„Normalarbeitsverhältnisse“ werden anhaltend von verschiedenen Formen flexibler Arbeitsarrangements abgelöst, die vielfach prekäre Tendenzen aufweisen; über die Arbeits- und Lebensbedingungen in der Kärntner Weiterbildungsbranche war bis dato allerdings wenig bekannt.
Um diese Wissenslücke zu schließen, hat die Alpen-Adria-Universität (AAU) Klagenfurt im Auftrag der AK Kärnten eine empirische Untersuchung durchgeführt, welche die Lebensumstände in der Kärntner Erwachsenenbildung erstmals repräsentativ beleuchtet und dabei dem Weiterbildungssektor ein gutes Zeugnis ausstellt. Atypisch Beschäftigte der Branche benötigen jedoch sozial- und arbeitsrechtliche bzw. kollektivvertragliche Verbesserungen.
Das graduelle Hineinwachsen in eine Dienstleistungs- bzw. Wissensgesellschaft zieht u. a. erhebliche Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und bestehende Beschäftigungsformen nach sich. Aufgrund des Zusammenspiels zahlreicher Entwicklungen auf sozialer, technologischer, wirtschaftlicher und politischer Ebene verschwinden viele Grundelemente des sogenannten „Normalarbeitsverhältnisses“, eines unbefristeten Vollzeiterwerbsverhältnisses, zunehmend bzw. wird deren Stellenwert (weiter) reduziert. Viele dieser flexibleren Arbeitsformen werden allgemein unter dem Begriff der „atypischen Beschäftigung“ zusammengefasst und beinhalten neben Teilzeitarbeit und geringfügigen Anstellungsverhältnissen auch befristete Dienstverträge, Leih- bzw. Zeitarbeit sowie die im Fokus dieses Blogbeitrages stehenden freien Dienst- und Werkverträge.
Da nahezu alle Wirtschaftssektoren anhaltend vom Strukturwandel der Arbeitsgesellschaft betroffen sind, ist es nicht verwunderlich, dass zunehmend (auch von öffentlicher Seite) das Bestreben steigt, die Auswirkungen von atypischen Beschäftigungsformen auf die Arbeits- und Lebenssituationen detailliert zu untersuchen – weil über diese bislang auch wenig bekannt ist. Hierfür scheint die (berufliche) Weiter- und Erwachsenenbildung prädestiniert, da diese Branche in jüngster Vergangenheit einerseits stark an Dynamik gewonnen hat (Stichwort lebenslanges Lernen), andererseits jedoch von einem hohen Anteil an atypischen Beschäftigungsverhältnissen geprägt ist, obwohl die Erwerbstätigen im Bildungssektor, zu dem auch die Erwachsenenbildung zählt, das höchste formale Bildungsniveau aller Wirtschaftsbereiche vorweisen können. Gerade der Faktor Humankapital wird in der Literatur jedoch als Schutz gegen atypische Erwerbsformen herausgestrichen. Vor diesem Hintergrund war es das Ziel einer Untersuchung der AAU Klagenfurt, erstmalig für das Bundesland Kärnten wissenschaftlich zu beleuchten, ob mit atypischer Beschäftigung negative Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensbedingungen (verglichen mit „normalen“ Anstellungsverhältnissen) einhergehen. Der Fokus lag dabei auf hauptberuflichen Erwachsenenbildner/innen, da vor allem diese Gruppe aussagekräftige Informationen zu den Bedingungen in der Weiterbildungsbranche liefern kann. Zu diesem Zweck wurde ein modular aufgebauter Onlinefragebogen (54 Fragen) entworfen, auf Basis dessen ein repräsentatives Datensample von 210 verwertbaren Fragebögen erzielt werden konnte (Rücklaufquote: 14,4 Prozent).
Grundsätzlich positiv
Zunächst zeigen die Auswertungen – unabhängig von einer Differenzierung nach Test- und Kontrollgruppe (atypisch vs. normal) –, dass sich die Arbeitsbedingungen von Beschäftigten im Kärntner Weiterbildungssektor äußerst positiv darstellen. So bewerteten die Befragten insgesamt zwölf ausgewählte Teilaspekte ihrer beruflichen Situation, welche vom Betriebsklima über das soziale Ansehen bis hin zu den Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten reichen, jeweils mit einem hohen Zufriedenheitsniveau. Abgesehen von einer geringen Einkommenszufriedenheit wird auch die „Work-Life-Balance“ überwiegend als „sehr gut“ oder „gut“ bezeichnet; nur wenige sind der subjektiven Meinung, sich mit Arbeitsplatzunsicherheit konfrontiert zu sehen. Auch werden einem großen Anteil der Erwachsenenbildner/innen entsprechende Weiterbildungsmöglichkeiten geboten, um ihr Wissen auf dem aktuellen Stand halten zu können; ein Großteil der Befragten wird dabei vom Arbeitgeber bzw. von der Arbeitgeberin unterstützt und erhält einen Teil der eigenen Fortbildungskosten ersetzt bzw. kann diese (zumindest teilweise) in der regulären Dienstzeit absolvieren. Demnach sollte nicht überraschen, dass nur ein geringer Anteil der Trainer/innen plant, die Tätigkeit in der Erwachsenenbildung aufzugeben und der Großteil optimistisch in die berufliche Zukunft blickt, was sich zusätzlich auch an einer hohen insgesamten Tätigkeitszufriedenheit ablesen lässt.
Ein Blick auf das private Lebensumfeld zeigte weiters, dass die Befragten auch mit zehn ausgewählten Aspekten der Lebensbedingungen, die vom Lebensstandard über die Wohn- und Familiensituation bis hin zu den Freizeitaktivitäten reichen, äußerst zufrieden sind. Zusätzlich besteht eine geringe Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen; eine Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung sowie (erhebliche) materielle Deprivation wurden nur in wenigen Fällen angegeben. Auch der subjektive Gesundheitszustand ist zum Großteil als „sehr gut“ oder „gut“ bewertet worden, allerdings wurden zahlreiche gesundheitliche Beschwerden (wie etwa Rücken- bzw. Gelenksschmerzen oder Schlafstörungen) angegeben, die in industrialisierten Gesellschaften allerdings als „Volkskrankheiten“ gelten und damit kein Spezifikum des Weiterbildungssektors darstellen. Insgesamt lässt sich zudem festhalten, dass die befragten Trainer/innen mit hoher Zuversicht in ihre private Zukunft blicken, was sich zusammenfassend auch in einer hohen „Life Satisfaction“, also insgesamten Lebenszufriedenheit, widerspiegelt.
Prekäre Tendenzen und Unzufriedenheit mit sozialer Absicherung
Diese Befunde (bezogen auf die Gesamtzahl der Befragten) dürfen jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass zahlreiche signifikante Unterschiede zwischen Erwachsenenbildnern/innen und jenen mit Normalarbeitsverhältnissen sowie mit atypischen Erwerbsformen identifiziert werden konnten, die in vielen Bereichen prekäre Auswirkungen für die Betroffenen nach sich ziehen. So fällt die ohnehin niedrige Einkommenszufriedenheit bei freien Dienst- und Werkvertragsnehmer/innen noch niedriger aus; dies betrifft auch berufliche Teilaspekte wie etwa die Arbeitsplatzsicherheit, die Arbeitsbelastung und vor allem die soziale Absicherung, die alarmierend „schlecht“ bewertet wurde.