Aktuelle mediale Debatten um Migration und Integration tendieren dazu, auf Defizite zu fokussieren. So attestieren sie MigrantInnen etwa pauschalisierend geringe Bildungs- und Leistungsorientierung. Im Gegensatz dazu sind Darstellungen von gut gebildeten MigrantInnen gar nicht so einfach auffindbar und kommen oft nur in Nebensätzen vor. Wenn migrantische AkademikerInnen als Hauptpersonen vorkommen, dann meist als Ausnahmefiguren.
Angesichts der einseitigen Präsentation von MigrantInnen in den Medien ging eine aktuelle Studie der Frage nach, wie MigrantInnen mit akademischer Bildungslaufbahn in österreichischen Nachrichtenmedien repräsentiert werden und welche Bilder von „gebildeten“ MigrantInnen dabei transportiert werden.
Diskursive Bilder von MigrantInnen und der Bildungserfolg
Wenn wir darüber sprechen, wie MigrantInnen im medialen Diskurs vorkommen, muss zunächst einmal geklärt werden, was Diskurse eigentlich sind und wie sie wirken?
Diskurse sind nach Michel Foucault gesellschaftliche Praktiken der Wissensproduktion, über die soziale Wirklichkeit (mit-)konstituiert wird. In unseren täglichen Bemühungen, uns in der Welt zurechtzufinden, greifen wir (ob bewusst oder nicht) auf diskursiv hergestellte Wissensbestände zurück. Diskursiv hergestelltes Wissen ist in dieser Perspektive wesentlich für die Art und Weise, wie wir uns selbst und unser Verhältnis zur Welt auslegen. Pointiert gesagt: Wie „man“ als Frau, als Mann, als Studierende(r), als (nicht) Arbeitende(r), als PartnerIn, Mutter, Vater, als MigrantIn usw. zu sein hat bzw. sein kann, ist maßgeblich durch gesellschaftliche Diskurse bestimmt.
Natürlich stehen Diskurse nicht außerhalb gesellschaftlicher Hierarchie- und Machtverhältnisse. Mit den diskursiven Bildern sind bestimmte Vorstellungen des Seins und Handelns verbunden. Diese Vorstellungen legitimieren auch den Zugang zu Ressourcen, Mitbestimmungschancen und die Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen.
Bilder von MigrantInnen verstellen den Blick auf die Wirklichkeit
Bezogen auf Debatten um Migration und Integration zeigt sich dies etwa an der Konstruktion von „Fremdheit“: So werden Ausschlüsse, etwa vom Zugang zum Arbeitsmarkt, legitimiert. Zentral hierbei ist, dass diskursive Bilder den Blick auf die „realen“ Umstände verstellen können. So kann etwa der Fokus auf die mangelhafte Bildung von MigrantInnen dazu führen, dass im Ausland erworbene Bildungserfolge entweder nicht – oder wenigstens nicht als gleichwertig – wahrgenommen werden.
Gerade vor dem Hintergrund der „Dominanz von Negativbildern“ in Bezug auf MigrantInnen ist es wichtig, sich auf die Suche nach Bildern zu machen, die dem etwas entgegensetzen – also etwa gut gebildete MigrantInnen sichtbar zu machen. Dabei ist es zentral, diese in ein Verhältnis zu dominanten Bildern von MigrantInnen zu setzen und so kritisch die Bedingungen der Sichtbarkeit zu analysieren.
MigrantInnen aus den „neuen Ost-EU-Beitrittsländern“.
Analysiert wurden Artikel aus dem unmittelbar vor Projektbeginn liegenden Zeitraum (April bis Dezember 2017), die in den österreichischen Medien „Kronen Zeitung“, „Der Standard“, „News“ und „Falter“ veröffentlicht wurden.
Wer ist eigentlich ein bildungserfolgreicher Migrant bzw. eine bildungserfolgreiche Migrantin?
Die Analyse der insgesamt 59 erhobenen Texte zeigte, dass Darstellungen bildungserfolgreicher MigrantInnen gar nicht so einfach auffindbar sind. In einem Großteil der Artikel kamen diese nur in Nebensätzen vor, wurden sozusagen mit-erwähnt. Entsprechend dem bereits erwähnten defizitorientierten Mainstream aktueller Migrationsdebatten, waren (akademisch) gebildete MigrantInnen nur in einem knappen Drittel der erhobenen Artikel Hauptthema (siehe nachfolgende Grafik):