Egal ob bei Arbeit, Bildung oder in der Kommunikation – die Digitalisierung hat in vielen Lebensbereichen Einzug gefunden. Im vergangenen Jahr haben digitale Anwendungen durch die Corona-Krise zusätzlichen Aufwind bekommen. Deswegen wurde der Fokus des Frauenbarometers, einer repräsentativen Befragung von Wienerinnen, auf die Digitalisierung gerichtet. Die Ergebnisse zeigen Gestaltungspotenziale von Wienerinnen auf und welche Schritte im Sinne einer „gleichstellungsorientierten Digitalisierungshauptstadt“ gesetzt werden können.
Digitalisierung als Frage der Gleichstellung
Digitalisierung als allumfassende gesellschaftliche Entwicklung kann Fortschritte bewirken. Doch auch bestehende Ungleichheiten und Ausschlussmechanismen können verstärkt werden, wie auch die sehr umfassende Gleichstellungsexpertise der deutschen Bundesregierung „Digitalisierung gleichstellungsgerecht gestalten“ verdeutlicht (für Österreich gibt es keine hierzu vergleichbare Bearbeitung des Themas). Auch im Kontext von Arbeit und Weiterbildung – der Schwerpunkt des vorliegenden Beitrags – kann Digitalisierung als Bedrohung etablierter Standards oder als Chance für die Zukunft der Arbeit angesehen werden. Um zu erfahren, wie Wienerinnen diese Entwicklungen einschätzen und was ihre Wahrnehmungen und Bedarfe sind, wurde von L&R Sozialforschung im Auftrag des Frauenservice Wien das „Wiener Frauenbarometer 2020: Digitalisierung – Frauen – Gestaltungspotenziale“ erarbeitet.
Gestaltungspotenziale von Frauen im Fokus
Das Wiener Frauenbarometer ist eine repräsentative Befragung der Wienerinnen zu aktuellen Themen, deren Ergebnisse frauenpolitische Maßnahmen und Angebote der Stadt informieren.
Insgesamt wurden 1.055 in Wien lebende Frauen im Alter zwischen 16 und 64 Jahren zu den Themen Erwerbsarbeit, Bildung, Geschlechterrollen und Kommunikation befragt. In welchen Lebensbereichen wird die digitale Transformation als Chance erlebt? Wo werden Risiken gesehen? Wo gestalten die Wienerinnen aktiv mit? Welche Bedarfe und Wünsche formulieren sie? Zusätzlich wurden Fragen zur digitalen Ausstattung und zu den digitalen Kompetenzen der Wienerinnen gestellt.
Auf Basis der Rückmeldungen lassen sich vier unterschiedliche Gruppen erkennen.
Digitale Vorreiterinnen und analoge Wienerinnen … eine kleine digitale Typologie
Die digitalen Vorreiterinnen (14 Prozent der Wienerinnen) verfügen über eine breite digitale Ausstattung und hohe digitale Kompetenzen; sie sind gehäuft in einem Job mit technischen Tätigkeiten und/oder mit der Gestaltung von Social Media, Websites etc. betraut. Digitale Kommunikationskanäle sind aus dem Leben der Vorreiterinnen nicht wegzudenken, sie nutzen diese aktiv, etwa zum Aufbau einer eigenen Community.
Die umfassenden Nutzerinnen (41 Prozent der Wienerinnen) sind überdurchschnittlich gut digital ausgestattet, und auch ihre digitalen Kompetenzen gehen über das Basisniveau hinaus. Sie arbeiten zu einem hohen Anteil in akademischen Berufen, allerdings seltener in technischen Berufen. Digitalen Kommunikationsmedien kommt bei ihnen ein hoher Stellenwert zu.
Die selektiven Nutzerinnen (40 Prozent der Wienerinnen) verfügen über eine unterdurchschnittliche digitale Ausstattung, ihre digitalen Kompetenzen liegen auf Basisniveau. Sie haben öfter ein mittleres formales Bildungsniveau, üben verstärkt Hilfs- oder angelernte Tätigkeiten aus sowie Dienstleistungs- und Verkaufsberufe; häufiger sind auch arbeitssuchende Frauen in dieser Gruppe zu finden. Im Beruf stehen sie der Digitalisierung skeptisch gegenüber.
Die analogen Wienerinnen (5 Prozent der Wienerinnen) haben eine minimale digitale Ausstattung und keine bis geringe digitale Kompetenzen; sie sind zu einem hohen Anteil bereits in Pension und/oder weisen ein vergleichsweise geringes formales Bildungsniveau auf. Insgesamt sehen sie ihre digitale Ausstattung als nicht ausreichend an, um in der heutigen Welt mithalten zu können.