Wenn ein wirtschaftspolitisches Instrument als „Die Lösung“ angepriesen wird, gibt es gute Gründe, kritisch zu bleiben. In der Klimakrise sollen CO2-Steuern das Verhalten der Menschen dahingehend ändern, dass der CO2-Ausstoß damit nachhaltig verringert werden soll – frei nach dem Motto „incentives matter“! Die österreichische Bundesregierung hat eine Erhöhung der CO2-Steuern auf fossile Energieträger beschlossen, die im Juli 2022 in Kraft tritt. Ob die verhaltensökonomische Rechnung aufgeht, bleibt fraglich.
Verhaltensökonomische Politikansätze sind en vogue. Ökonomische Anreize funktionieren in vielen Bereichen, in denen Menschen zu einem „besseren“ Verhalten „überredet“ werden sollen. Gerade jedoch in der Grund- und Daseinsvorsorge ist das persönliche Verhalten als Variable systemimmanent kaum veränderbar, sei es beim erzwungenen Verkehr von Pendlern/-innen, sei es bei der Art der Heizungsanlage im Mehrparteienwohnhaus. Oft fehlen leistbare oder verfügbare Alternativen zur fossilen Energie, es gibt keine Entscheidungsautonomie des Individuums. Und daher ist die Verhaltensökonomie hier nicht das geeignete Heilmittel.
Werden trotzdem Preisanreize eingeführt, gilt es darauf zu achten, dass bestehende verteilungspolitische Schieflagen nicht weiter verschärft werden, etwa durch Rückvergütungsmechanismen. Dennoch, eine wirksamere und vor allem sozialere Strategie gegen den Klimawandel wäre die Vorgabe eines ordnungspolitischen Handlungsspielraumes im Übergang zur dekarbonisierten Wirtschaft, die Förderung von Technologieentwicklung, finanzielle Unterstützungen von privaten Haushalten und staatliche Investitionen. Denn nur ein Drehen an den großen Rädern kann auch große Effekte für das Klima erzielen und dafür sorgen, dass Arbeitnehmer/-innen nicht auf der Strecke bleiben.
Ökosteuern in Österreich – verteilungspolitische Aspekte
Ökosteuern sind in der Regel Massensteuern ohne soziale Differenzierung. Ökostromabgaben, Energiesteuer, Mineralölsteuer, Normverbrauchsabgabe, motorbezogene Versicherungssteuer und ähnliche Steuern sind allen ein Begriff. Seit 1995 hat sich das Ökosteuer-Aufkommen in Österreich von knapp vier auf rund zehn Milliarden Euro erhöht (siehe Abbildung 1).
Steuern auf fossile Energieträger sind in Österreich an sich nichts Neues. Die Mineralölsteuer gibt es hierzulande schon sehr lange. Bei Benzin beträgt sie derzeit etwa 37 Prozent des Preises an der Zapfsäule, bei Diesel 32 Prozent (Mineralölsteuer | ÖAMTC (oeamtc.at)). Unzählige Male wurde die Mineralölsteuer in Österreich angehoben, jeweils um bis zu fünf Cent pro Liter. Ein Rückgang des Verkehrs, also eine wesentliche Verhaltensänderung, wurde dadurch nicht erreicht – im Gegenteil.
In Österreich und vergleichbaren EU-Staaten verursacht das oberste Einkommenszehntel pro Kopf rund 4,3-mal so viele CO2-Emissionen wie die untersten 40 Prozent. Das wird in der Klimadebatte interessanterweise kaum beachtet, vor allem, wenn es um die zentrale Frage geht, wer für die Kosten der Klimamaßnahmen aufkommen sollen. Bestehende Ungerechtigkeiten im Steuersystem dürfen jedenfalls durch die Klimapolitik nicht noch weiter verschärft werden.