Zum zweiten Mal innerhalb von nur drei Monaten fand am 23. März eine Demonstration von Wissenschafter:innen österreichischer Universitäten statt. Etwa 2.000 Personen folgten dem Aufruf unter dem Motto „Fair statt prekär! Universität neu denken“ für bessere Arbeitsbedingungen an österreichischen Universitäten einzutreten. Als Einrichtungen der Republik Österreich werden die Universitäten überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert – was ist hier los? Was passiert mit den Steuergeldern?
Die Verleihung des Nobelpreises für Physik an Anton Zeilinger im Oktober 2022 hat große Freude und stolze Reaktionen in vielen Bereichen auch außerhalb der Wissenschaftsszene mit sich gebracht. In verschiedenen Dankesreden und Interviews betont Anton Zeilinger, dass er diesen Preis auch als Ermutigung für junge Wissenschafter:innen sehe, den eigenen Ideen nachzugehen und nicht von Beginn an über künftige Anwendungen nachzudenken. Aber was braucht es, dass so außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen erbracht werden können? Diese Frage wurde und wird immer wieder neu thematisiert. Teilweise stagnierende oder nur sehr langsam wachsende Finanzierungen von Universitäten bringen es mit sich, dass die Arbeitssituation für Forscher:innen an Universitäten in manchen Bereichen immer angespannter wird.
Wieviel Geld fließt an die Universitäten?
In hochentwickelten Volkswirtschaften wird Wissen als DER wichtigste Produktionsfaktor angesehen, der Wettbewerbsfähigkeit erhält und vor allem auch zu Lösungen gesellschaftlicher Probleme beiträgt. Universitäten produzieren durch wissenschaftliche Forschung und die Erschließung der Künste neues Wissen und vermitteln durch Lehre bestehendes Wissen und die Fähigkeit, sich selbständig neues Wissen anzueignen.
In der Zusammensetzung der Erträge ist auffällig, dass der Anteil der Basisfinanzierung – also des Gelds, das im Rahmen der Leistungsvereinbarungen den Universitäten zugewiesen wurde, im Verhältnis der letzten zehn Jahre gefallen ist. Der Anteil für 2009 lag bei 76% – mittlerweile ist dieser Anteil 2020 auf 73% gefallen (Universitätsbericht 2011: 51 und 2020: 43).
Parallel dazu hat sich der Anteil der Erlöse und Kostenersätze gem § 26 und 27 (= Drittmittelgelder) erheblich erhöht. Als Drittmittel werden im Wissenschaftsbetrieb jene finanziellen Mittel verstanden, die den Hochschulen und Forschungseinrichtungen zusätzlich zu den von den Erhalter:innen zur Verfügung gestellten laufenden Mitteln (Basisfinanzierung) von dritter Seite zufließen. Sie werden in der Regel für bestimmte Projekte, vor allem Forschungsprojekte, zeitlich befristet zur Verfügung gestellt. 2009 lag der Anteil bei 10% und eine Dekade später 2020 bei 17%. Diese Steigerungen lassen sich unterschiedlich deuten:
Eine Deutung ist, wie erfolgreich und aktiv ihre Mitarbeitenden auf dem hochkompetitiven Markt Gelder eingeworben haben. Eine andere Deutung wiederum könnte sein, dass es bedenklich ist, wenn Österreich zwar nominal die Budgets für Universitäten sukzessive erhöht, aber dabei der Anteil der Mittel, die als Basisfinanzierung in den Bereich der Wissensproduktion fließen, sich schrittweise verringert.
Diese Entwicklungen in der Finanzierung der Universitäten deuten auf eine grundsätzliche Ausrichtung der Steuerung hin. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), das die Basisfinanzierung für die Universitäten zur Verfügung stellt, hat die Finanzierungsstruktur in den letzten Jahren nachhaltig neugestaltet. Diese Umstellung der Forschung vom Staat auf den Markt hat mittelfristig sowohl für die Erkenntnisweise, die Ergebnisse als auch für das Verhalten der Wissenschafter:innen tiefgreifende Folgen.
Die Basisfinanzierung durch das BMBWF und die Steuerungsidee dahinter
Die österreichischen Universitäten werden grundsätzlich über mehrere Instrumente und auf unterschiedlichen Ebenen durch das BMBWF gesteuert: Prinzipiell müssen sich alle Universitäten am Gesamtösterreichischen Universitätsentwicklungsplan (GUEP) des BMBWF in ihrer Planung maßgeblich orientieren. Dies geschieht in erster Linie im Entwicklungsplan, der von jeder Universität für die Länge von zwei dreijährigen Leistungsvereinbarungs-Perioden normiert erstellt wird. Die Leistungsvereinbarung (LV) dient als das wesentliche Element zur Finanzierung bzw. Steuerung der Universitäten und ist ein Vertrag zwischen Universität und BMBWF. In den LVs werden Zielsetzungen in den Bereichen Lehre, Forschung und Gesellschaft vereinbart.
Die „Universitätsfinanzierung NEU“, die in der Periode 2019-2021 zum ersten Mal zum Einsatz kam, stellt somit ein konkretes, „evidenzbasiertes“ Steuerungsinstrument dar, das zwischen Basis- und Wettbewerbsindikatoren in drei Säulen (Lehre, Forschung/Entwicklung und Erschließung der Künste, Infrastruktur) unterscheidet.
Während Basisindikatoren sich an grundsätzlichen Parametern orientieren, stehen Universitäten in direktem Wettbewerb um mehr Finanzierung im Rahmen der Wettbewerbsindikatoren. Als Basisindikator gilt die Anzahl der aktiven Studierenden, die pro Studienjahr mehr als 16 ECTS absolvieren. Als zusätzliche Wettbewerbsindikatoren gelten in der Lehre sowohl die Anzahl der Studienabschlüsse an einer Universität sowie die Anzahl an Studierenden, die pro Jahr mindestens 40 ECTS absolviert haben.