Berufliche Veränderung hat viele Gründe: Körperliche und psychische Belastungen oder auch ein Strukturwandel mit verändertem Bedarf an Kompetenzen. Berufswanderkarten zeigen Wege auf, wohin die Reise gehen kann und welche Qualifikationen und Fachkräfte es braucht.
Der Wunsch nach Veränderung hat viele Gründe
Welche Motive und welcher Druck stecken hinter dem Wunsch nach beruflicher Veränderung? Oft sind es gesundheitliche Gründe, wie etwa die Knie von Installateur:innen, die nicht mehr mitmachen. Oder die Lendenwirbel des Pflegepersonals, mitgenommen durch das Stützen, Tragen, Fortbewegen von immobilen Patient:innen. Die körperlichen Grenzen sind durch jahrelange Schwerarbeit überschritten.
Ebenso gibt es Entwicklungen, wodurch bestimmte Kompetenzen und Qualifikationen schlicht nicht mehr oder weniger nachgefragt werden. Beispiele dafür reichen von Schweißer:innen oder Grafiker:innen, die durch Maschinen oder Künstliche Intelligenz (KI) ersetzt werden, bis zu journalistischen Tätigkeiten, die zum Teil durch KI obsolet werden. In vielen Fällen fehlt eine positive Perspektive für die unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer:innen.
Berufs-Routenplaner: setzt auf bereits Erlerntes, zeigt neue Wege
Für Arbeitnehmer:innen und Arbeitssuchende ist es oft schwierig, einen Überblick über Veränderungen am Arbeitsmarkt oder in ganzen Wertschöpfungsketten zu behalten. Etwa durch Veränderungen in der internationalen Arbeitsteilung, durch die Herausforderungen der Klimakrise, durch fortschreitende Digitalisierung vieler Tätigkeiten oder auch grundlegende Veränderungen ganzer Branchen wie der Automobilindustrie.
Genau diese Veränderungen in der Arbeitswelt stecken aber auch voller Potenziale. Dafür braucht es in der Arbeitswelt verlässliche „Routenplaner“, die aufzeigen, welche Perspektiven es gibt.
Prototypen in Form von sogenannten „Berufswanderkarten“ zeigen, wie Veränderungswillige von A nach B kommen können. Ausbildungszeiten und Gemeinsamkeiten mit bisherigen Erfahrungen im Beruf werden hier anschaulich illustriert. Im Unterschied zur Berufs- und Bildungswegorientierung geht es bei den Berufswanderkarten vor allem auch darum, auf das bereits Erlernte aufzubauen.
Prototyp aus 2012: Pflege und Gastronomie
Hausgemacht, nämlich durch überfordernde Arbeitsbedingungen, kommen im Bereich der Pflege sehr viele Beschäftigte so stark unter Druck, dass sie den Arbeitsplatz verlassen müssen. Gerade im Hinblick auf eine alternde Gesellschaft ist dieser Umstand besorgniserregend und erfordert gezielte Gegenmaßnahmen – von einer personellen Aufstockung, alternsgerechten Arbeitsbedingungen bis zu innovativen Arbeitszeitmodellen. Für viele Beschäftigte kommen heute – wie damals 2012 – bessere Arbeitsbedingungen wohl zu spät und sie müssen bzw. wollen sich beruflich neu orientieren.
So hatte der Prototyp (FORBA/Prospect, 2012) für Pflegehelfer:innen (seit 2016 neue Berufsbezeichnung Pflegeassistent:innen) zum Ziel, „gesunde“ Berufswege für die Betroffenen aufzuzeigen. Also einen Anhaltspunkt zu geben, welche Schritte auf Basis der bestehenden Kompetenzen möglich und sinnvoll erscheinen. Das Instrument der Berufswanderkarte wurde damit zu einem beeindruckenden Leitsystem. Der zweite Prototyp behandelte die möglichen Schritte und Pfade für Kellner:innen.
Das Konzept der Berufswanderkarte, das Dauer und Bedarf einer Aus- oder Weiterbildung in Form von Distanz und Steigung visualisiert, war und ist keineswegs trivial. Im Gegenteil: Es setzt bereits eine Vielzahl von sinnvollen Überlegungen und konkreten Angeboten voraus.