Hohe Schulkosten und Teuerung – Herausforderung für Eltern!

05. Oktober 2023

Obwohl der Besuch öffentlicher Schulen in Österreich unentgeltlich sein sollte, fallen hohe schulbedingte Ausgaben an, die für die Eltern zur finanziellen Belastung werden. Das ist das beunruhigende Ergebnis der von November 2022 bis Juli 2023 durchgeführten Elternbefragungen in Oberösterreich. Gute, öffentlich finanzierte Ganztagsschulen könnten den finanziellen Druck auf Familien nachhaltig reduzieren und zu Chancengerechtigkeit im Bildungssystem beitragen.

Die Arbeiterkammer Oberösterreich und das Institut für Berufs- und Erwachsenenbildungsforschung befragten im Schuljahr 2022/23 oberösterreichische Eltern in insgesamt drei Online-Befragungswellen zu deren Schulkosten. Die Befragungen fanden nach den Herbstferien (Anfang November), zu Semesterwechsel (Anfang März) und am Schulende (Ende Juni/Anfang Juli) statt. Insgesamt beteiligten sich 702 Personen bei der ersten, 4.038 Personen bei der zweiten und 1.538 Personen bei der dritten Befragungswelle. 81 Personen mit insgesamt 156 Schulkindern nahmen an allen drei Befragungswellen teil. Zusätzlich zu den Online-Befragungen wurden vertiefende qualitative Telefoninterviews mit drei Familien zu drei Zeitpunkten geführt.

Eltern müssen für die Zukunftschancen ihrer Kinder tiefer in die Tasche greifen

Die erhobenen Durchschnittskosten pro Schulkind über das gesamte Schuljahr 2022/23 hinweg lagen zwischen 2.550 und 2.656 Euro (Durchschnittskosten für die Gruppe der Teilnehmer:innen aller Wellen 2.550 Euro, für die Gruppe der gesamten Teilnehmer:innen 2.656 Euro). Abgefragt wurden Ausgaben für allgemeine Schulmaterialien, spezielle Schulmaterialien (z. B. Arbeitskleidung/-schuhe, Materialien für Kochunterricht), Schulreisen und -exkursionen, Beiträge sowie Selbstbehalte (z. B. Schülerfreifahrten, Jugendticket, Materialbeiträge), Nachmittagsbetreuung/Hort, Internat und Schulgeld, EDV-Ausstattung, Nachhilfe und weitere Kosten sowie die voraussichtlichen Ausgaben für die Sommerbetreuung oder die Nachhilfe in den Ferien.

Die größten Ausgaben für die befragten Eltern, die an allen drei Befragungswellen teilgenommen haben, fallen im Bereich „Nachmittagsbetreuung/Hort, Internat und Schulgeld“ an. Diese betragen im Durchschnitt pro Kind 868 Euro und machen somit über ein Drittel aller Kosten aus. Weitere 499 Euro (20 Prozent der Gesamtkosten) entfallen durchschnittlich auf Schulreisen/-exkursionen und rund 453 Euro (18 Prozent der Gesamtkosten) werden im Durchschnitt für allgemeine Schulmaterialien ausgegeben. Während diese Hauptkosten so gut wie alle befragten Familien mit Schulkindern betreffen, gibt es auch Kostenfaktoren, die erst bei Bedarf das Haushaltsbudget belasten. Wie zum Beispiel die außerschulische Förderung. Bei Schulkindern, die Nachhilfe gebraucht haben, betragen die Kosten dafür durchschnittlich 606 Euro pro Kind und Schuljahr.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Deutliche Unterschiede werden nicht nur im Hinblick auf die Ausgabenkategorie sichtbar, sondern auch nach dem besuchten Schultyp des Kindes. Die höchsten Schulkosten fallen für Schulkinder in allgemeinbildenden oder berufsbildenden höheren Schulen an. In jeder der drei Erhebungswellen zeigt sich, dass die Kosten in der Oberstufe im Vergleich zu Volksschüler:innen mehr als doppelt so hoch sind. Besonders deutlich zeigt sich dieser Unterschied bereits in der ersten Befragungswelle im November 2022: Vom Schulstart bis zu den Herbstferien fallen für ein Volksschulkind nach Angaben der Eltern durchschnittlich Kosten in Höhe von 548 Euro an, während pro Schüler:in der allgemeinbildenden höheren Schulen (Oberstufe) in dieser Phase durchschnittlich 1.424 Euro anfallen bzw. pro Schüler:in der berufsbildenden höheren Schulen durchschnittlich 1.449 Euro ausgegeben werden.

Hart getroffen: wer es schwerer hat im Leben, ist besonders belastet

Obwohl der Besuch öffentlicher Schulen in Österreich unentgeltlich sein sollte, zeigen die aktuellen Elternbefragungen, dass hohe schulbedingte Ausgaben anfallen. Gerade diese „versteckten“ Kosten werden für die Eltern zur Belastung. So geben in den einzelnen Befragungswellen jeweils zwischen 68 und 75 Prozent der Befragten an, die Schulkosten als eher oder sogar sehr belastend zu empfinden. Bestimmte Gruppen erweisen sich dabei als besonders belastet. Dazu zählen Eltern mit geringem Bildungsniveau, Alleinerzieher:innen, Eltern mit niedrigem Haushaltsnettoeinkommen von maximal 1.500 Euro monatlich sowie Eltern mit drei oder mehr Schulkindern. Die Schulkosten bringen damit vor allem jene Eltern in Bedrängnis, die ohnehin bereits einem hohen Armutsrisiko ausgesetzt sind.

Teuerungen als zusätzliche Herausforderung im vergangenen Schuljahr

Im Schuljahr 2022/23 wurden die Teuerungen für die Eltern zur zusätzlichen massiven Belastung. Die Familien sollten in den Online-Befragungen angeben, wie es ihnen in verschiedenen Lebensbereichen geht. Abgefragt wurden die Bereiche „familiäres Zusammenleben“, „Wohnsituation“, „Kinderbetreuung“, „Geld/Finanzen“, „berufliche Situation“, „Gesundheit“ und „Freizeitgestaltung“. In jeder der drei Befragungswellen wurde der Bereich „Geld/Finanzen“ am schlechtesten bewertet. Zudem zeigt sich eine Zunahme der finanziellen Anspannung im Verlauf des Schuljahres.

Dies führt dazu, dass die Familien Einsparungen vornehmen müssen. Gespart wurde vor allem im außerschulischen Bereich, insbesondere bei Kosten für Kleidung (je nach Erhebungswelle zwischen 55 und 62 Prozent) und familiären Freizeitaktivitäten (54 bis 56 Prozent).

Bei den Schulkosten wird deutlich weniger gespart. Wenn Einsparungen getroffen werden, so nehmen Eltern diese insbesondere bei den Schulmaterialien (35 bis 40 Prozent) und bei der Nachhilfe (8 bis 12 Prozent) vor. Im Vergleich dazu wird bei Schulreisen/-exkursionen kaum eingespart. Die befragten Eltern möchten ihren Kindern eine aktive Teilhabe ermöglichen und einen sozialen Ausschluss aus der Klassengemeinschaft vermeiden. Folglich nimmt der finanzielle Druck mit den Bemühungen der Eltern, ihren Kindern eine aktive Teilhabe zu gewährleisten, weiter zu.

Bildungspolitik muss Teilhabe sichern

Um Schulkosten nachhaltig zu reduzieren, muss strukturell bei den wesentlichen Kostentreibern angesetzt werden. Das sind die Kosten für die Nachmittagsbetreuung, für private Nachhilfe sowie für Exkursionen und die Schulmaterialien. Die ersten beiden Punkte deuten darauf hin, dass ein Abschied von der Halbtagsschule längst überfällig ist. Gute, öffentlich finanzierte Ganztagsschulen, in denen ausreichend Zeit zum Üben, Wiederholen, Lernen und Nachfragen sowie für Freizeit- und Bewegungsphasen bleibt, würden den finanziellen Druck auf Familien nachhaltig reduzieren und zur Chancengerechtigkeit im Bildungssystem beitragen. Auch bei Exkursionen, Ausflügen und Schulreisen muss es ein klares Bekenntnis zum öffentlichen Schulsystem geben: Finden diese in der Schulzeit statt und sind Teil des Unterrichts, so muss von der öffentlichen Hand garantiert werden, dass alle Schüler:innen daran teilnehmen können.

Außerdem ist es notwendig, ausreichende und gerechte Schulfinanzierung langfristig zu garantieren: Um Schule ganztägig entwickeln, gestalten und denken zu können, müssen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen. Die Arbeiterkammer hat dazu ein Modell entwickelt: den AK-Chancenindex. Die Verhandlungen zum Finanzausgleich 2024 bieten die dringend wahrzunehmende Chance, die sozial indexierte Mittelverteilung für den Pflichtschulbereich endlich langfristig zu verankern.

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