„Ich konnte nie an Schulschikursen teilnehmen, weil meine Eltern das nicht zahlen können – wir sind fünf Kinder, mein Vater verdient nicht so viel.“
„Meine Eltern sind arbeitslos, meine Mutter ist schwer behindert, und wir haben sehr wenig Geld – ich trage ältere Sachen und werde deshalb oft gehänselt und nicht ernst genommen.“
„Während meiner Schulzeit wurde ich in den letzten Jahren oftmals von anderen gedanklich in Schubladen gesteckt, wegen meiner Herkunft (Osteuropa) und meinen sozialen Umständen – das war für mich schwierig.“
Erfahrungen wie diese auf ihrem eigenen Bildungsweg oder dem ihrer Kinder schildern die TeilnehmerInnen einer Repräsentativbefragung von SORA im Auftrag der Arbeiterkammer Wien. Sie zeigen, dass die soziale Stellung eine wesentliche Rolle für das Erleben von Diskriminierung spielt. Insgesamt gaben 44% der Befragten an, in den letzten drei Jahren in zumindest einem Lebensbereich diskriminiert bzw. schlechter behandelt worden zu sein. Von diesen Betroffenen führt ein Viertel die erlebte Diskriminierung (ausschließlich oder unter anderem) auf ihre soziale Stellung zurück – sie ist damit der am häufigsten vermutete Diskriminierungsgrund von allen. Eine Sonderauswertung der Befragung setzt sich nun mit der Rolle der sozialen Stellung genauer auseinander und geht dabei insbesondere auf die Bereiche Arbeit und Bildung ein. Der folgende Beitrag stellt zentrale Befunde daraus mit Fokus auf den Bildungsbereich dar.
Soziale Stellung zwischen subjektiven und objektiven Indikatoren
Für eine genauere Analyse der Rolle von sozialer Stellung für das Erleben von Diskriminierung ist es grundsätzlich notwendig, subjektive Selbsteinschätzung und objektive Merkmale zu differenzieren: Denn die Selbsteinschätzung der eigenen sozialen Stellung hängt zwar stark mit den üblichen objektiven Indikatoren für den Sozialstatus (wie dem Einkommen oder dem beruflichem Status) einer Person zusammen – aber auch andere Merkmale (wie Migrationshintergrund, sexuelle Orientierung oder eine körperliche Beeinträchtigung) erhöhen die Wahrscheinlichkeit, sich subjektiv in der gesellschaftlichen Hierarchie weiter „unten“ einzuschätzen.
Wie Diagramm 1 verdeutlicht, erhöhen ein niedriger Bildungsstand der Eltern (17%), ein eigener niedriger Bildungsabschluss (15%), starke Armutsgefährdung (14%) oder unqualifizierte Berufstätigkeit (13%) die Wahrscheinlichkeit für eine niedrige Selbsteinschätzung deutlich. Aber auch Migrationshintergründe (türkisch: 17%; außereuropäisch: 14%; ex-jugoslawisch: 12%), eine homosexuelle Orientierung (13%) oder eine körperliche Beeinträchtigung (9%) tragen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einer niedrigen sozialen Selbsteinschätzung bei. Zudem greifen diese Merkmale intersektional ineinander: D.h. je mehr dieser Faktoren auf eine Person gleichzeitig zutreffen, desto stärker steigt ihr Risiko, Diskriminierung zu erfahren.