Die österreichische Wirtschaft ist in den vergangenen Jahren kaum gewachsen. Insbesondere der private Konsum, der mit Abstand den höchsten Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Nachfrage leistet, ist seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 nur wenig gestiegen. Dies ist Teil einer längerfristigen Entwicklung: Schon in den 15 Jahren vor der Krise war das Konsumwachstum relativ schwach. Wichtige Ursachen dafür sind eine schwache Lohnentwicklung und eine immer ungleicher werdende Verteilung der Einkommen auf die Bevölkerung. Wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur sollten daher auf eine Erhöhung der Einkommen in den ärmeren Haushalten abzielen.
Sparquote abhängig vom Haushaltseinkommen
Der Anteil des Einkommens, den ein Haushalt für seinen Konsum verwendet, hängt von dessen Höhe ab. Ärmere Haushalte müssen einen größeren Anteil ihres verfügbaren Einkommens für die Deckung der notwendigen Bedürfnisse wie Wohnen, Essen und Bekleidung aufwenden als reichere. Ihre Konsumquote – das Spiegelbild der Sparquote – ist daher hoch. Mit steigendem Einkommen sind die Grundbedürfnisse dann zunehmend gedeckt; die Konsumquote nimmt ab, die Ersparnisbildung zu. Ein Anstieg der Einkommen des untersten Haushaltsdrittels hat damit – bei gleichem Gesamtvolumen – einen deutlich größeren Effekt auf die Konsumausgaben – und somit auch auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage – als einer der oberen Einkommen.
Auswertungen der Daten aus der Konsumerhebung für Österreich zeigen, dass die Konsumquote des untersten Haushaltsdrittels sogar größer als eins ist. Das unterste Haushaltsdrittel konsumiert also mehr als ihm an Einkommen zur Verfügung steht. Für einen einzelnen Haushalt ist das (langfristig) unplausibel, weil er einer gewissen Kreditbeschränkung unterliegt und seine Rücklagen begrenzt sind. Während er also nicht dauerhaft mehr konsumieren kann als er an Einkommen erzielt, ohne an die Grenzen seiner Verschuldung zu stoßen, gilt dies nicht für die Haushalte in ihrer Gesamtheit: Im unteren Einkommensdrittel befinden sich zu jeder Zeit sowohl schuldenaufnehmende als auch schuldenabbauende Haushalte, wobei erstere überwiegen; die Gesamtverschuldung der Haushalte in dieser Gruppe steigt daher kontinuierlich.
Haushalte im obersten Einkommensdrittel weisen hingegen im Durchschnitt eine relativ hohe Sparquote aus. Insgesamt wächst in dieser Einkommensgruppe das Vermögen ständig weiter an.
Gesamtwirtschaftliche Konsumneigung abhängig von Verteilung und Zeithorizont
Will man die konkreten Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte untersuchen, so müssen die unterschiedlichen Konsumneigungen der verschiedenen Einkommensgruppen berücksichtig werden. In dem vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) verwendeten Simulationsmodell wird dem Rechnung getragen, indem für jedes der drei Einkommensterzile eine unterschiedliche Konsumfunktion abgebildet wird. Die langfristigen Konsumneigungen wurden dabei auf Basis der Konsumerhebung für 2010 errechnet.