Klimakrise – Herausforderungen für Österreichs Wasser

21. März 2024

Dank des vielen Regens in den letzten Monaten gibt es in diesem Frühjahr mal keine Schlagzeilen zu Winterdürre und Wassermangel. Die Grundwasserspiegel sind aufgrund des Regens wieder halbwegs gut gefüllt und selbst der Zicksee hat wieder ein wenig Wasser. Beruhigend sind die Entwicklungen trotzdem nicht. Denn sowohl der Herbst wie der Winter waren die bislang heißesten in Österreich, wie die Messdaten zeigen. Je wärmer es wird, desto mehr Wasser wird verdunstet. Es braucht vorausschauende Planung und bessere Daten, um gut vorsorgen zu können.

Der heurige Winter war im Gegensatz zu den Jahren davor sehr regen- und schneereich, allerdings vor allem in den hohen Alpen. Wandert die Schneefallgrenze weiter nach oben, ist dies ein Indiz für die Klimakrise. Auch, dass der Februar 2024 der wärmste seit Messaufzeichnungen war. Berechnungen für Österreich zeigen, dass die Grundwasserspiegel bis 2050 um 23 Prozent sinken werden, wobei gleichzeitig mehr Wasser vor allem für die Landwirtschaft benötigt wird. Aktuelle Studien der europäischen Umweltagentur (EEA) belegen, dass bereits ein Drittel der Europäer:innen unter Wasserstress leidet. Eines ist klar: Die Sicherung der Verfügbarkeit von Wasser für die Trinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen, was eine vorausschauende Planung notwendig macht. Die dafür benötigte Datengrundlage fehlt leider immer noch.

Steigender Wasserverbrauch

Wenn die Temperaturen steigen, wird auch mehr Wasser gebraucht. Vor allem die Landwirtschaft kann ein trauriges Lied davon singen, wenn es zu wenig Wasser gibt.

In einem trockenen Jahr wird um bis zu achtmal mehr Grundwasser für die Landwirtschaft gebraucht – im Vergleich dazu, wenn es viel regnet. Dazu kommt, dass auch immer mehr Ackerflächen bewässert werden müssen. So stieg der Anteil der zu bewässernden landwirtschaftlichen Flächen in der Zeit von 2010 bis 2020 im Marchfeld um 11 Prozent, im Weinviertel um 53 Prozent und um Waldviertel um fast 90 Prozent. In ganz Österreich erhöhte sich der Bedarf der Ackerflächen, die zu bewässern sind, innerhalb von zehn Jahren um rund 53 Prozent. Im Marchfeld und dem Seewinkel, den Kornkammern Österreichs, stieg der Anteil der bewässerbaren Ackerflächen um 45 Prozent.

In der Industrie benötigen die Papier-, Metall- sowie Lebens- und Futtermittelindustrie das meiste Grundwasser.

Mehr Daten vor allem in der Landwirtschaft

In Österreichs Landwirtschaft nimmt die Bewässerungsmenge aufgrund der zunehmend wärmeren Temperaturen zu. Wie hoch diese ist, dafür ist laut dem zuständigen Landwirtschaftsministerium eine belastbare Aussage nicht möglich, wie eine aktuelle parlamentarische Anfrage der SPÖ-Landwirtschaftssprecherin Elisabeth Feichtinger aufzeigt. Denn es gibt keine Aufzeichnungen über diese Daten. Es beginnt damit, dass in der Landwirtschaft keine Wasserzähler bei der Grundwasserentnahme vorgeschrieben sind. Diese sind nur notwendig, wenn für die landwirtschaftlichen Bewässerungsanlagen eine Förderung beantragt und ausbezahlt wurde. Diese Regelung wurde erst kürzlich eingeführt. Um jedoch eine flächendeckende Nutzung von Wasserzählern zu erreichen, wie es in anderen Bereichen bereits Standard ist, müsste dringend per Gesetz nachgebessert werden.

Der Rechnungshof kritisierte daher auch in seinem Bericht „Herausforderungen für Niederösterreichs Wasserwirtschaft“ die fehlende Datenlage für Wasserentnahmen in der Landwirtschaft. Er geht in seiner Analyse von höherem Wasserbedarf für die öffentliche Versorgung und Landwirtschaft aus. Die Wasserschatz-Studie rechnet für Niederösterreich bis 2050 mit einer Steigerung des Wasserbedarfs um 37 Prozent und eine Verringerung des Grundwassers um 14 Prozent.

Österreichweit werden wiederum mehr als drei Viertel der bewässerten Ackerflächen mit Wasser aus nur vier Grundwasserkörpern bewässert. Zukünftig werden einige Regionen mit weniger Grundwasser auskommen müssen, wie die nachfolgende Abbildung zeigt.

© A&W Blog


Demnach könnte es neben Niederösterreich auch in Kärnten, der Steiermark und im Süden Tirols zunehmend weniger Wasser geben. Gerade in diesen Regionen wird es daher zunehmend wichtiger werden, sich zu überlegen, wofür wie viel Wasser verwendet wird. Aus der parlamentarischen Anfrage geht auch hervor, dass österreichweit 3 Prozent des Grundwassers für die Beschneiung von Pisten verwendet werden.

Laut Rechnungshof könnte der Eingriff in bestehende Wassernutzungsrechte notwendig werden, um eine Übernutzung der Grundwasserkörper zu verhindern. Um dies umzusetzen, fehle dem Land Niederösterreich aber noch ein Überblick über die bewilligten und die tatsächlichen Entnahmemengen von Grundwasser. Daher empfahl der Rechnungshof dem Land Niederösterreich, in allen Gemeinden Jahreswasserbedarf, Jahresfördermenge, maximalen Tagesverbrauch und Ergiebigkeit des Wasserspenders bei Trockenheit zu erheben, um damit wesentliche Parameter für die Wasserversorgung vor dem Hintergrund der Klimakrise zur Verfügung zu haben.

Er hat zudem empfohlen, ein digitales Melderegister einzurichten, um den tatsächlichen Jahreswasserbedarf und weitere aussagekräftige Parameter bei allen Gemeinden erfassen zu können. Ein solches Melderegister sei vom Ministerium per Verordnung einzurichten. Damit wurde vom Rechnungshof eine Forderung der Arbeitnehmer:innenvertretungen aufgegriffen.

Bedenken äußerte der Rechnungshof zudem zur Dauer der wasserrechtlichen Bewilligungen von 25 Jahren in der Landwirtschaft. Die Verlängerung der Dauer von zwölf auf 25 Jahre wurde im September 2018 unter der türkis-blauen Regierung beschlossen. Dieser Schritt wurde vonseiten der Arbeiterkammer und younion_Die Daseinsgewerkschaft scharf kritisiert. Eine nachhaltige Verteilung der begrenzten Ressource kann über diesen Zeitraum nicht gesichert werden. Hinzu kommt, dass die Wasserentnahmen unzureichend begrenzt und kaum kontrolliert werden. Hier besteht also erheblicher Handlungsbedarf. In Zeiten einer fortschreitenden Klimakrise sind solch lange Bewilligungszeiträume und lückenhafte Kontrollen nicht mehr angebracht. Sowohl der verpflichtende Einbau von Wasserzählern auch in der Landwirtschaft als auch regelmäßige Überprüfungen wasserrechtlicher Bewilligungen und Kürzung des Zeitraums auf sechs Jahre wären angebracht. Weiters ist ein bundesweites verpflichtendes Datenmonitoring, wie vom Rechnungshof vorgeschlagen, notwendig, um bei Wasserengpässen rascher reagieren zu können.

Wasserkrisen mit vorausschauender Planung vorbeugen

Diese Maßnahmen wären erste Schritte, um die Versorgung mit sauberem und leistbarem Trinkwasser sicherzustellen. Um einer Wasserkrise langfristig vorzubeugen, braucht es aber noch weitere Anstrengungen und bindende Maßnahmen. Es bedeutet für Trinkwasserversorger, neue oder tiefere Brunnen zu erschließen, in der Landwirtschaft auf Pflanzen zu setzen, die weniger Wasser benötigen, und für die wasserintensive Industrie zu sparen, wo nur möglich. In Neubauten könnte Brauchwasser etwa für die Toilettenspülung eingesetzt werden. Kurzum, die gesamte Gesellschaft ist aufgefordert, sparsamer und effizienter mit der kostbaren Ressource umzugehen.

Sollte es dennoch zu einer Wasserkrise kommen, muss klar sein, wer wann wie viel Wasser nutzen darf. In Frankreich wurde dazu im letzten Sommer ein Notfallplan vorgelegt, der klar formuliert, wer im Ernstfall wann wie viel Wasser sparen muss. Auch in Österreich wurde vom zuständigen Landwirtschaftsministerium ein Trinkwassersicherungsplan vorgelegt.

Bei der Erstellung des Plans wurden leider die Sozialpartner nicht miteingebunden. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum zahlreiche Aspekte nicht berücksichtigt wurden. So fehlt es zum einen an koordinierten proaktiven Maßnahmen, um Einschränkungen in der Wassernutzung zu verhindern. Zum anderen braucht es auch im Krisenfall klare Handlungsmaßnahmen, die sicherstellen, dass die Trinkwasserversorgung vor allen anderen Nutzungen steht. Im Plan werden lediglich verschiedene Szenarien dargestellt, wie Wasser eingespart werden kann. Im Falle von Engpässen haben die Bürgermeister:innen vor Ort zu entscheiden, wem wie viel Wasser zusteht. Dabei könnte es durchaus zu Spannungen in den Städten und Gemeinden kommen. Bürgermeister:innen werden in einen Interessenkonflikt gedrängt und müssen die schwierige Entscheidung treffen, wie viel Wasser von wem genutzt werden darf. Auch stellen sich dabei Haftungsfragen, wenn Nutzer:innengruppen das Wasser abgedreht wird und dabei ein Schaden entsteht. Es wäre umsichtiger und klüger, gäbe es seitens des Bundes klare Vorgaben, welche Branchen in welchem Szenario mit weniger Wasser auskommen müssen. Derzeit greift der Bund nur ein, wenn mehr als ein Bundesland von der Wasserkrise betroffen ist. Mit einer klaren Regelung, wie viel die Landwirtschaft und die Wirtschaft Wasser zu sparen haben, könnten die kommunale Ebene entlastet und potenzielle Konflikte in Zukunft vermieden werden.

Europäische Lösung gefordert

Neben nationalen Maßnahmen braucht es für eine öffentliche Wasserversorgung von hoher Qualität und zu leistbaren Preisen auch eine europäische Rahmenstrategie, einen EU Blue Deal. Ein solcher Pakt, der das Menschenrecht auf Wasser, die faire Verteilung der Wasserbestände sowie die Verbesserung der Wasserinfrastruktur in den Blick nimmt, Liberalisierungs- und Privatisierungsbestrebungen eine Absage erteilt und Forschung und Innovation stärkt, wurde jüngst vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gefordert. So weist beispielsweise das bestehende Wasserleitungsnetz in vielen Mitgliedstaaten durch Leckagen hohe Wasserverluste auf. Es braucht daher eine gründliche Bewertung der Infrastruktur und eine Ermittlung des Investitionsbedarfs. Ein eigener EU-Fonds könnte hier unterstützend wirken.

Zunächst hatte die Europäische Kommission diese Initiative aufgegriffen und eine Wasser-Resilienz-Initiative angekündigt. Diese wurde jedoch Berichten zufolge mittlerweile auf Eis gelegt. Es sieht nicht so aus, als würde es hier vor der anstehenden EU-Wahl zu weiteren Schritten kommen. Spätestens die nächste Kommission muss das Thema jedoch ganz oben auf die Agenda setzen. Ein eigener EU-Kommissar für das Ressort Wasser würde diesem Thema das nötige Gewicht geben. Denn die Klimakrise schreitet unaufhaltsam voran und macht einen „blauen Wandel“ unabdingbar.

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