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Diskriminierung bei Lohn und Gehalt
Dass Frauen und Männer die gleichen Verdienstmöglichkeiten haben, halten mehr als acht von zehn Frauen für (eher) nicht zutreffend. Am Gehaltszettel wiegt das Geschlecht mehr als die Qualifikation, (Aus-)Bildung oder Erfahrung, berichteten viele Frauen im Rahmen der Möglichkeit, Erlebtes in Form offener Antworten zu teilen. Insgesamt ergriffen 962 Frauen (27 Prozent) die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen zu berichten. Viele Rückmeldungen betrafen die ungleiche Bezahlung aufgrund des Geschlechtes, die teils auch ganz unverfroren den Diskriminierten kommuniziert wurde:
„Verdiene weit weniger als männliche Kollegen mit geringerer Qualifikation. Auch ist meine berufliche Position im Unternehmen niedriger als bei den meisten männlichen Kollegen, die schlechtere Qualifikationen haben als ich.“
„Mein Chef meinte, Frauen arbeiten fast so gut wie Männer – schaffen die Aufgaben auch ganz okay und sind sehr fleißig. Aber er muss Frauen weniger bezahlen, deshalb hat er vorwiegend Frauen angestellt.“
Diskriminierung bereits bei der Bewerbung
Dass junge Frauen häufig bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen diskriminiert werden, wurde bereits 2022 in einer Auftragsstudie der Arbeiterkammer Oberösterreich zum Thema Elterndiskriminierung gezeigt, in der rund sechs Prozent der befragten Frauen angaben, dass sie im Zuge eines Bewerbungsgesprächs unerlaubterweise direkt und indirekt sogar nach Verhütungsmethoden (!) befragt wurden. Auch in der aktuellen Studie berichten die befragten Frauen über ihre Erfahrungen nach unangenehmen Fragen bezüglich Familienplanung und Schwangerschaften bei Bewerbungen:
„Bei der Lehrstellensuche wurde ich als 15-jähriges Mädchen bereits nach dem Kinderwunsch gefragt, beim Bewerbungsgespräch!“
„Ich wurde bei einem Bewerbungsgespräch indirekt gefragt, wie meine Familienplanung aussieht und mir wurde im direkten Anschluss gesagt, dass Aufstiegsmöglichkeiten nur möglich sind, wenn ich längerfristig Vollzeit arbeite.“
Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten
Dass Führungspositionen nach wie vor männlich besetzt sind, dem stimmen 86 Prozent aller Befragten (eher) zu. Viele berichten auch in den offenen Fragen davon, beim beruflichen Aufstieg aufgrund des Geschlechtes gehindert zu werden:
„Mir wurde von meinen Führungskräften angedeutet, dass ich eine Beförderung aufgrund meiner Leistungen verdient hätte. Da ich aber schon 30 Jahre bin, schon sehr lange einen festen Partner habe und noch keine Kinder, gehe man davon aus, dass ich aufgrund einer Schwangerschaft sowieso nicht mehr lange Vollzeit in der Firma bin. Deswegen bekommt jemand anderer diese Möglichkeit.“
„Es wurde mir gesagt, dass ich ein Familienmensch sei und deshalb nicht weiter in meine firmeninterne Weiterbildung investiert wird.“
Vorurteile, ungleiche Behandlung und fehlender Respekt
Viele Frauen berichten auch, wie sie tagtäglich mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen konfrontiert sind, wie ihnen aufgrund ihres Geschlechtes eine ungleiche Behandlung im Arbeitsalltag entgegengebracht wird oder erzählen von fehlendem Respekt und Abwertung:
„Anspielung auf Periode, wenn mal lauter geworden.“
„Als Busfahrerin: Mir wurde oft von Passagieren nicht zugetraut, den Bus lenken zu können. Technische Defekte wurden darauf zurückgeführt, dass ich Fehler gemacht habe, die ein Mann nicht machen würde.“
„Mir wurde gesagt, dass ein Bürojob nicht so anspruchsvoll ist wie der Beruf eines Maurers. Man wird als Bürokraft oft als kleine dumme Sekretärin abgestempelt, die den ganzen Tag wartend auf Arbeit vor dem PC sitzt.“
„Habe Lackiererin gelernt, war von drei Lehrlingen das einzige Mädchen. Nur ich wurde dazu ,eingeteiltʻ in meinen Lehrjahren den Chefs Kaffee zu machen (mitten in meiner Tätigkeit), die Büropflanzen zu gießen, den Geschirrspüler auszuräumen und das Büro zu wischen. Rauchen durfte ich auch nur gehen, nachdem der Gesell das Okay gegeben hat, und das auch nur draußen. Die Lehrbuben durften jederzeit und überall rauchen. Manche Kundschaften wollten, dass NUR ICH ihren Gegenstand lackiere, und sie wollten mir auch explizit dabei zusehen. Von den ganzen abfälligen Aussagen eines meiner Chefs möchte ich erst gar nicht anfangen.“
Sexuelle Belästigung
Letzteres Beispiel zeigt außerdem gut, wie ein sexistisches Arbeitsumfeld zum Tatort sexueller Belästigung wird. Der Einschätzung, dass Frauen häufig sexualisierte Belästigung oder Gewalt am Arbeitsplatz erleben, stimmen 62 Prozent der befragten jungen Frauen (eher) zu. Auch vom Arbeitsklima-Index für Frauen der Arbeiterkammer Oberösterreich wissen wir um die Betroffenheit von sexueller Gewalt am Arbeitsplatz. Viele Befragte berichten in den offenen Antworten von sexuellen Übergriffen aller Art – verbal, digital und physisch am Arbeitsort:
„Es wurden keine Maßnahmen getätigt seitens des Unternehmens bei unerwünschtem Körperkontakt eines Kollegen und Anstarren am Arbeitsplatz.“
„Sexuelle Belästigung in verbaler Form: übergriffige Kommentare über meinen Körper, mein Aussehen, meine Figur; grenzüberschreitende Fragen zu meinem Liebesleben, sexuelle Andeutungen; Starren auf gewisse Stellen meines Körpers. Bin jung, gut ausgebildet und arbeite in einer Männerdomäne: Dass ich von älteren Männern auf mein Aussehen reduziert werde und mein fachliches Know-how angezweifelt wird, passiert mir ständig.“
Wunsch nach tatsächlicher Gleichstellung
In der Studie wurden die Frauen außerdem danach befragt, welche Handlungsbedarfe sie sehen, um Gleichstellung von Frauen und Männern endlich Realität werden zu lassen. Die jungen Frauen sehen drei große Hebel, um endlich tatsächlich(e) Gleichstellung zu erreichen:
- Es muss ein gesellschaftlicher Wandel in Gang gesetzt werden, indem konsequent mit geschlechtsspezifischen Vorurteilen aufgeräumt werden muss. Hierbei wünschen sich junge Frauen, bereits verstärkt im Kleinkindalter mit starren Geschlechterkorsetts und geschlechtsspezifischen Vorurteilen aufzuräumen.
- Gleichstellung muss am Arbeitsmarkt durch ein vielfältiges Maßnahmenbündel stärker forciert werden: durch die Umsetzung von gleichem Lohn für gleich(wertig)e Arbeit und mehr Transparenz bei den Einkommen. Außerdem muss am Arbeitsmarkt Chancengleichheit bei der Einstellung und beim beruflichen Aufstieg umgesetzt werden. Beispielsweise wünschen sich zwei Drittel (68 Prozent) der jungen Frauen (eher) verstärkt den Einsatz des Instruments der Geschlechterquote bei der Besetzung von Führungspositionen und wirtschaftlichen Schlüsselpositionen.
- Last, but not least muss Gleichstellung bei der Sorgearbeit Realität werden. Durch die Stärkung öffentlicher Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen einerseits, durch innerpartnerschaftliche FAIRteilung andererseits. Das schließt eine gerechte, egalitäre Aufteilung der Karenz zwischen Mann und Frau mit ein. Schlussendlich ist auch der Wunsch groß, sozial- und pensionsversicherungsrechtlich mehr Rücksicht auf weibliche Realitäten zu nehmen.
Bis Gleichstellung nicht auf allen drei Ebenen konsequent umgesetzt worden ist, stecken junge Frauen in einem Dilemma fest, wie eine der Befragten treffend formuliert:
„Solange Männer generell deutlich mehr verdienen als Frauen, steht gezwungenermaßen von vornherein fest, wer sich um die Kinderbetreuung kümmern muss […].“
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