Abschaffung des Klima­bonus – Einkommens­verluste treffen insbesondere untere Einkommens­gruppen hart

23. Januar 2025

Die FPÖ-ÖVP-Verhandler:innen haben die ersten Schritte der geplanten Budgetkonsolidierung vorgestellt. Im ersten Jahr sollen bereits sechs Milliarden Euro gekürzt werden, wobei ein Drittel allein auf die Abschaffung des Klimabonus entfällt, der die Belastung durch die CO2-Bepreisung ausgleicht. Das bedeutet Einkommensverluste für alle, besonders aber für Menschen mit niedrigerem Einkommen sowie Familien und die Bevölkerung in ländlichen Regionen. Die Belastung durch die CO2-Bepreisung könnte künftig noch stark steigen – dann wäre ein sozialer Ausgleich noch dringlicher.

Was ist der Klimabonus?

Im Rahmen der ökosozialen Steuerreform wurde 2022 der Klimabonus gemeinsam mit der CO2-Bepreisung als Instrument zur Senkung des CO2-Ausstoßes eingeführt. Er soll die finanzielle Mehrbelastung durch die neue Abgabe abfedern, indem er die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gleichmäßig an die Bevölkerung zurückverteilt. Abhängig von der Region wurden im Jahr 2024 Beträge zwischen 145 und 290 Euro pro erwachsener Person ausgezahlt, für Minderjährige jeweils 50 Prozent.

Die Logik hinter dem Klimabonus: Personen, die weniger CO2emittieren, sollen mehr Geld zurückerhalten, als sie durch die CO2-Bepreisung zahlen, um Anreize für ein klimabewusstes Verhalten zu setzen. Generell soll er die politische Akzeptanz der CO2-Bepreisung erhöhen. Die regionale Staffelung sollte jene Personengruppen besonders kompensieren, die mangels öffentlicher Verkehrsmittel auf das Auto angewiesen sind und sich somit weniger umweltfreundlich verhalten können. Allerdings ist der regionale Bonus höher als die regionalen Mehrkosten, wie der Budgetdienst berechnet hat. Zudem bleiben Personen, die nicht selbst über ihr Heizsystem entscheiden können (das sind vor allem Mieter:innen mit fossilen Heizträgern in Städten) unberücksichtigt.

Abschaffung trifft Haushalte mit geringen Einkommen besonders hart

Die CO2-Steuer wirkt wie jede andere Konsumsteuer deutlich regressiv, was bedeutet, dass Personen mit niedrigem Einkommen im Verhältnis zu ihrem Einkommen stärker belastet werden. Obwohl Haushalte mit geringen Einkommen weniger Energie verbrauchen als solche mit hohen Einkommen, machen die Energiekosten einen viel größeren Anteil an ihrem Einkommen aus. Der Klimabonus sollte diese Schieflage ausgleichen, folglich trifft seine Abschaffung die einkommensschwächsten Gruppen am härtesten. Das unterste Einkommenszehntel verliert im Schnitt durch die Abschaffung 1,8 Prozent seines Haushaltseinkommens. Mit steigendem Einkommen sinkt die Bedeutung des Klimabonus und beträgt bei den bestverdienenden Haushalten im obersten Zehntel nur noch einen Bruchteil, nämlich 0,3 Prozent. Im Durchschnitt verlieren die Haushalte durch die Abschaffung des Klimabonus jährlich jeweils 457 Euro. Die Abschaffung des Klimabonus wirkt wie eine Massensteuer, die kleine Einkommen (relativ) am stärksten belastet.

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Einkommensverluste bei der ländlichen Bevölkerung und Familien am höchsten

Aufgrund der regionalen Staffelung erhalten Haushalte im ländlichen Raum derzeit deutlich mehr Geld durch den Klimabonus. Durch dessen ersatzlose Abschaffung verlieren Haushalte in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner:innen besonders viel: im Durchschnitt 609 Euro pro Jahr; das entspricht im Schnitt 1 Prozent ihres jährlichen Haushaltseinkommens. In Städten sind die Einkommensverluste geringer, da die Bewohner:innen aufgrund der besseren Erschließung mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur geringere Beträge erhalten. Weil der Klimabonus in halber Höhe auch an Kinder ausbezahlt wird, sind auch die Einkommensverluste bei Familien höher: Paare mit Kindern verlieren im Durchschnitt 715 Euro pro Jahr und somit 0,9 Prozent des Haushaltseinkommens. Auch Alleinerziehende, welche aufgrund von Sorgepflichten oftmals nur über geringe Einkünfte verfügen, verlieren mit durchschnittlich 421 Euro pro Jahr einen hohen Anteil ihres Einkommens.


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Belastung durch CO2-Bepreisung könnte künftig stark steigen

Der CO2-Preis muss für die Entfaltung seiner Lenkungswirkung steigen und das ist er auch in den vergangenen Jahren: von 30 Euro pro Tonne CO2im Jahr 2022 auf 55 Euro im Jahr 2025. Ab 2027 wird der nationale Emissionszertifikatehandel in den neu gestalteten EU-Emissionshandel 2 (EU-ETS 2) überführt. Im Vergleich zum bereits bestehenden EU-ETS 1 für die Bereiche Energieerzeugung und Schwerindustrie setzt der EU-ETS 2 deutlich strengere Emissionsminderungsziele und deckt künftig die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr ab. Mit der Einführung des EU-ETS 2 wird der CO2-Preis nicht mehr per Gesetz fixiert, sondern durch den freien Markt bestimmt. Dieses System basiert auf dem „Cap-and-Trade“-Prinzip, bei dem die zulässige Emissionsmenge jährlich linear reduziert wird, wodurch die Preise für Emissionszertifikate steigen. Diese freie CO2-Bepreisung macht die zukünftige Preisentwicklung schwer kalkulierbar.

Die tatsächliche Preisentwicklung wird maßgeblich von der Umsetzung weiterer Klimaschutzmaßnahmen abhängen. Prognosen des Kiel Institut für Weltwirtschaft und Cambridge Econometrics für den CO2-Preis im Jahr 2030 reichen von 48 Euro bis zu 300 Euro pro Tonne. Eine mögliche Versechsfachung des Preises stellt eine enorme Belastung für die Haushalte dar. Ein 4-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Gasverbrauch von 14.000 kWh wäre allein dadurch mit jährlichen Mehrkosten von bis zu 861 Euro (inklusive Umsatzsteuer) gegenüber 2024 konfrontiert. Eine zusätzliche Abhängigkeit von einem Pkw würde die Mehrkosten nochmals deutlich erhöhen. Der Klimabonus wäre in diesem Szenario ein wichtiger Bestandteil der Haushaltseinkommen geworden, der einen sozialen Ausgleich gewährleistet hätte.

Berechtigte Kritik

An der aktuellen Ausgestaltung des Klimabonus gibt es berechtigte Kritik, daher ist eine Reform durchaus gerechtfertigt. Die regionale Ausgestaltung adressiert etwa primär den Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, jedoch nicht den Umstand, ob Personen über ihre Heizträger frei entscheiden können. Eine zusätzliche Berücksichtigung durch einen Heizkostenzuschuss für kleine Einkommen hätte dabei Abhilfe schaffen können.

Zudem werden die Kosten des CO2-Preises derzeit überkompensiert. Anstatt den Klimabonus jedoch komplett abzuschaffen, hätte etwa nur die Überkompensation, die laut Schätzung des Fiskalrats im Jahr 2025 800 Mio. Euro betragen würde, reduziert werden können. Dadurch würde der Verlust im untersten Einkommensdezil nur 0,6 Prozent des Haushaltseinkommens betragen (113 Euro), im Gegensatz zu 1,8 Prozent (339 Euro), die bei der vollständigen Abschaffung des Klimabonus zu erwarten sind. Weiters könnten auch die Entlastungsmaßnahmen für Gewerbebetriebe und die Landwirtschaft gekürzt werden.

Der Einwand, dass der Klimabonus nach dem „Gießkannenprinzip“ an alle Haushalte, also auch an jene, die die finanzielle Belastung durch den CO2-Preis selbst gut stemmen können, verteilt wird, wurde bereits adressiert. 2024 wurde der Klimabonus ab einem monatlichen Brutto-Einkommen von ca. 6.660 Euro zum steuerpflichtigen Einkommen hinzugerechnet und damit besteuert. Diese Regelung ins Dauerrecht zu übernehmen wäre eine Reformmöglichkeit, die die Treffsicherheit des Bonus erhöht und zudem auf sozial gerechtere Art und Weise zur Budgetkonsolidierung beiträgt.

Eine ebenfalls diskutierte Reform besteht darin, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für einen rascheren Ausbau des öffentlichen Verkehrs und sauberer Energie zu nutzen, um die Strukturen für ein klimafreundliches Leben zu schaffen. Eine entsprechende Umsetzung von dringend notwendigen Investitionsprojekten wurde zumindest für das Jahr 2025 von FPÖ und ÖVP ausgeschlossen.

Fazit: Reform statt Abschaffung

Die künftige Entwicklung des CO2-Preises ist unklar, er könnte sich laut Prognose jedoch vervielfachen. Die Abschaffung des Klimabonus wirkt wie eine Massensteuererhöhung und führt künftig zu noch kräftigeren Einkommensverlusten für die breite Bevölkerung, vor allem wird sich jedoch die Situation für einkommensschwache Haushalte verschlechtern. Damit sind jene am stärksten betroffen, die keine zusätzliche finanzielle Belastung stemmen können oder derzeit keine Möglichkeiten haben, auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Auch eine Reform des Klimabonus in Hinblick auf die Überkompensation, bei einer gleichzeitigen Berücksichtigung von Personen, die derzeit noch von fossilen Brennstoffen abhängig sind, wäre ein gangbarer Weg gewesen. Bezeichnend ist überdies, dass die Ausgleichsmaßnahmen für Landwirtschaft und Unternehmen nicht angetastet werden.

Die CO2-Bepreisung und der Klimabonus sind eng miteinander verbundene Maßnahmen, die gemeinsam sicherstellen sollen, dass der ökologische Umbau der Wirtschaft sozial gerecht gestaltet wird. Den Klimabonus zum Ziel der Budgetsanierung abzuschaffen verstärkt die soziale Schieflage in Österreich. Das Fehlen einer sozialen Abfederung könnte zudem die breite Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen gefährden. Klimaschutz gelingt jedoch nur, wenn er von den Vielen unterstützt wird.

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