Erreichung der Klima­ziele: Kumu­lierte Emis­sionen als Leit­faden für Maß­nahmen

15. Januar 2025

Für die Erreichung der Klimaziele ist eine umfassende Transformation in Richtung einer klimaneutralen Wirtschafts- und Lebensweise unerlässlich. Dafür ist ein breites Verständnis der kumulierten Emissionen entlang von Wertschöpfungsketten erforderlich. Das stellt sicher, dass Emissionsreduktionsmaßnahmen einzelner Sektoren im Gesamtkontext mit den Klimazielen vereinbar sind. Auch wird gezeigt, wo Emissionsreduktionsmaßnahmen im Inland und wo internationale Anstrengungen erforderlich sind. Eine WIFO-Studie schätzt die kumulierten Treibhausgasemissionen ausgewählter österreichischer Sektoren ab.

Es gibt unterschiedliche Ansätze, um die Treibhausgasemissionen eines Landes zu messen

Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu werden, die EU strebt Netto-Null-Emissionen bis 2050 an. Diese Ziele basieren auf der traditionellen Treibhausgasberichterstattung nach der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Diese herkömmliche Erfassung von Treibhausgasemissionen bezieht sich auf die Emissionen, die von Akteuren wie Unternehmen oder Haushalten innerhalb eines Landes verursacht werden (produktionsbasierte Treibhausgasemissionen). Eine andere Perspektive stellt die Erfassung von konsumbasierten Treibhausgasemissionen (auch „CO2-Fußabdruck“ genannt) dar. Dieser Zugang erfasst alle Emissionen, die durch den Konsum der Bevölkerung eines Landes entstehen, unabhängig davon, ob sie im In- oder Ausland anfallen. Eine weitere Betrachtungsweise fokussiert auf die kumulierten Treibhausgasemissionen von Gütergruppen entlang ihrer Wertschöpfungsketten. Hier können neben den direkten Emissionen in der Produktion auch die energiebedingten Emissionen (insbesondere Emissionen aus der fossilen Stromerzeugung) sowie andere Emissionen, die in der Herstellung von Vorleistungen entstehen, berücksichtigt werden.

Ermittlung der kumulierten Treibhausgasemissionen für vier ausgewählte Sektoren in Österreich

Im Rahmen einer WIFO-Studie im Auftrag der AK Niederösterreich wurden die kumulierten Treibhausgasemissionen von vier ausgewählten Sektoren abgeschätzt. Diese Sektoren umfassen die Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung, den Bau, die Herstellung von Kraftwagen und -teilen sowie Erziehung und Unterricht. Die Abschätzung erfolgte entlang ihrer Wertschöpfungsketten für das Jahr 2018 mit dem WIFO-Modell DEIO. Dabei wurden sowohl die direkt bei der Produktion bzw. Dienstleistungen anfallenden Treibhausgasemissionen als auch die indirekten, mit den Vorleistungen verbundenen Treibhausgasemissionen und die einkommensinduzierten Treibhausgasemissionen berücksichtigt. Die Ergebnisse zu den kumulierten Emissionen der vier Sektoren sind in der Grafik unten dargestellt.


© A&W Blog


Unterschiedliche sektorale Emissionsprofile

Im Vergleich unterscheiden sich die kumulierten Emissionen der vier Sektoren sowohl in Hinblick auf das Niveau als auch auf die Zusammensetzung deutlich. Der Sektor Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung wies 2018 mit 16,5 Mio. Tonnen CO2 die höchsten kumulierten Emissionen auf, gefolgt vom Bausektor mit 10,9 Mio. Tonnen CO2. In den Sektoren Herstellung von Kraftwagen und -teilen bzw. Erziehung und Unterricht fielen kumulierte Emissionen von 4,3 bzw. 1,6 Mio. Tonnen CO2 an.

Die Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung sticht auch in Hinblick auf die Zusammensetzung der kumulierten Emissionen hervor: Hier lag der Anteil der direkten Emissionen 2018 bei 63 Prozent, während die Anteile in den übrigen Sektoren zwischen 2 und 8 Prozent betrugen. Demgegenüber wies der Bausektor den höchsten Anteil der indirekten inländischen Emissionen (39 Prozent) auf. Im Sektor Erziehung und Unterricht zeichneten die energiebedingten Emissionen für mehr als 90 Prozent der inländischen Emissionen verantwortlich, in den Kfz- und Bausektoren für je rund zwei Drittel. Nur in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung spielten die energiebedingten Emissionen mit einem Anteil von weniger als einem Viertel eine untergeordnete Rolle bei den inländischen Emissionen. Das zeigt die unterschiedlichen Potenziale für Emissionsreduktionen durch einen Shift zu erneuerbaren Energieträgern in den einzelnen Sektoren auf. Mit Ausnahme des Sektors Erziehung und Unterricht, in dem der Anteil der induzierten Emissionen 2018 rund 27 Prozent betrug, ist diese Emissionskategorie mit 1 bis 5 Prozent der kumulierten Emissionen nur von untergeordneter Bedeutung. Auch der Anteil der importierten Emissionen unterschied sich zwischen den vier Sektoren stark: Im Kfz-Sektor lag er bei rund drei Vierteln, in den Sektoren Bau sowie Erziehung und Unterricht jeweils bei knapp der Hälfte und in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung bei rund einem Viertel.

Internationale Handelsverflechtungen und ihre Bedeutung für Treibhausgasemissionen

Bezüglich des Anteils der exportbedingten Emissionen unterschieden sich die Sektoren beträchtlich. Während Exporte als Treiber der Emissionen im Bauwesen und im Sektor Erziehung und Unterricht kaum eine Rolle spielten, zeichneten sie bei der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung für rund zwei Drittel der kumulierten Emissionen und bei der Herstellung von Kraftwagen und -teilen für etwa drei Viertel verantwortlich. Diese Unterschiede verdeutlichen, dass nachfrageseitige Maßnahmen für diese beiden Sektoren in Bezug auf die Reduktion von Treibhausgasemissionen nur ein begrenztes Potenzial haben.

Die Analyse unterstreicht die große Relevanz internationaler Handelsverflechtungen für die Entstehung von Treibhausgasemissionen und die sektoralen Unterschiede in den Emissionskategorien. Einerseits gibt es Sektoren, in denen die heimische Nachfrage die Gesamtemissionen maßgeblich bestimmt (wie die Sektoren Bauwesen sowie Erziehung und Unterricht); anderseits gibt es Sektoren, wo sowohl der importierte Anteil der Emissionen als auch die Exportnachfrage eine zentrale Rolle spielen (wie in der Eisenmetallerzeugung und -bearbeitung). Besonders in Hinblick auf letztere Sektoren ist eine globale Klimapolitik bzw. internationale Bepreisung von Treibhausgasemissionen erforderlich, um die Klimaziele zu erreichen.

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