Für die Erreichung der klimapolitischen Ziele („Paris-Ziele“) ist neben der Steigerung der Energieeffizienz der Ausbau erneuerbarer Energie im Strombereich zentral. Die vergangene Regierung hat dabei als konkreten Zielwert „100 Prozent erneuerbarer Strom bis 2030“ definiert, es gleichzeitig aber verabsäumt, hier Maßnahmen zu setzen. Doch kann dieses Ziel überhaupt erreicht werden? Und wenn ja, was sind die zentralen Herausforderungen?
Ankündigung statt Umsetzung
In den Wahlkampfprogrammen zur Nationalratswahl 2017 haben die meisten wahlwerbenden Parteien einen massiven Ausbau erneuerbarer elektrischer Energie angekündigt. Die schwarz-blaue Regierung versprach, bis 2030 den Stromverbrauch (bilanziell) zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie zu decken. Dazu wurde von Ex-Bundesministerin Köstinger mehrmals eine umfassende Neugestaltung der Ökostromförderung angekündigt. Eine derartige Neuausrichtung forderte die AK schon im Rahmen der sogenannten „kleinen Ökostromnovelle“ 2016. Auch die EU-Kommission ermahnte Österreich, rasch die Förderungen der erneuerbaren Energie an die neuen EU-rechtlichen Regelungen anzupassen. Aber die Klientelpolitik von Ex-Bundesministerin Köstinger hat dazu geführt, dass in ihrem Ministerium monatelang an einer gesetzlichen Regelung für eine Sonderförderung in Höhe von 150 Millionen Euro oder mehr für 47 alte und oft auch defizitäre Biomasseanlagen gearbeitet wurde anstatt am Erneuerbaren Ausbau Gesetz. Jetzt haben wir ein verfassungswidriges und beihilferechtlich bedenkliches Biomasseförderungs-Grundsatzgesetz, aber immer noch keinen Entwurf für ein Erneuerbaren Ausbau Gesetz.
Ausgangssituation
Österreich hat mit rund 74 Prozent (2017) den höchsten Anteil an erneuerbarem Strom, gemessen am Gesamtstromverbrauch, innerhalb der EU-Mitgliedstaaten. Der überwiegende Teil der Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen entfällt dabei auf die große Wasserkraft, die abhängig von der Wasserführung durchschnittlich zwischen 57 Prozent und 65 Prozent beträgt. Rund 17 Prozent des Stromverbrauchs sind geförderter Ökostrom aus anderen erneuerbaren Quellen, wie Windkraft, Photovoltaik, Biomasse oder Klein- bzw. mittlere Wasserkraft. Der Rest der österreichischen Stromproduktion stammt aus Wärmekraftwerken. Das sind in der Regel Gaskraftwerke, die auch Fernwärme erzeugen (Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen). Dazu zählen aber auch zwei Kohlekraftwerke, die noch bis Herbst dieses Jahres (Dürnrohr) bzw. bis Mitte 2020 (Mellach) in Betrieb sind.
Insgesamt reicht die in Österreich produzierte Menge an Strom jedoch nicht aus, um die inländische Stromnachfrage zu decken. Durchschnittlich wurden in den vergangenen fünf Jahren rund 11 Prozent des Strombedarfs importiert, vorwiegend aus Deutschland und Tschechien.
Elektrizität wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen, da dieser Energieträger klimafreundlich erzeugt werden kann und vielfältig verwendbar ist. Die Nachfrage nach Strom wird weiter zunehmen, beispielsweise für Elektroautos oder für stromgeführte Wärmepumpen.
Enormer Ausbaubedarf
100 Prozent erneuerbarer Strom bedeutet daher in erster Linie, dass die Importe sowie der steigende Stromverbrauch bis 2030 durch zusätzliche erneuerbare Energieerzeugung in Österreich gedeckt werden müssen. Der Ausbaubedarf bis 2030 beträgt dabei gegenüber 2017 – je nach Prognose – 21 bis 27 Terawattstunden. Das entspricht der Jahresproduktion von über 20 großen Donaukraftwerken oder mehr als einer Verdoppelung der aktuell geförderten Ökostrommenge. Im heurigen Jahr werden voraussichtlich insgesamt rund 10 bis 11 TWh an Ökostrom ins öffentliche Stromnetz eingespeist. Die Anlagenbetreiber bekommen dafür etwas mehr als 1 Milliarde Euro vergütet. Finanziert werden diese Vergütungen einerseits aus den Verkaufserlösen für Ökostrom, andererseits durch Fördergelder.
Wer zahlt die Ökostromförderung?
Finanziert wird die Förderung erneuerbarer Energie nicht über das Budget, sondern von allen StromverbraucherInnen über die Jahres-Stromrechnung. Private Haushalte und kleine Gewerbebetriebe tragen dabei die Hauptlast: Sie zahlen derzeit 2,6 Cent je kWh an Ökostromförderung, die Großverbraucher wie große Industriebetriebe hingegen nur 0,5 Cent je kWh (siehe dazu den Ökostrombericht 2018). Da der Marktpreis für den Verkauf von Ökostrom stark schwankt und die Menge an gefördertem Ökostrom zunimmt, sind auch die Förderkosten von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Die Kosten, die ein privater Haushalt mit durchschnittlichem Verbrauch für die Ökostromförderung in den letzten Jahren zahlte, bewegten sich dabei von 70 bis 120 Euro jährlich. Um die ambitionierten Ziele bis 2030 zu erreichen, wird es allerdings auch in Zukunft Fördergelder brauchen.