Der burgenländische Weg – Highway in die Zukunft oder Irrweg?

21. August 2024

Beim Ausbau der Windkraft und Busverbindungen greift die burgenländische Landesregierung regulierend und gestaltend ein und bringt diese Bereiche unter ihre direkte Kontrolle. Sowohl bei der Stromerzeugung und -speicherung als auch beim Busverkehr verfolgt sie die Strategie, über eigene Tochtergesellschaften die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Die Bilanz bei der Erzeugung von nachhaltigem Strom ist bemerkenswert. Auch bei den Linienbussen sind erste Erfolge sichtbar. Der Sammeltaxidienst BAST kann als Vorbild einer flächendeckenden Mobilitätsgarantie gelten.

Energiewende Burgenland-Style

Im Burgenland soll bis zum Jahr 2030 so viel Energie aus erneuerbaren Quellen – vor allem aus Windkraft und Photovoltaik – produziert werden, dass die dann noch benötigte fossile Energie mengenmäßig kompensiert wird. Dieses Bundesland würde so viel „grüne“ Energie bereitstellen, wie es fossile verbraucht, und hätte damit bis 2030 eine bilanzielle Klima- und Energieneutralität hergestellt. Bereits im Jahr 1997 wurden im Burgenland die ersten Windräder installiert. Seither hat sich deren Anzahl auf 461 (Stand Ende 2023) mit einer Gesamtleistung von 1.411 MW erhöht. Dies entspricht 37 Prozent der österreichischen Windkraftleistung. Mit dieser jährlichen Stromproduktion können knapp eine Million Haushalte pro Jahr mit Elektrizität versorgt werden.

Innovationen – neue Projekte

Für die Zukunft ist geplant, weitere Windkraftanlagen an strategisch günstigen Standorten auszubauen und die Solarstromproduktion bis 2050 zu verzehnfachen. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Es gibt zudem den Anspruch, diesen Ausbau strukturiert und im Einklang mit den Gemeinden und dem Landschaftsschutz umzusetzen. Auch bei der Freiflächenphotovoltaik ist das Burgenland an erster Stelle. 1.300 Hektar Eignungszonen wurden für die Photovoltaik festgelegt. Im Jahr 2023 waren im Burgenland rund 10.000 Photovoltaikanlagen von Privatpersonen und Unternehmen im Betrieb. Darüber hinaus hat die Burgenland Energie in Schattendorf und Nickelsdorf Nord die größten Photovoltaikprojekte Österreichs in Betrieb genommen. Bei der Umsetzung dieser Projekte ist das landeseigene Unternehmen Burgenland Energie mit seinen rund 1.000 Beschäftigten – darunter 40 Lehrlingen – ein wichtiger Player.

Legislative Schritte für die Energiewende

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 den heimischen Gesamtstromverbrauch zu 100 Prozent national bilanziell aus erneuerbaren Energiequellen zu decken. In diesem Jahr muss Österreich das erste Zwischenziel zur Reduktion der Treibhausgase nach dem Europäischen Klimaschutzgesetz erreichen, sonst drohen Strafzahlungen. Die dafür notwendige gesetzliche Grundlage in Form des Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetzes (EABG) fehlt jedoch bisher auf Bundesebene. Das Burgenland hingegen verabschiedete bereits vor zwei Jahren die entsprechenden Gesetze (z. B. § 53a und § 53c des Raumplanungsgesetzes) und schuf damit wichtige legislative Schritte für die Energiewende.

Busverkehr

Mit der burgenländischen Gesamtverkehrsstrategie 2021 werden umfangreiche Mittel für die Neuaufstellung des Verkehrssystems im Burgenland bereitgestellt. Die Umsetzung konzentriert sich auf fünf Zukunftsthemen und wird über mehr als 140 Einzelmaßnahmen definiert. So soll auf die konkreten Mobilitätswünsche und ‑bedürfnisse der Bevölkerung eingegangen werden. Beispielsweise soll entlang von Achsen das Busangebot verdichtet werden. Um diesem Ziel näher zu kommen, hat das Land zwei Unternehmen gegründet: die Burgenländische Mobilitätsorganisationsgesellschaft mbH (BUMOG) und die Verkehrsbetriebe Burgenland GmbH (VBB).

Verkehrsbetriebe Burgenland (VBB)

Die Landestochter Verkehrsbetriebe Burgenland GmbH (VBB) plant die konkreten Busverkehre und führt sie auch durch. Die VBB wurden 2020 gegründet und startete im Jänner 2021 mit den ersten Buslinien. Derzeit beschäftigen die VBB rund 200 Beschäftigte, gestartet haben sie mit 15 Buslenker:innen. Der Fuhrpark umfasst heute mehr als 70 Busse und rund 90 Pkw mit unterschiedlicher Sitzplatzkapazität.

Ein häufiger Kritikpunkt an den Ausschreibungen des Verkehrsverbundes Ost-Region (VOR) war, dass die Möglichkeiten für Sozial- und Qualitätskriterien nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Der große Vorteil des burgenländischen Modells: Das Bundesland kann seine Aufträge direkt an den internen Betreiber vergeben und muss nicht ausschreiben. Dadurch kann es rasch auf veränderte Verkehrssituationen reagieren und beispielsweise Buslinien neu installieren oder abändern. Derzeit wird am neuen Mobilitätsgesetz gearbeitet und dieses wird im September 2024 in den Landtag eingebracht und im Oktober 2024 beschlossen.

Um den Bedarf an Buslenker:innen decken zu können, starteten die VBB eine medienwirksame Aktion, an der interessierte Personen eine Bus-Testfahrt machen durften. Die Kosten für die Ausbildung bei den VBB übernimmt das Unternehmen selbst, die Dauer beträgt 28 Tage. Die neuen Buslenker:innen müssen im Gegenzug 48 Monate für die VBB arbeiten.

BAST: Der Weg zur flächendeckenden Mobilitätsgarantie und zum Klimaschutz

Der öffentliche Linienverkehr wird durch das Burgenländische Anruf-Sammeltaxi (BAST) – Mikro-ÖV-System – ergänzt, bei dem die Fahrgäste auf Abruf bedient werden. BAST schließt die Lücken im öffentlichen Verkehrsnetz. Durch das BAST schafft das Land für die Menschen im Burgenland neue flexible Möglichkeiten, um das vorhandene Liniennetz zu nutzen und häufiger auf den privaten Pkw zu verzichten und somit die Umwelt zu schonen. Das Verkehrsangebot des Landes hat eine noch nie dagewesene Dimension, das vor allem Pendler:innen entlastet. Der Öffi-Ausbau bringt den Menschen finanzielle Vorteile, erhöht die Verkehrssicherheit und ist eine wesentliche Maßnahme gegen die Klimakrise.

Kinderkrankheiten bekämpfen

Der „fliegende Wechsel“ bei den Busbetreibern hatte so manche „Kinderkrankheit“ zur Folge. Bei einigen Pendler:innen kam es durch neue Linienführungen zu Verunsicherungen, daher wurde von den VBB eine Informationsoffensive sowie laufende Anpassungen initiiert. Es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis sich das ausgeweitete Mobilitätsangebot bei der Bevölkerung verfestigt. Durch die teilweise Abkoppelung vom Verkehrsverbund Ost-Region (VOR) und die neuen Aufgaben für die VBB sind noch viele Schritte zur Optimierung des Systems notwendig.

Arbeiterkammer und Verkehrsgewerkschaft vida für Verbesserungen

Die AK Burgenland sieht sich als Anlaufstelle für Pendler:innen und versucht weitere Verbesserungen durchzusetzen. Zugleich kämpft die zuständige Verkehrsgewerkschaft vida für die Anliegen der Buslenker:innen. Derzeit gibt es nämlich eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsbedingungen. Im Zuge der Umstrukturierung sollte es zu einer möglichst guten Vereinheitlichung kommen: Das betrifft die Kollektiv- und Dienstverträge und die mögliche Eingliederung in die Landesholding. All dies ist noch ungewiss und liegt in der Entscheidungsmacht der Beteiligten. Einen ersten Erfolg erreicht die vida Burgenland für die Buslenker:innen der VBB: Ein WC sowie ein Aufenthaltscontainer wurden in Rechnitz eröffnet. Dies ist ein erster kleiner Schritt für bessere Arbeitsbedingungen, weitere werden folgen.

Vorausschauende Energie- und Mobilitätswende – sozial verträglich

Das Burgenland zeigt, dass mit guter Planung eine bilanzielle Klima- und Energieneutralität möglich ist. Derzeit werden im Burgenland 5 Terawattstunden (TWh) an erneuerbarer Energie erzeugt. Bis 2030 sollen auch alle fossilen Energiequellen durch Sonnen- und Windenergie ersetzt werden. Das Burgenland geht über Windparks, Photovoltaik und Speicherinnovation erfolgreich den Weg, um bis 2030 bilanziell klimaneutral und energieautark zu sein.

Im Verkehrsbereich setzt das Burgenland auf einen guten Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Auch aus der kleinsten Gemeinde soll man mit dem öffentlichen Bus in eine andere Ortschaft kommen können. Für bessere Arbeitsbedingungen der Buslenker:innen wird gemeinsam mit der Gewerkschaft vida an Lösungen gearbeitet, damit ein guter öffentlicher Verkehr möglich ist. Der Wandel hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft und Gesellschaft soll und muss im Sinne der Menschen und der Wirtschaft sowie der nachfolgenden Generationen gestaltet werden, um eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für alle zu gewährleisten.

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