Expert:innen, Familien und Fachpersonen im Bereich der Elementarpädagogik sind sich einig, dass es in Kinderkrippen und Kindergärten eine hohe pädagogische Qualität braucht. Die Gründe dafür sind vielfältig und werden von unterschiedlichsten Disziplinen untermauert. Aktuell befindet sich aufgrund von Fachkräftemangel und den gesteigerten Anforderungen an elementarpädagogische Fachpersonen der Bereich der Kinderkrippen und Kindergärten in der Krise. Um mit den gesteigerten Anforderungen in der Praxis umzugehen und die pädagogische Qualität für die Kinder aufrechtzuerhalten, benötigt es Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen.
Gründe für die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger Kinderkrippen und Kindergärten
- Gute Elementarpädagogik trägt positiv zur Entwicklung von Kindern bei
In Kinderkrippen und Kindergärten mit guter pädagogischer Qualität, wird die physische und psychische Entwicklung der Kinder unterstützt. In diesen Einrichtungen werden Interaktionen zwischen Fachpersonen und Kindern gut begleitet. Studienergebnisse bestätigen diesen positiven Einfluss auf die sprachlich-kognitive und die sozio-emotionale Entwicklung der Kinder. Die Kinder zeigen ein höheres Wohlbefinden, ein positives Selbstbild, gute Selbstregulationen und Konfliktlösungsstrategien auf.
- Gute Elementarpädagogik trägt zu Chancengerechtigkeit bei
Besonders hohe Effekte zwischen der physischen und psychischen Entwicklung von Kindern und einer guten Qualität in Kinderkrippen und Kindergärten sind bei Kindern aus sozioökonomisch schwächeren Familien zu beobachten. Vor allem Kinder, die aus einkommensschwachen Familienmilieus stammen oder eine andere Erstsprache als Deutsch sprechen, profitieren vom Besuch einer guter Kinderkrippe bzw. eines Kindergartens.
- Gute Elementarpädagogik spart dem Staat auf Dauer Geld
Investitionen in elementarpädagogische Bildung führen zu mehr volkswirtschaftlicher Rendite. Eine bessere Qualität der elementaren Bildung im Kontext höherer Ausgaben und besser ausgebildeten Personals führt langfristig zu positiven ökonomischen Effekten. Denn Kinder, die qualitativ hochwertige Einrichtungen besuchen, erreichen im statistischen Durchschnitt über den ganzen Lebenslauf einen höheren Bildungsstand. Damit ist für sie ein höherer gesellschaftlicher Wohlstand und Status möglich. Nationalen Studien zufolge kommt jeder investierte Euro auf langfristige Sicht zehnmal zurück. Berechnungen zufolge finanzieren sich die Mehrkosten für den elementarpädagogischen Bereich auf lange Sicht selbst.
Was bedeutet gute Qualität in der Elementarbildung?
Pädagogische Qualität wird, abhängig von der Perspektive und den unterschiedlichen Akteur:innen, je nach Position zur Bildungs- und Betreuungseinrichtung definiert:
- Top-down: Perspektive der Politiker:innen, die Qualität im Sinne der Ressourcen in einem Land nach nationalen Prioritäten verwalten
- Bottom-up: Perspektive der Kinder
- Inside-out: Perspektive der Eltern/Erziehungsberechtigten
- Outside-in: pädagogische Fachpersonen
Im österreichischen BildungsRahmenPlan sind gängige Qualitätsdimensionen verankert, auf denen die Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität in österreichischen Kinderkrippen und Kindergärten basiert. Qualität ist demnach ein mehrdimensionales und auch quantifizierbares Konstrukt, das in messbare und validierbare Einzelkomponenten geteilt ist:
- Strukturqualität ist eine relativ dauerhafte und politisch regulierbare Qualitätsdimension, welche meist auf gesetzlicher Ebene geregelt ist. Dazu zählt unter anderem die Raum- und Gruppengröße, der Fachperson-Kind-Schlüssel, die Qualifikation des pädagogischen Personals, die räumlich- materielle Ausstattung etc.
- Orientierungsqualität ist die Qualitätsdimension, die das Bildungsverständnis, den konzeptionellen Rahmen der pädagogischen Arbeit umfasst.
- Prozessqualität bezieht sich auf alles, was in der Kinderkrippe/im Kindergarten an pädagogischer Arbeit stattfindet. Merkmale von Prozessqualität sind Interaktionen zwischen Fachpersonen und Kindern, das professionelle Agieren und Reagieren der Fachkräfte auf situative Bedingungen im pädagogischen Alltag sowie die Zusammenarbeit mit Eltern, Expert:innen und Trägern.
Das Dilemma in österreichischen elementarpädagogischen Einrichtungen
Seit knapp 20 Jahren wird in den EU-Mitgliedsstaaten in den Ausbau von Kinderbildungs- und -betreuungsinstitutionen investiert. Nach dieser großen Ausbauinitiative an Kindergarten- und Kinderkrippenplätzen rückt zunehmend das Thema der Sicherung und Weiterentwicklung der pädagogischen Qualität in den Vordergrund. Die Covid-19-Pandemie und ihre Folgen haben zu einer Verschärfung der Stressoren auf elementarpädagogische Fachpersonen beigetragen. Schon im normalen Alltag ist das Aufgabenspektrum umfangreich, durch die zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie getroffenen Maßnahmen wurde es nochmals erweitert. Aktuell ist der Fachkräftemangel in diesem Bereich eklatant. Der Zusammenhang des quantitativen Ausbaus mit dem damit verbundenen Fachkräftemangel und der Ruf nach hoher Qualität und professionell tätigen pädagogischen Fachpersonen bringt die elementarpädagogische Fachcommunity in ein Dilemma.
Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen
Der Ruf nach einer weiteren Ausbauinitiative sowie nach verlängerten Öffnungszeiten, die Notwendigkeit von Ad-hoc-Lösungen, um auf den vorherrschenden Fachkräftemangel zu reagieren und gleichzeitig qualitativ hochwertige pädagogische Arbeit zu leisten, scheint aus aktueller Sicht unmöglich realisierbar. Damit die aktuellen Herausforderungen gelöst und der Fokus auf Professionalisierung und Qualitätssicherung und -entwicklung in Zukunft gelegt werden können, braucht es Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen: