Menschen über 60: Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung steigt und damit wächst der Bedarf an Leistungen des Rettungswesens stark an. Dort spitzt sich die Personalsituation zu, denn es gibt immer weniger Zivildiener und eine hohe Fluktuation. Demgegenüber stehen strukturelle Probleme, die dringend gelöst werden müssen: die kürzeste Berufsausbildung im Gesundheitswesen, föderaler Kompetenzdschungel und stetig wachsende Anzahl und Komplexität der Einsätze. Im Fall der Fälle sind es die Rettungssanitäter:innen, die als Erste vor Ort Leben retten sollen. Und doch lässt eine Novellierung des Sanitätsgesetzes seit 22 Jahren auf sich warten, obwohl das Rettungswesen in dieser Art nicht mehr aufrechtzuerhalten ist.
Hohe Kosten und Verlust von Know-how
Konkrete Zahlen zur Personalsituation im Rettungswesen existieren in Österreich nicht. Der Bundesverband Rettungsdienst (BVRD) geht österreichweit von circa 40.000 bis 55.000 Sanitäter:innen im Einsatz aus. Laut dem neuen Evaluierungsbericht der GÖG (Gesundheit Österreich GmbH) handelt es sich um 48.427 Personen. Die Ausbildungszahlen zeigen, sodass alle fünf Jahre die gesamten 50.000 Sanitäter:innen neu ausgebildet werden. Dazu kommt eine hohe Drop-out-Quote von 15 Prozent während dieser Ausbildung, die ein klarer Hinweise auf eine verbesserungswürdige Ausbildungserfahrung ist. Faktoren wie geringe Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die hohe Arbeitsbelastung fördern das Ausscheiden aus dem Beruf. Die herausfordernden Bedingungen belastet nicht nur die freiwilligen, sondern insbesondere auch die beruflichen Sanitäter:innen.
Fast in, fast out
Aktuell werden die Berufsaussteiger:innen durch eine hohe Ausbildungsquote kompensiert. Das wird sich schon demografisch bedingt nicht in dieser Form aufrechterhalten lassen. Eine bessere Qualifikation der Sanitäter:innen ist daher die notwendige Alternative zu hohen Ausbildungszahlen. Entwicklungen in Tirol zeigen, dass eine höhere Ausbildung die Verweildauer im Beruf positiv beeinflusst. Notfallsanitäter:innen (NFS) können in Tirol zusätzliche allgemeine und besondere Kompetenzen erwerben und dadurch versorgungswirksamer werden. Eine ärztliche Therapie, die durch Notärzt:innen erfolgt, ist bei den meisten Einsätzen nicht notwendig. Die Versorgung kann in diesen Fällen von höherqualifizierten Sanitäter:innen übernommen werden, was die ebenfalls unter hohem Druck stehenden Notärzt:innen entlastet.
Demografie fordert Rettungswesen heraus
Der Zivildienst ist die größte Rekrutierungsquelle für ehrenamtliche und berufliche Mitarbeiter:innen im Rettungsdienst, doch die Gesamtzahl der Zivildiener nimmt tendenziell ab. 2016 lag sie noch bei 15.224, im Jahr 2022 bei 14.370 Personen. Im Jahr 2022 wurden knapp 40 Prozent der Zivildiener dem Rettungsdienst zugewiesen, was nur mehr 5.674 Personen entspricht.
Gleichzeitig wächst der Bedarf. Die größte Gruppe der Kund:innen im Rettungswesen sind über 60-Jährige, das Durchschnittsalter beträgt rund 70 Jahre. Auf diese Bevölkerungsgruppe, die rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung stellt (26 Prozent), entfallen bereits jetzt circa 80 Prozent der Einsatzfahrten. Und der Bevölkerungsanteil der über 60-Jährigen steigt in den nächsten Jahren weiter stetig an, parallel dazu bleibt der Bevölkerungsanteil der 18- bis 21-Jährigen jedoch nahezu konstant.