Prüfungsaktivität, Mindeststudienleistung oder verpflichtende Studieneingangsphase: Diese Themen haben die letzten Novellen des Universitätsgesetzes (UG) und somit die Realität der Studierenden geprägt. Die damit verbundenen Kennzahlen wurden auch in den Leistungsvereinbarungen zwischen den Universitäten und dem Bildungsministerium verankert. Die Stoßrichtung ist klar: Das Studienrecht orientiert sich am Vollzeitstudierenden, wichtig ist vor allem der rasche Abschluss eines Studiums. Ab dem Wintersemester 2022 greift schließlich auch die viel kritisierte ECTS-Hürde. Jene, die ein Studium beginnen, müssen erstmalig eine Mindestanzahl von 16 ECTS absolvieren. Schaffen sie das nicht, werden sie für zwei Jahre vom Studium ausgeschlossen.
Gleichzeitig sind die soziale Dimension und Diversität an Hochschulen (weiter) in den Hintergrund gerückt. Die Strategie zur sozialen Dimension zielt darauf ab, den Zugang zu Hochschulbildung von unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Ziele sind unter anderem: die Zusammensetzung der Studierenden an die soziodemografische Zusammensetzung der Bevölkerung heranzuführen, die Anzahl and nicht-traditionellen StudienanfängerInnen zu erhöhen und berufsermöglichende Studienangebote auszubauen. Diese Ziele sind zwar teilweise in den Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten verankert, eine Rundschau des Bildungsministeriums zeigt jedoch: Längst nicht alle Hochschulen haben eine gesamthafte Strategie zur sozialen Dimension implementiert.
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
Die soziale Herkunft der Eltern wird in der österreichischen Bildungsforschung regelmäßig als der zentrale Faktor für die Bildungslaufbahn der Kinder genannt. Der damit verbundene Stehsatz „Bildung wird in Österreich vererbt“, prägt die Bildungslandschaft hierzulande schon lange. Mit jeder weiteren Sprosse der Bildungsleiter vergrößert sich die Schere zwischen Kindern aus AkademikerInnenhaushalten und Nicht-AkademikerInnenhaushalten. Auf der höchsten Sprosse, der Hochschule, variiert die soziale Zusammensetzung jedoch nach Hochschultyp und Studium deutlich. An Fachhochschulen – insbesondere in berufsbegleitenden Studiengängen – ist die Wahrscheinlichkeit, als Kind von Eltern ohne Matura zu studieren, höher als an Universitäten.
Gemessen wird dies anhand der „Rekrutierungsquote“, ein sperriges Wort, das einfach formuliert die Wahrscheinlichkeit angibt, mit welcher Kinder von Eltern mit oder ohne Matura ein Hochschulstudium beginnen. 2015 war die Wahrscheinlichkeit zu studieren für Kinder von Eltern mit Matura 2,38-mal höher als jene für Kinder von Eltern ohne Matura. Fünf Jahre nach Einführung der Strategie zur sozialen Dimension steht die soziodemografische Diversität an Hochschulen sogar schlechter da als im Studienjahr 2015/16. Die Hochschulen sind vom festgeschriebenen Ziel, eine Rekrutierungsquote von 2,10 bis 2025 zu erreichen, weit entfernt. Im Fachhochschulbereich stagniert die Rekrutierungsquote seit 2015 auf einem niedrigen Wert.