Städte und Gemeinden sind zentral für den Klimaschutz. Mit ihrem beträchtlichen Vermögen in Form von Kindergärten, Schulen, Müllentsorgung etc. sind sie besonders gefordert, dieses bis spätestens 2040 klimagerecht umzubauen. Zudem gilt es, das zusätzliche Ausbaupotenzial zu heben: vom öffentlichen Verkehr über Photovoltaik bis hin zum Pflanzen von Bäumen. Jedoch verschlechterten sich zuletzt die Finanzen von Städten und Gemeinden – ohne Aussicht auf eine rasche wesentliche Besserung. Ein langfristig ausgerichteter kommunaler Klima-Investitionsfonds des Bundes würde helfen, diesen Widerspruch aufzulösen.
Städte und Gemeinden als zentrale Akteure nicht nur der Klimapolitik
Städte und Gemeinden sind die erste Anlaufstelle für die nachhaltige Entwicklung von Wohlstand und Wohlergehen im unmittelbaren Lebensumfeld. Mit ihren Leistungen der Daseinsvorsorge – von der Müllentsorgung über die Wasserversorgung, die Verbindung der Ausgangs- und Endpunkte der Mobilität, die Kinderbetreuung und -förderung bis zu öffentlichen Freizeitangeboten – sind sie wesentlich für einen funktionierenden Alltag. Dieser Alltag basiert großteils nach wie vor auf dem Einsatz fossiler Energieträger – und muss daher grundlegend umgestaltet werden, um erstens nicht eine weitere Klimaüberhitzung zu befeuern und zweitens vor den absehbaren Folgen der Klimaüberhitzung zu schützen. Dessen sind sich Vertreter:innen von Städten und Gemeinden auch zunehmend bewusst, was sich in beachtlichen Initiativen wie z. B. in Wien oder Graz zeigt.
Das öffentliche Vermögen von Städten und Gemeinden in Form von Gebäuden, Flächen und Fahrzeugen sowie Anlagen für die Daseinsvorsorge ist ein zentraler Ansatzpunkt bei der Bekämpfung der Klimakrise und zum Schutz der Bevölkerung vor ihren Folgen, damit ein gerechter Übergang möglich ist; d.h. etwa, dass öffentliche Mobilitätsalternativen zur Verfügung stehen, wenn die privaten fossilen Möglichkeiten nicht mehr so möglich sind. Kommunen können vor Ort zeigen, dass der Staat bereit ist, eine Vorreiterrolle zu übernehmen – und damit nicht nur private Investitionen mitziehen bzw. allgemein positive Wirtschaftseffekte bewirken, sondern auch funktionale wie mentale Barrieren für den Klimaschutz überwinden helfen.
Umbaunotwendigkeit & Ausbaupotenzial
Wie groß die Herausforderung ist, hat ein Team von TU Wien und Umweltbundesamt untersucht. Für den gesamten öffentlichen Sektor – inklusive kontrollierten Beteiligungen – schätzen sie die notwendigen Investitionen, um den Bestand an öffentlichen Gebäuden und Maschinen auf den Betrieb mit Energie aus erneuerbaren Quellen umzustellen, auf 68 Mrd. Euro. Will man darüber hinaus den gesamtwirtschaftlichen Umbau beschleunigen, indem insbesondere das Potenzial bis 2030 zum Ausbau nachhaltiger öffentlicher Mobilitätsangebote sowie zur Stromerzeugung und -verteilung genutzt wird, bedarf es noch einmal 50 Mrd. Euro. Dieser Betrag ist allerdings noch konservativ geschätzt, da etwa im Verkehr die städtischen Ausbaupotenziale noch nicht zur Gänze berücksichtigt sind. Ohnehin geplant bzw. zu erwarten – etwa der routinemäßige Austausch veralteter Fahrzeuge – sind Investitionen von 31 Mrd. Euro, sodass der zusätzliche Finanzierungsbedarf entsprechend geringer ausfällt (also 37 bzw. 87 Mrd. Euro).
Um diese Zahlen einordnen zu können, ist ein Blick auf Vermögensbestand und Investitionstätigkeit notwendig: Ohne Grund und Boden betrug das in der Studie erhobene öffentliche Sachanlagevermögen 346 Mrd. Euro. Um das gesamte Potenzial zu heben, bedarf es also eines Vermögenszuwachses um 25 Prozent. Will man bis 2040 klimaneutral sein, bleiben etwa 15 Jahre – bei öffentlichen Nettoinvestitionen (also Investitionen abzüglich Abschreibungen) von zuletzt 4 Mrd. Euro (bzw. 0,8 Prozent des BIP; 2023) eine immense Herausforderung.
Wie viel von den 87 Mrd. Euro auf die Städte und Gemeinden entfällt, bleibt in der Studie leider offen. Ihr Anteil am Gesamtvolumen dürfte zwischen jenem an den jährlichen gesamtstaatlichen Investitionen von etwa einem Drittel und dem am in der Studie untersuchten Gesamtvermögen von 45 Prozent liegen. Dementsprechend fehlen also kommunale Investitionen in der Bandbreite zwischen 29 und 39 Mrd. Euro, um das Klimaschutzpotenzial des kommunalen Vermögens zu nutzen.
Beschränkte Finanzierungsmöglichkeiten
Ohne zusätzlichen finanziellen Spielraum ist ein solches Volumen für Städte und Gemeinden – zusätzlich zum Gesamtinvestitionsvolumen von zuletzt rund 5 Mrd. Euro – nicht zu stemmen. Gleichzeitig steigt nämlich auch der Investitionsbedarf für andere Bereiche wie Bildung, Kinderbetreuung oder die Anpassung an stärkere Wetterextreme – und sind die Möglichkeiten für Kürzungen an anderer Stelle gering. Zudem drehte das Finanzergebnis der Städte und Gemeinden 2023 ins Minus – mit -0,4 Prozent des BIP das höchste Defizit seit 2010. Es ist zu befürchten, dass sich dieser Trend fortsetzt: Gemäß mittelfristiger Finanzprognose des KDZ werden 2024 die Ausgaben nämlich neuerlich deutlich stärker steigen als die Einnahmen. So gaben auch in einer Umfrage des Gemeindebundes (Februar & März 2024) mehr als drei Viertel der befragten Bürgermeister:innen an, dass fehlende Einnahmen bzw. Finanzprobleme in ihrer Gemeinde ein Problem sind.
Ein Blick in die jüngere Geschichte ist besorgniserregend: So fielen die Investitionen von Städten und Gemeinden bis 2011 infolge ähnlich hoher Defizite auf einen Rekordtiefstand von 0,7 Prozent des BIP, obwohl die rasche Erholung die Einnahmen bereits wieder stabilisiert hatte. Erst die Stabilisierung der kommunalen Finanzen durch konjunkturell stärker steigende Ertragsanteile und eine Serie an kommunalen Investitionszuschüssen seitens des Bundes (2017 und 2020) ließen die Investitionsquote der Städte und Gemeinden in den letzten Jahren wieder kontinuierlich steigen. Nun besteht aber die Gefahr neuerlicher Investitionskürzungen bzw. -verschiebungen – die diesmal sogar noch stärker ausfallen könnten, weil die Einnahmensituation eine schlechtere sein wird: So schlagen die Steuersenkungen der Bundesregierung durch – und die konjunkturelle Erholung lässt auf sich warten.