Psychische Belastungen stellen für viele Flüchtlinge ein bedeutendes Hindernis dar, um sich in den Aufnahmeländern gut zurechtzufinden und einbringen zu können. Dies gilt auch für Österreich und erschwert neben sozialer Integration auch den Weg in den Arbeitsmarkt, wie eine jüngst veröffentlichte Studie zeigt. Daher braucht es sowohl niederschwellige soziale Unterstützungsangebote als auch, wo erforderlich, ausreichend finanzierte, langfristige psychotherapeutische Hilfe.
In den Jahren ab 2014 kamen viele Menschen aus Kriegsgebieten, insbesondere aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, nach Österreich. Viele Geflüchtete waren in ihren Herkunftsländern Verfolgung und Diskriminierung aus verschiedensten Gründen ausgesetzt sowie Erfahrungen von Kriegshandlungen, physischer wie psychischer Gewalt. Ökonomische und politische Unsicherheit sind oft mit materieller Not verbunden. Während der Flucht oder bei zwischenzeitlichem Aufenthalt in Lagern können lebensbedrohliche Umstände und Mangelerfahrungen gegenwärtig sein. Hinzu kommt meist die Trennung von Familienmitgliedern sowie das Abgeschnitten-Sein von unterstützenden FreundInnen. All dies ist mit großem Stress verbunden. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Flüchtlinge vermehrt von posttraumatischen Belastungen, Angst- oder depressiven Störungen oder anderen psychischen Problemen betroffen sind.
Nach Ankunft der Flüchtlinge in einem sicheren Aufnahmeland sind Leib und Leben nicht mehr unmittelbar bedroht – dies bedeutet jedoch nicht, dass psychische Probleme unmittelbar abnehmen. Neue Herausforderungen können zusätzliche psychische Belastungen erzeugen. Dazu zählen: die Angst vor einer Rückführung, gesundheitliche Probleme, Trennung von der Familie, Sprachschwierigkeiten, mangelnde Möglichkeiten, aktiv zu sein, Schuldgefühle, die Realisierung der Verlusterfahrung und dabei potenziell eingeschränkte Möglichkeiten, sich mit anderen darüber auszutauschen. All dies kann dazu führen, dass psychische Beschwerden anhalten oder sich erst entwickeln. Neben gesundheitlicher und materieller Versorgung brauchen Flüchtlinge somit meist auch sozialpsychologische und teilweise therapeutische Hilfe, um sich zu stabilisieren, im neuen Land einen Platz zu finden und das eigene Leben wieder aktiv gestalten zu können.
Lebensumstände von Flüchtlingen in Österreich
Eine kürzlich am wiiw veröffentlichte Studie beleuchtet das Ausmaß psychischer Probleme besonders jener Flüchtlinge, die in den letzten Jahren nach Österreich gekommen sind. Dabei wurde der Zusammenhang zwischen Stressfaktoren und psychischer Belastung untersucht bzw. welche Umstände Entlastung bieten können.
Die zugrunde liegenden Daten entstammen der Flüchtlingsbefragung FIMAS+INTEGRATION, die zwischen Dezember 2017 und April 2018 vor allem unter Personen, die bereits einen anerkannten Asylstatus hatten, durchgeführt wurde. Mehr als 1.600 Flüchtlinge im Alter von 15 bis 60 Jahren, überwiegend aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, wurden österreichweit mit Schwerpunkt auf die Landeshauptstädte interviewt. Der Fragenkatalog umfasste verschiedene Lebensbereiche, unter anderem: derzeitige Arbeitsmarktaktivität und -erfahrung im Herkunftsland, Bildung und Sprachkompetenz, Familiensituation, Wohnen, soziale Integration und eben auch Gesundheit. Zur Messung der psychischen Belastung wurde mittels klinisch validierter Skala die Häufigkeit von zehn verschiedenen Symptomen erhoben, z. B. überschießende Nervosität, Müdigkeit ohne verständlichen Grund, Hoffnungslosigkeit.