Systemrelevante Beschäftigung ist jene, ohne die wir nicht überleben. Sie ist es, die den Zusammenhalt unserer Wirtschaft und Gesellschaft garantiert. In betroffenen Branchen, wie etwa Gesundheit und Pflege oder Verkehr steht jedoch eine enorme Pensionierungswelle bevor. Etwa 288.000 „wahre Leistungsträger:innen“ verlassen in fünf bis zehn Jahren den Arbeitsmarkt. Und noch länger ausgelaugt arbeiten ist für die überwältigende Mehrheit der Systemerhalter:innen sicher nicht möglich. Daher muss die erste Aufgabe einer neuen Regierung sein, für ausreichende Nachbesetzung zu sorgen.
Lehrmeister Corona
Eines wissen wir seit Corona definitiv: Wenn der Handel, das Gesundheitswesen, die Altenpflege, die Kinderbetreuung etc. überlastet sind oder gar ausfallen, stoppt die gesamte Wirtschaft. Aber systemrelevante Beschäftigung ist viel mehr:
Zu ihr zählen auch die Energie- und Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, Abfallentsorgung, die Lebensmittelversorgung, Telekommunikation, Banken, Transport und Verkehr, Rundfunk, Presse sowie Staat und Verwaltung mit öffentlicher Sicherheit und Ordnung, Verteidigung, Justiz und Feuerwehren.
Es ist klar: Ohne systemrelevante Beschäftigung, ohne Systemerhalter:innen geht gar nichts.
Gemeinsamkeiten von systemrelevanten Beschäftigten?
Die Gesamtheit der systemrelevanten Beschäftigten umfasst 1,5 Mio. Beschäftigte (840.000 Frauen und 620.000 Männer). Damit ist fast jeder vierte Beschäftigte in Österreich der systemrelevanten Beschäftigung zuzurechnen. Und: Es handelt sich um Branchen mit hohem Frauenanteil und häufig irregulären Arbeitszeiten.
Arbeitnehmer:innen mit Migrationshintergrund finden sich vor allem in der Altenpflege und im Verkehr. Die Bezahlung in den genannten Branchen ist zumeist unterdurchschnittlich, die Arbeitszeiten von Abweichungen der Regelarbeitszeiten gekennzeichnet. Physische und psychische Belastungen gefährden den Verbleib im Beruf bis zur Pension.
Wer pflegt noch 2030? Wer bringt uns dann von A nach B?
Systemerhalter:innen sind im Schnitt deutlich älter als andere Beschäftigte.
47 Prozent, also fast die Hälfte der Beschäftigten in systemrelevanten Bereichen, sind 45 Jahre oder älter. Daraus folgt zweierlei:
- Zum einen braucht es für ältere Beschäftigte eine alternsgerechte Arbeitsumwelt, die es ihnen erlaubt, gesund und aktuell qualifiziert die Pension zu erreichen, und
- zum zweiten muss rechtzeitig für geeignete Nachfolger:innen vorgesorgt werden. Denn schon jetzt leiden Branchen wie die Gesundheit oder die Pflege unter Personalmangel, was die Qualität der erbrachten Arbeit stark beeinträchtigt. Damit sich die Situation verbessert, sind mehr Beschäftigte notwendig.
Ein Fünftel der Systemerhalter:innen geht in den nächsten fünf bis zehn Jahren in Pension: 288.000 potenzielle Nachbesetzungen sind notwendig.
Die Hälfte dieser potenziellen Nachbesetzungen entfällt auf die öffentliche Verwaltung. Eine effizient arbeitende öffentliche Verwaltung dient u. a. der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Mehr Polizei, mehr Sozialarbeit wird gewünscht, um soziale Konflikte zu unterbinden, aber wir benötigen auch Feuerwehr und Justiz. Wollen wir Klimaziele erreichen, muss jemand unabhängiger messen, planen, kontrollieren und auf die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben pochen.
Besonders auffällig ist der hohe Anteil von Frauen im Alter ab 45 Jahren im Bereich der Ernährungssicherheit (Produktion, Verarbeitung und Verkauf) und im Gesundheits- und Pflegewesen, wo Frauen einen Großteil der Beschäftigten stellen. Am Beispiel Gesundheit und Pflege erläutert, sind besonders viele in Pflegeheimen, Krankenhäusern und in Arztpraxen beschäftigte Frauen älter. Hohe physische und psychische Belastung trifft auf ohnehin häufig gesundheitlich angeschlagene Mitarbeiterinnen.
Bei Männern ist eine Alterszentrierung im Güter- und Personenverkehr auffällig, mit einem großen Anteil von über 55-Jährigen.