Schule als Stressfaktor für Eltern und Kinder – Schulangst vermeiden

18. März 2024

Die AK Schulkostenstudie zeigt, dass Familien den Schulerfolg privat finanzieren und organisieren. Insbesondere in Zeiten der Teuerung können sich viele das aber schlicht nicht leisten. Die aktuelle Befragung macht deutlich, dass nicht nur fehlende finanzielle Mittel, sondern auch Prüfungen Druck und Schulangst erzeugen. Kinder leiden unter Prüfungsangst und Eltern haben Zukunftssorgen. Unser Bildungssystem muss zu einem angstfreien Lern- und Arbeitsort für alle werden.

Angst vor Prüfungen und schlaflose Nächte schon bei den Jüngsten

In der aktuellen Zwischenbefragung der AK Schulkostenstudie haben wir Eltern gefragt, wie oft ihre Kinder Angst vor einer Prüfung, Schularbeit oder schriftlichen Wiederholung äußern. Die Ergebnisse zeigen: Prüfungsangst ist unter den teilnehmenden Familien weit verbreitet. So geben 50 Prozent der befragten Eltern an, dass ihr Kind Angst vor Prüfungen äußert. Gesamt gesehen kommt Prüfungsangst also in jeder zweiten Familie vor, doch die Daten zeigen, dass besonders Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien unter Angst leiden. Nach familiärem Background aufgeteilt bedeutet das: Ganze zwei Drittel der Eltern in ärmeren Haushalten geben an, dass ihr Kind Angst vor Prüfungen äußert, während es bei Eltern aus Haushalten ohne größere Geldsorgen 45 Prozent sind.

© A&W Blog


Prüfungsangst hat Folgen

Auch wenn Kinder ihre Prüfungsangst (noch) nicht kommunizieren können, zeigt sich diese doch sehr deutlich, zum Beispiel an körperlichen Beschwerden. Über 40 Prozent der befragten Eltern haben bei ihrem Kind festgestellt, dass es manchmal oder sogar häufig vor einer Prüfung, Wiederholung oder Schularbeit nicht schlafen konnte. Besonders hervorzuheben ist, dass Prüfungsangst auch schon die Jüngsten in der Volksschule trifft. Ein gutes Viertel von ihnen kann vor Prüfungen nicht schlafen, 31 Prozent haben Angst vor einer Prüfung. Bemerkenswert ist auch der Unterschied, den die finanzielle Situation der Familie auszumachen scheint: So sind es 56 Prozent der Eltern mit geringen Finanzmitteln, aber nur 38 Prozent der Eltern, die nicht in Armut leben, die Schlafschwierigkeiten vor Prüfungen bei ihren Kindern sehen.

Prüfungsangst hat auch körperliche Auswirkungen, sie schlägt sich etwa auf den Magen. 39 Prozent aller befragten Eltern geben an, dass ihr Kind vor einer Prüfung, Wiederholung oder Schularbeit über Bauch- oder Magenschmerzen klagt. Auch hier zeigt sich ein Unterschied im familiären Background. So sind es 59 Prozent der Eltern mit geringen finanziellen Mitteln und nur 34 Prozent der Eltern ohne Armutsgefährdung, die Magen- oder Bauchschmerzen bei ihren Kindern angeben.

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Nicht nur die Kinder haben mit Ängsten zu kämpfen: Zukunftsängste in den Familien

Mehr als jede vierte Familie hat das Gefühl, dass sie ihre Kinder nicht (ausreichend) unterstützen kann. Besonders besorgt zeigen sich Eltern mit eingeschränkten finanziellen Mitteln. Hier ist es knapp die Hälfte, während es bei den Eltern mit größerem materiellem Spielraum etwas mehr als jede fünfte Familie betrifft. Verbreiteter sind allgemeine Sorgen um die Zukunftschancen der Kinder. Die Hälfte aller Eltern, daher jeder zweite Elternteil der AK Schulkostenstudie, hat Sorge um die Zukunftschancen des eigenen Kindes. Die Schere zwischen finanzschwachen und finanzstarken Elternhäusern geht auch hier weit auseinander. Fast drei Viertel der ärmeren Familien teilen diese Angst, während sie unter wohlhabende(re)n bei 44 Prozent vorhanden ist.

Schulübertritt führt zu Sorgen und Kosten

Die Sorge um die Zukunft der Kinder spiegelt sich besonders bei Übergängen von einer Schulform zur nächsten wider. Viele Eltern greifen hier auf zusätzliche Unterstützung zurück. So geben 49 Prozent der Eltern von Kindern vor Schulübertritt an, ihr Kind speziell darauf vorzubereiten (z. B. durch Nachhilfe, gemeinsames Lernen, Lerncamps). Das sind 48 Prozent der Eltern ohne Armut, 51 Prozent der Eltern mit finanzieller Benachteiligung.

Was den Zeitpunkt angeht, sind es 53 Prozent der Eltern, deren Kind von der Volksschule in die Sekundarstufe 1 wechselt, und 45 Prozent der Eltern, deren Kind von Sekundarstufe 1 in Sekundarstufe 2 wechselt. Diese Zusatzunterstützung ist oft mit finanziellem Aufwand verbunden. Der AK Nachhilfebarometer zeigt, dass die Inanspruchnahme von Nachhilfe steigend ist, die Kosten jedoch auch. So ergibt sich ein weiterer Sorgenherd, denn die Teuerung belastet viele. Um Zukunftsängste zu minimieren, wird Nachhilfe in Anspruch genommen, diese kann jedoch wiederum zu finanziellen Sorgen führen.

Schule ist ein Stressfaktor für Familien und Kinder, sozioökonomisch benachteiligte Familien sind davon deutlich stärker betroffen

Die Mängel und Ungerechtigkeiten im Bildungssystem äußern sich unter anderem im Stress und den Ängsten, die den Kindern und Eltern umgehängt werden. Dieser permanente Druck wirkt sich nicht nur auf das Familienleben aus, sondern hinterlässt nachhaltige Spuren in der mentalen Gesundheit der Kinder. Es ist daher notwendig, dass das Bildungssystem unterschiedliche familiäre Lernbedingungen und sozioökonomische Hintergründe der Familien ausgleichen kann.

Schule muss ein angstfreier Raum für alle sein, den Schüler:innen und Lehrer:innen in der Früh mit Freude betreten und in guter Stimmung am Nachmittag wieder hinter sich lassen. Ein Raum für alle, ohne Bulimie-Lernen, wo Schüler:innen mit Freude dabei sind. Damit der Rucksack an Sorgen und Ängsten kleiner wird, müssen Schulen auch besser ausgestattet werden.

Fazit

Positive schulische Lernräume für alle schaffen!
Wer sich auf Prüfungen gut vorbereitet fühlt, kann eher angstfrei in Prüfungen gehen. Um die ungleichen Unterstützungsmöglichkeiten der Familien auszugleichen, ist individuelle Lernunterstützung für Schüler:innen durch die Schule notwendig.

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  • Mehr Zeit und Raum zum Üben und eine ausgewogene Verbindung von Lernen, Üben und Freizeit: Ganztagsschulen fördern die Lernchancen der Kinder. Sie erleichtern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und schaffen auch Arbeitsplätze.

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Bei einer Bildungsfinanzierung nach dem Chancen-Index bekommen Schulen umso mehr Mittel, je mehr Schüler:innen mit Unterstützungsbedarf sie haben.

  • So werden nicht nur Schüler:innen, sondern auch die Eltern, die sonst einspringen müssten, entlastet.
  • Der AK-Chancen-Index ermöglicht verbesserte individuelle Lernunterstützung durch den verstärkten Einsatz von multiprofessionellen Teams, Schulsozialarbeit und Schulpsychologie (psychisches Wohlbefinden der Schüler:innen) sowie den Einsatz von individuellem Lern-Support
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