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Kontra: Welche Aspekte gefährden die Arbeitsqualität von Microtask-Crowdworker*innen?
Allerdings bringt diese neue Arbeitsform auch zahlreiche Gefährdungen für die Arbeitsqualität mit sich. Auch wenn Crowdworker*innen in ihrer Arbeitseinteilung sehr flexibel und autonom zu sein scheinen, sind sie stark abhängig von der Verfügbarkeit von Aufgaben und vom Vorgehen der Auftraggeber*innen. Hier stellt sich ein klarer Widerspruch heraus. Auf der einen Seite schätzen Crowdworker*innen ihre Flexibilität und Autonomie. Auf der anderen Seite sind es genau die flexiblen Arbeitsbedingungen, die Unsicherheiten und Fremdbestimmung zulassen. Crowdworker*innen wissen oft nicht, ob sie für die erledigten Aufgaben tatsächlich bezahlt werden oder welche Bewertung sie weshalb für ihre verrichtete Arbeit bekommen. Außerdem ist ungewiss, wie viel am nächsten Tag verdient werden kann. Crowdwork stellt daher keine verlässliche Einkommensquelle dar. Außerdem sind Crowdworker*innen in aller Regel als Selbstständige tätig, weil die Plattformunternehmen dies in den AGBs so festgelegt haben. Daher müssen Crowdworker*innen auch selbstständig für Versicherung und Einkommensteuer aufkommen. Deshalb ist Crowdwork meist nur als Nebenverdienst vorstellbar. Vollzeit-Crowdworker*innen sind sehr oft vom sicheren Einkommen und der Versicherung ihrer Partner*innen oder Eltern abhängig. Fehlende Transparenz und Partizipation verstärken diese Unsicherheiten. Aufgaben werden beispielsweise ohne weitere Begründung abgelehnt und infolgedessen nicht bezahlt. Crowdworker*innen haben kaum die Möglichkeit, sich für Veränderungen bezüglich ihrer Arbeitsbedingungen einzusetzen. Informations- und Machtasymmetrien prägen daher die Arbeitswelt der Crowdworker*innen.
Eine weitere Problematik besteht darin, dass das Verhältnis zwischen Crowdworker*in und Auftraggeber*in, Plattform und anderen Crowdworker*innen von Anonymität und mangelnden Austauschmöglichkeiten bestimmt ist. Da die Kommunikation mit dem Auftraggebenden und/oder der Plattform ausschließlich über E-Mail erfolgt, erfahren Crowdworker*innen oft einen Mangel an Unterstützung und Solidarität. Auch die Beziehung zu anderen Crowdworker*innen ist aufgrund der Distanzen meist sehr begrenzt, was das Entstehen eines Gemeinschaftsgefühls erschwert. Daraus folgt, dass Probleme kaum kollektiv adressiert werden können, da die Vernetzung zwischen den Crowdworker*innen und auch mit den Plattformen und Auftraggebenden unzureichend ist. Neben diesen Beziehungen ist auch die Verbindung der Crowdworker*innen zur Arbeit selbst entfremdet. Microtask-Crowdworker*innen wissen zumeist nicht, zu welchem Zweck sie ihre Aufgabe durchführen, und haben daher keine Beziehung zu ihrer Tätigkeit und zum Ergebnis ihrer Arbeit. Das Streben nach Zufriedenheit, Anerkennung und Selbstverwirklichung sowie danach, etwas Sinnvolles beizutragen, kann daher durch Microtask-Crowdwork kaum erfüllt werden. Zusammengefasst gefährden Unsicherheiten, fehlende Transparenz, Kommunikation und Partizipation sowie Entfremdung die Arbeitsqualität von Crowdworker*innen.
Fazit: Was können wir daraus lernen?
Crowdwork stellt eine einzigartige, neue Form der Arbeitsorganisation dar, die aus aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen wie der zunehmenden Digitalisierung und Globalisierung entstanden ist. Ein hoher Grad an Flexibilität und Autonomie sowie ein vereinfachter Zugang zum Arbeitsmarkt können dadurch ermöglicht werden. Allerdings bringt diese neue Arbeitsform auch zahlreiche Unsicherheiten und Herausforderungen mit sich, die teilweise direkt im Widerspruch zu den von den Crowdworker*innen genannten Vorteilen stehen.
Die Ungewissheit, die fehlende Transparenz und die entfremdete Beziehung zu Auftraggebenden, Kolleg*innen und zur Arbeit selbst werden oft als Preis für die flexiblen und autonomen Arbeitsbedingungen gesehen. Die Nachteile werden von Crowdworker*innen deshalb oft hingenommen oder auch mit anderen Beschäftigungen kompensiert (z. B. kann das Bedürfnis nach Sicherheit und Anerkennung im Hauptjob erfüllt werden). Hinzu kommt eine gewisse Angst vor Veränderungen, da befürchtet wird, dass mit Anpassungen der Arbeitsbedingungen auch die so hoch geschätzte Autonomie und Flexibilität verloren geht. Es ist deshalb erforderlich, daran zu arbeiten, wie flexible und autonome Arbeitsbedingungen in Kombination mit den essenziellen, zufriedenstellenden Aspekten der Arbeit, wie Sicherheit und Anerkennung, gewährleistet werden können. Die interviewten Crowdworker*innen haben aufgezeigt, welche Änderungen aus ihrer Sicht vorteilhaft für die Arbeitsqualität wären: ein transparentes Feedbacksystem, ein Tool, wo Vorschläge eingebracht werden können und ein direkterer Kommunikationskanal, der den Austausch mit den Auftraggeber*innen, der Plattform und auch mit den anderen Crowdworker*innen verbessert. Außerdem muss – dort, wo nicht ohnehin eigentlich ein echtes Arbeitsverhältnis vorliegt – die gesetzliche Situation an die spezifischen Bedingungen der Crowdworker*innen angepasst werden, um soziale Sicherheit zu gewährleisten. Weber hat beispielsweise ein Modell der digitalen sozialen Sicherung entwickelt, das im Crowdworking-Bereich angewendet werden könnte.
Fokus auf Perspektive der Arbeiter*innen
Abschließend kann festgestellt werden, dass die Analyse der einzigartigen Arbeitsorganisation von Crowdwork einen generellen Wunsch unserer heutigen Gesellschaft nach Flexibilität und Autonomie widerspiegelt. Die Digitalisierung und die damit einhergehende Zunahme der Flexibilität prägen nicht nur die Arbeitswelt der Crowdworker*innen, sondern auch viele andere Bereiche des Arbeitsmarktes. Diese Entwicklung ist sowohl auf einen erhöhten Flexibilisierungsdruck als auch auf den Wunsch nach mehr Flexibilität und Autonomie zurückzuführen. Es ist deshalb wichtig, Wege zu entwickeln, wie die bedürfnisbefriedigenden Aspekte der Arbeit und die Wünsche der Gesellschaft nach Flexibilität und Autonomie kombiniert werden können. Dabei sollte die Perspektive der Arbeiter*innen im Fokus stehen. Die aktuellen Bedingungen am Arbeitsmarkt und potenzielle Verbesserungsmöglichkeiten müssen gemeinsam mit den Plattformbeschäftigten bewertet und durchgedacht werden. Nur so können die Entwicklungen am Arbeitsmarkt entsprechend den Wünschen und Bedürfnissen der Gesellschaft und der Erwerbsarbeitenden gelenkt werden.
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