Die sichere und leistbare Versorgung mit Energie ist eine wesentliche Grundvoraussetzung für wirtschaftliches Handeln. Mit rund 2% der inländischen Bruttowertschöpfung (2012) ist die Versorgung mit elektrischer Energie, Gas und Wärme gleichzeitig ein wichtiger Wirtschaftssektor. Dementsprechend bedeutet sind Entwicklungen in diesem Bereich auch für die Gesamtwirtschaft. Über 7 Milliarden Euro an Investitionen allein in die Stromnenetzinfrastruktur waren bis 2020 geplant. Zuletzt haben die Energieversorgungsunternehmen ihre Investitionsplanung jedoch deutlich zurückgefahren. Kraftwerksprojekte werden aufgrund der geringen Strom-Großhandelspreise unrentabel, aber auch dringend notwendige Investitionen in die Netzinfrastruktur werden verschoben. Warum eigentlich?
Investitionen in die Netzinfrastruktur sind notwendig
Insbesondere im Stromnetz sind es, neben dem zunehmenden Verbrauch und notwendigen Ersatzinvestitionen, neue Herausforderungen die Investitionen erforderlich machen. Neue Anlagen müssen nicht nur angeschlossen werden, der rasche Ausbau Erneuerbarer Energien führt auch zu einer zunehmenden Belastung der bestehenden Netze. Auf der Hochspannungsebene fehlt nach wie vor der schon lange erforderliche 380KV-Ringschluss in Salzburg. Regionale Netze müssen ausgebaut werden, um die ständig zunehmende Windenergie sowie neue Wasser- und Pumpspeicherkraftwerke aufnehmen zu können. Um mit den neuen Gegebenheiten, wie dezentraler Einspeisung und stark schwankender Stromproduktion umgehen zu können, setzt man zudem auf „Smart Grids“. Mithilfe von intelligenten bzw. kommunikationsfähigen Netzen soll die vorhandene Energie effizienter genutzt – und die Versorgungssicherheit gewährleistet werden. Durch verbesserte Netzinfrastruktur können regionale Ungleichgewichte, also Stromüberschüsse oder -defizite leichter ausgeglichen werden ohne, dass man auf zusätzliche Erzeugungskapazitäten zurückgreifen muss.
Inländische Wertschöpfung & Beschäftigung
Darüber hinaus haben Investitionen in die Energieversorgung auch unmittelbare Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung. Zum Teil direkt, weil Arbeit anfällt, aber auch indirekt durch die Anschaffung von Materialien. Gerade im Bereich der Netzinfrastruktur ist dabei der Anteil heimischer Wertschöpfung überdurchschnittlich hoch. So schätzt die TU-Graz den Anteil inländischer Wertschöpfung bei dem aktuell größten Netzinfrastrukturvorhaben, der 380KV-Salzburgleitung auf rund 80%. In der im Auftrag des Übertragungsnetzbetreibers APG erstellten Studie beziffert sie außerdem den Beschäftigungseffekt mit rund 5.000 neuen, also zusätzlichen Arbeitsplätzen.
Geplante Investitionen
Die Regulierungsbehörde E-Control schätzte die zwischen 2013 und 2020 nötigen Investitionen auf rund 8,7 Milliarden Euro. – Das entspricht jährlich rund 0,3% des Bruttoinlandsproduktes. 1,5 Milliarden Euro wurden bereits in den Jahren 2013 und 2014 investiert. Doch nun sind die Netzbetreiber zurückhaltend, Investitionen finden nicht statt, verzögern sich oder werden aufgeschoben. Mittlerweile geht man nur mehr von einem Gesamtvolumen von weniger als 5,6 Milliarden Euro aus. Dementsprechend reduzieren sich positive Wachstums- und Beschäftigungseffekte. Dabei wären gerade in der aktuellen Situation, bei schwacher Konjunktur und Rekordarbeitslosigkeit solche Impulse wichtig.
Woher kommt das Geld für den Netzausbau?
Die Netzinfrastruktur stellt ein natürliches Monopol dar, die Benützungsgebühr unterliegt daher nicht dem Wettbewerb sondern wird reguliert. Netzbetreiber melden ihre Betriebs- und Investitionsausgaben an die Regulierungsbehörde E-Control. Diese prüft die Ausgaben und legt die Netzkosten fest. Anhand der errechneten Gesamtkosten und unter Berücksichtigung von Effizienzabschlägen werden dann die Netztarife der VerbraucherInnen und Erzeugerfestgelegt. Die Netzbetreiber erhalten dafür eine finanzielle Abgeltung in Form einer Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Die Kosten für Investitionen in die Netzinfrastruktur werden also nicht durch öffentliche Mittel, sondern direkt von den StromverbraucherInnen sowie zu einem kleinen Teil von den Erzeugern getragen.
Warum sind die Netzbetreiber mit Investitionen zunehmend zurückhaltend?
Langwierige Verfahren
Bei einzelnen Projekten lassen sich die Investitionsverzögerungen durch aufwändigen und oft langwierigen Genehmigungsverfahren erklären. Aktuelles Beispiel dafür ist die vom Übertragungsnetzbetreiber, APG geplante 380kV-Salzburgleitung. Mit einem Investitionsvolumen von über 600 Millionen Euro ist dies aktuell die größte Einzelinvestition im Netzbereich. Für die neu geplanten 128 Leitungskilometer sowie für die Aufrüstung bestehender Trassen sind entsprechend umfassende Genehmigungsverfahren notwendig. – Und sie dauern deutlich länger als erwartet. So läuft das UVP-Verfahren in diesem Fall bereits seit mehr als 3 Jahren.
Smart Meter binden Kapital
Bis 2019 müssen in Österreich 95 Prozent der EndverbraucherInnen (Haushalte, Gewerbe, Landwirtschaft) mit einem „Smart Meter“ ausgestattet werden. Für Netzbetreiber bedeutet dies dass rund 5,4 Millionen Zähler angeschafft und eingebaut werden müssen. Dazu kommt, dass die nötige Informationsinfrastruktur geschaffen werden muss, um die Daten der Smart Meter auch transportieren und verarbeiten zu können. Damit ist in den kommenden Jahren Investitionskapital in Milliardenhöhe einzig und allein an die Einführung an die Smart Meter gebunden.
Sinkende Umsätze, anhaltend hohe Dividenden
Der rasche Zubau Erneuerbarer Energie insbesondere in Deutschland und der gleichzeitig stagnierendem Stromverbrauch hat zu einem massiven Verfall der Strombörsepreise geführt. Er ist seit 2011 um rund 40% (Grundlastpreis) und seit 2008 sogar um mehr als die Hälfte (-53%) zurückgegangen. Im Juli 2015 betrug der Preis für Grundlaststrom an der deutschen Strombörse damit 35,2 Euro pro MWh, 2011 waren es noch 51,1 Euro. Für die Betreiber von geförderten Photovoltaik-, Windkraft- oder Biomasseanlagen spielt das keine Rolle. Sie bekommen in Form der Föderung einen Fixpreis je MWh. Für andere Stromerzeuger gilt das nicht, sie vermarkten ihren Strom über die Börse bzw zu „börsenahen“ Preisen. Diese Entwicklung macht bestehende thermische Kraftwerke zunehmend unrentabel. Allein der Verbundkonzern hat für das Gaskraftwerk Mellach in den Jahren 2011 bis 2013 eine bilanzielle Wertminderung von fast 450 Mio. Euro durchgeführt. Aber auch die Wien Energie hatte 2013 außerplanmäßige Abschreibungen von ca. 280 Mio. Euro zu verzeichnen.
Strombörsepreis für Grund- & Spitzenlast in €/MWh