Aufgrund des wirtschaftlichen Aufschwungs Mitte der 1950er und des damit einhergehenden Bedarfs an Arbeitskräften schloss Österreich mit mehreren Ländern Anwerbeabkommen ab. Die dann als GastarbeiterInnen bezeichneten Arbeitskräfte wurden im provisorischen Arbeitsamt für “GastarbeiterInnen” am Ostbahnhof empfangen und oft schon am nächsten Tag als HilfsarbeiterInnen in der Produktion, auf der Baustelle oder in der Landwirtschaft eingesetzt. Vor 50 Jahren hat das noch reibungslos funktioniert. Nun haben sich die Zeiten aber geändert: Sowohl die Situation auf dem Arbeitsmarkt als auch die Struktur der MigrantInnen, die ist heterogener als noch vor 50 Jahren.
GastarbeiterInnen – Qualifikation war nicht ausschlaggebend Der wirtschaftliche Aufschwung Mitte der 1950er Jahre und der damit einhergehende Bedarf an Arbeitskräften bildet die Grundlage für das gezielte Anwerben von MigrantInnen und die damit eihergehende Einwanderung der Menschen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien nach Österreich. In den Anfängen der Arbeitsmigration kamen vorwiegend Menschen mit einem niedrigeren Bildungsabschluss nach Österreich, die zumeist als HilfsarbeiterInnen in der Industrie und im Baugewerbe beschäftigt wurden. Für diese Tätigkeiten war kein hoher Bildungsabschluss notwendig, daher wurde dieser Faktor bewusst außen vor gelassen. Die Qualifikationen der MigrantInnen wurden nur in den seltensten Fällen erfasst – die Datenlage beim Arbeitsmarktservice ist nach wie vor dünn.
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Von der Arbeitsmigration zur Fluchtmigration Infolge der unerwartet hohen Zahlen im Rahmen der Familienzusammenführung erteilter Aufenthaltstitel und der Fluchtbewegungen ab 1991 aus Ex-Jugoslawien stieg die Zahl der Zuwanderer deutlich an. Dieser Zuwanderungsanstieg wurde von einer stagnierenden Wirtschaftsentwicklung und einer damit einhergehenden steigenden Arbeitslosenquote begleitet. Die Regierung reagierte darauf mit einer Reihe an Maßnahmen, die – neben einem strengeren Arbeitsmarktzugang – primär die Zuwanderung nach Österreich einschränken sollten. So wurden zwischen 1991 und 1993 sehr rasch das Asylgesetz, das Aufenthaltsgesetz und das Fremdengesetz geändert bzw. neu geschaffen. Diese Maßnahmen brachten die intendierten Änderungen mit sich – 1994 sank die Zuwanderung auf ein Minimum.
Die restriktive Zuwanderungspolitik gegen Drittstaatsangehörige, gekoppelt mit einem eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, brachte auch eine signifikante Änderung der Qualifikationsstruktur mit sich. Zumal durch die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU insbesondere hoch Qualifizierte Personen aus Deutschland und aus den neuen Mitgliedstaaten zugewandert sind. Alleine zwischen 2004 und 2014 verdoppelte sich der Anteil an ZuwanderInnen mit einem Universitäts- oder Fachhochschulabschluss auf 44%.
Durch die gegenwärtige Flucht von Menschen aus Kriegsgebieten musste die restriktive Zuwanderungspolitik gegen Drittstaatsangehörige zumindest für 2015 ad acta gelegt werden. Auf Grund der aktuellen Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten kommen vermehrt Menschen mit hohen Bildungsabschlüssen nach Österreich. Das dokumentiert ein vom AMS durchgeführter Kompetenzcheck bei neuzugewanderten Flüchtlingen. Ein Ergebnis der Kompetenzfeststellung ist auch, dass es den „Flüchtling“ per se nicht gibt, die Gruppe ist durchaus heterogen: die Bandbreite reicht von der Architektin bis zum Analphabeten. Zum anderen zeigt sich aber auch, dass, je nach Herkunftsland (Ausnahme Afghanistan), 50 bis 80 Prozent der Flüchtlinge über eine Matura oder einen Universitätsabschluss verfügen.
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Qualifikationsstruktur ändert sich, das Bild über die Zuwanderung bleibt jedoch das Alte Obwohl die Qualifikationen der Neu-ZuwanderInnen sich in einem großen Maße von den GastarbeiterInnen aus der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien unterscheiden, nehmen Betriebe und der Arbeitsmarkt diese Änderungen kaum wahr. Nach wie vor sind es Betriebe, die sich ständig über Fachkräftemangel beklagen, diese Fachkräfte dann aber unter Qualifikation einsetzen. Das klassische Bild des serbischen Gastarbeiters am Fließband oder des türkischen Bauarbeiters ist in den Köpfen fest verankert. Vor dem Hintergrund, dass Menschen mit Pflichtschulabschluss das mit Abstand höchste Arbeitslosigkeitsrisiko haben und knapp die Hälfte der arbeitslosen Personen lediglich einen Pflichtschulabschluss haben, muss rasch gehandelt werden. Die sich abzeichnende Tendenz auf dem Arbeitsmarkt lautet: immer besser ausgebildete Arbeitskräfte werden benötigt und immer weniger HilfsarbeiterInnen werden gefragt sein. MigrantInnen werden aber auch bei höherer Qualifikation häufig in niedrig qualifizierteren Bereichen des Arbeitsmarktes eingesetzt. In einem Arbeitsmarktsegment, wo die Konkurrenz im niedrigqualifizierten Bereich durch das steigende Arbeitskräfteangebot massiv zugenommen hat, wird dieses Vorgehen der Politik noch mehr Arbeitslosigkeit erwirken.
Dringender Handlungsbedarf Es darf nicht weiterhin zugesehen werden, wie jede/r vierte MigrantIn mit einem universitären Abschluss in einer Hilfs- oder angelernten Tätigkeit arbeitet. Die Beschäftigung von MigrantInnen unter ihren Qualifikationen muss vermieden werden. Wie Sie aus dem Report der Arbeiterkammer Wien über die Beschäftigungssituation und Problemlagen von MigrantInnen zu entnehmen ist, liegen für ExpertInnen aus dem Integration- und Arbeitsmarktbereich die Lösungen für diese Probleme und die arbeitsmarktpolitischen Erfordernisse auf der Hand. Diese lauten: ausreichendes Angebot an hochwertigen und fachspezifischen Deutschkursen ab dem ersten Tag, genauer Befund vorhandener Abschlüsse und beruflicher Qualifikationen, Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse, Möglichkeit der Anschlussqualifizierung mit der Bereitstellung so genannter „Brückenangebote“. Zudem sind spezifische Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Personen wichtig und notwendig. Werden diese Schritte nicht ab dem ersten Tag des Asylverfahrens gesetzt, kann sich eine spätere Integration in den Arbeitsmarkt sehr schwer gestalten.
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