg häuslicher Gewalt
Homeoffice, Quarantäne und die verordneten Ausgangsbeschränkungen führten nicht nur zu einem europaweiten Anstieg der häuslichen Gewalt, sondern auch dazu, dass die Inanspruchnahme von Schutz- und Unterstützungsangeboten massiv erschwert wurde. So zeigt etwa eine Studie aus Großbritannien, dass die bei der Polizei angezeigten Fälle häuslicher Gewalt während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 nur leicht zunahm, die Zahl der Notrufe bei Hilfsorganisationen aber ebenso steil anstieg wie jene der entsprechenden Suchanfragen im Internet. In Österreich stieg die Zahl der offiziell registrierten Fälle von häuslicher Gewalt im Vergleichszeitraum ebenfalls an. Auch hier muss davon ausgegangen werden, dass die Dunkelziffer wesentlich höher ist. So suchten im Frühjahr 2020 bis zu 71 Prozent mehr Frauen bei der österreichischen Frauen-Helpline um Unterstützung an.
Als Reaktion darauf setzten zahlreiche Staaten auf den Auf- und Ausbau spezieller Schutz- und Unterstützungsangebote sowie entsprechende Info-Kampagnen. Europaweite Bekanntheit erlangte die französische Kampagne „Maske 19“: Betroffene von häuslicher Gewalt sollen durch dieses Codewort in Apotheken unauffällig auf ihre Notlage aufmerksam machen können. Österreich setzte, wie viele andere Länder, vor allem auf die Stärkung entsprechender Online-Angebote, etwa was die Kontaktaufnahme per E-Mail oder Chat betrifft, sowie eine begleitende Info-Kampagne.
Gezielte und geschlechtssensible Maßnahmen nötig
Die COVID-19 Krise verschärft bestehende Ungleichheiten und schafft neue. Frauen sind stärker von den Entwicklungen am Arbeitsmarkt betroffen, schultern als „systemrelevante“ Arbeitskräfte einen Großteil der Krise und sind dem Virus am Arbeitsplatz stärker ausgesetzt. Die Zunahme unbezahlter Sorgearbeit und häuslicher Gewalt verschärft die Situation zusätzlich. Entwicklungen, die sich bereits im Rahmen vergangener Gesundheitskrisen beobachten ließen und sich an den Schnittstellen mit Rassismus und anderen Diskriminierungsformen besonders deutlich manifestieren.
Die Krise hat allerdings auch dafür gesorgt, dass die systemrelevante Funktion weiblich dominierter Berufsgruppen, etwa im Gesundheitsbereich oder Einzelhandel, in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Im besten Fall könnte das langfristig dazu führen, dass diese Berufsgruppen endlich entsprechende Anerkennung finden. Bisher wurde es allerdings verpasst, diese Anerkennung in konkrete politische Maßnahmen zu übersetzen. Auch für Österreich zeigen Untersuchungen außerdem, dass die im europäischen Vergleich eher umfangreicheren Maßnahmen nicht ausgereicht haben, um die beschriebene Schieflage hinsichtlich der Folgen der Pandemie zu korrigieren. Es braucht daher dringend gezielte und geschlechtssensible Maßnahmen, die verhindern, dass Frauen die großen Verliererinnen der Krise sind und wichtige Fortschritte am Weg zur Gleichberechtigung zunichtegemacht werden.
Sollten Sie Opfer von häuslicher Gewalt werden, zögern Sie nicht, Hilfe zu suchen. Diese finden Sie u. a. hier:
Frauen-Helpline (Mo–So, 0–24 Uhr, kostenlos): 0800/222 555
Männerberatung (Mo–Fr, Ortstarif): 0720/70 44 00
Männernotruf (Mo–So, 0–24 Uhr, kostenlos): 0800/246 247
Telefonseelsorge (Mo–So, 0–24 Uhr, kostenlos): 142
Das Forschungsprojekt, auf dessen Basis dieser Artikel entstand, wurde durch das Netzwerk Wissenschaft der AK Wien finanziert.
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