Rekordhoch: 42 Prozent Einkommensplus in der Landwirtschaft im Jahr 2022 – Größere Betriebe profitieren stärker

14. September 2023

Ein Einkommensplus von 42 Prozent für die Landwirtschaft im Jahr 2022 – das ist das zentrale Ergebnis der Berechnungen im neuesten „Grüner Bericht“ des Landwirtschaftsministeriums. Gründe dafür waren allen voran die außergewöhnlich hohen Agrarpreise und zusätzliche Subventionen im Jahr 2022. Auch als Folge davon haben sich die Einkommensunterschiede innerhalb der Landwirtschaft weiter verschärft.  

Welche Betriebe hatten die höchsten Einkommenszuwächse pro Familienarbeitskraft?

Alle Berechnungen bestätigen die höchsten Einkommenszuwächse pro Familienarbeitskraft in den größeren Betrieben. Demnach ist das pro-Kopf-Einkommen in den größeren Betrieben mehr als vier Mal so stark gestiegen als in kleineren Betrieben. Zu den Großbetrieben gibt es keine Daten. Bei den hier angeführten Spezialbetrieben zeigt sich ein ähnliches Bild. Das höchste Einkommensplus pro Kopf wurde mit 42.105 Euro in den größeren Getreidebetrieben erzielt. Das Pro-Kopf-Einkommen der Bergbauer:innen konnte im Durchschnitt um 7.824 Euro zulegen, während im Vergleich dazu in den Nichtbergbauernbetrieben 13.186 Euro mehr Einkommen erzielt wurde. Doch nicht nur diese Einkommenszuwächse im Jahr 2022 sind bemerkenswert. Denn die Einkommen pro Kopf überschritten dadurch in manchen Betriebszweigen die 100.000 Euro-Grenze. So konnten die größeren Getreidebetriebe 117.508 Euro und die größeren Ackerbaubetriebe 102.880 Euro an durchschnittlichem pro-Kopf-Einkommen im Jahr 2022 erzielen.

Wer hatte im Jahr 2022 die höchsten Einkommenszuwächse?

Einkommensplus im Jahr 2022
pro Familienarbeitskraft
BetriebeEuro
Durchschnitt aller Betriebe10.390
Großbetriebekeine Daten
größere Betriebe18.801
mittlere Betriebe8.229
kleinere Betriebe4.312
spezialisierte Schweinebetriebe
größere21.652
mittlere7.605
spezialisierte Milchviehbetriebe
größere18.411
kleinere8.021
spezialisierte Ackerbaubetriebe
größere35.661
kleinere8.288
spezialisierte Getreidebetriebe
größere42.105
kleinere18.687
spezialisierte Rindermastbetriebe
größere35.304
mittlere16.078
Nichtbergbauern13.186
Bergbauern7.824
Quelle: Güner Bericht 2022 und 2023, div Tabellen, eigene Berechnungen, ausgewählte Betriebstypen

Einkommens-Viertel: unten Verluste und oben deutliche Gewinne

Nicht jeder Betrieb legte im selben Ausmaß zu – die 42 Prozent gelten für den Durchschnitt aller Betriebe. Die Grafik zu den durchschnittlichen Pro-Kopf Einkommen zeigt deutlich, wie stark die Einkommen auseinanderklaffen. Das erste Viertel, d.h. die unteren 25 Prozent der Einkommen in der Landwirtschaft, hatte im Jahr 2022 über den Durchschnitt dieser Gruppe berechnet ein negatives Einkommen in der Höhe von 3.246 Euro. 2021 betrug dieser Verlust noch 6.496 Euro. Das bedeutet, dass das untere Einkommensviertel seine Einkommenssituation 2022 gegenüber 2021 um 3.250 Euro verbessern und damit den Verlust halbieren konnte – aber dennoch ein negatives Einkommen verzeichnete. Hingegen erzielte das obere Einkommensviertel im Durchschnitt ein Pro-Kopf-Einkommen von 85.714 Euro. Das Plus von 2021 auf 2022 betrug für diese 25 Prozent der oberen Einkommensbezieher:innen im Schnitt 22.852 Euro. Dabei ist zu erwähnen, dass bei der Berechnung im „Grüner Bericht“ Großbetriebe mit einem Standardoutput von mehr als 350.000 Euro nicht berücksichtigt wurden und daher nicht im Ergebnis inkludiert sind. Die Ergebnisse zeigen trotzdem deutlich, dass das obere Viertel pro Kopf stärker vom großen Einkommensplus im Jahr 2022 profitieren konnte.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Hochalpengebiet und Nordöstliches Flach- und Hügelland

Diese zwei Produktionsgebiete trennen nicht nur geografische Unterschiede. Dass die Betriebseinkommen in den Gunstlagen – Nordöstliches (Nö) Flach- und Hügelland – in Niederösterreich höher liegen als im Hochalpengebiet wird nicht verwundern, insbesondere wegen der unterschiedlichen Betriebsgrößen. Daher ist ein Vergleich nur zulässig, wenn auf das Pro-Kopf-Einkommen heruntergebrochen wird. Die Viertel-Einkommensgruppen dieser zwei Produktionsgebiete zeigen deutlich, wie groß die Kluft zwischen den Einkommen in der Landwirtschaft ist. Das obere Viertel im Nö Flach- und Hügelland konnte 2022 im Durchschnitt ein Pro-Kopf-Einkommen von 123.990 Euro erzielen. Dabei betrug der Einkommenszuwachs von 2021 auf 2022 erstaunliche 29.090 Euro. Dieselbe Einkommensklasse der 25 Prozent mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen im Hochalpengebiet hatte ein Durchschnittseinkommen von 50.425 Euro mit einem Einkommenszuwachs von 2021 auf 2022 in der Höhe von 9.481 Euro. Dieser Vergleich zeigt deutlich, dass die höheren Einkommen in der Landwirtschaft viel stärker vom Einkommenszuwachs profitieren konnten und dadurch die Einkommensunterschiede noch größer geworden sind.

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Haushaltseinkommen: höhere Einkommen mit Schwerpunkt Landwirtschaft

Viele landwirtschaftliche Haushalte leben nicht ausschließlich vom landwirtschaftlichen Einkommen. Daher lässt sich die Grundgesamtheit der Landwirtschaftsbetriebe je nach Schwerpunkt der Tätigkeiten in zwei Gruppen einteilen. Das sind zum einen die Haupterwerbsbetriebe mit „überwiegend land- und forstwirtschaftlichen Einkünften“ und zum anderen die Nebenerwerbsbetriebe mit „überwiegend außerlandwirtschaftlichen Einkommen“. Im Durchschnitt lag das Netto-Haushaltseinkommen über alle landwirtschaftlichen Haushalte gerechnet (Haupt- und Nebenerwerb zusammen betrachtet) bei 62.565 Euro. Wie die Grafik zeigt, hatten die Haupterwerbsbetriebe mit 79.238 Euro durch das deutlich höhere Einkommen aus der Landwirtschaft ein um 16.673 Euro höheres Haushaltseinkommen als der Durchschnitt. Es lag damit um 57 Prozent über dem Haushaltseinkommen der Nebenerwerbsbetriebe (45.049 Euro), die überwiegend von unselbstständigen Einkommen leben und zusätzlich eine kleinere Landwirtschaft betreiben.

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Zusätzliche Subventionen – agrarpolitische Fehlentscheidung

In guten Jahren braucht es keine Finanzhilfen des Staates. Das könnte ein Leitsatz sein, der auch für die Agrarpolitik gelten sollte. Dass die Einkommensentwicklung im Jahr 2022 auch ohne zusätzliche Subventionen günstig für die Landwirtschaft sein wird, war im Jahr 2022 relativ früh erkennbar, (Förderungen trotz hoher Gewinne in der Landwirtschaft – A&W Blog) jedenfalls bevor die politischen Beschlüsse für weitere nationale Finanzhilfen getroffen wurden. Die Agrarpreise stiegen bereits im ersten Halbjahr 2022 kräftig an, während die Summe der Produktionskosten viel weniger zulegte. So war bereits im Mai 2022 im AMA-Getreidebericht zu lesen, dass der Preis für Weizen um 79 Prozent gestiegen war (AMA Getreidebericht 05_2022.pdf). Der „Grüne Bericht“ zeigt, dass durch die zusätzlichen Finanzhilfen aus dem Bundesbudget die Subventionen gegenüber 2021 um durchschnittlich 10 Prozent stiegen, wobei auch hier erkennbar ist, dass Betriebe mit hohem Einkommen mehr profitierten. Spezialisierte Schweinebetriebe mit überdurchschnittlich höheren Einkommen, erhielten um 35 Prozent höhere Subventionen, größere Betriebe insgesamt um 18 Prozent mehr, während kleinere Betriebe lediglich um 6 Prozent höhere Subventionen erhielten.

Fazit

Im Jahr 2022 erzielten die landwirtschaftlichen Betriebe ein außergewöhnlich hohes Einkommensplus von 42 Prozent – im Durchschnitt – wobei die unteren Einkommen weniger stark profitieren. Im Zuge dieser enormen Einkommenssteigerungen wurden in der Landwirtschaft die Einkommensunterschiede daher nicht verringert, sondern, im Gegenteil, noch weiter vergrößert.

Aus agrarpolitischer Sicht sind vor allem die zusätzlichen Subventionen, die die Regierung unter dem Titel der Teuerung verteilte, doppelt kritikwürdig. Einerseits, weil die Erhöhung von Produktionskosten durch höhere Verkaufspreise, also Einnahmen, ohnehin erwirtschaftet werden konnte und daher durch die zusätzlichen Subventionen überkompensiert wurde. Andererseits wurde dadurch ein Einkommensniveau geschaffen, das für das laufende Jahr 2023 kaum erreichbar sein wird, da die im Jahr 2022 exorbitant gestiegenen Agrarpreise aufgrund der Marktlage nicht gehalten werden können. Der Ruf nach weiteren Subventionen wird dadurch laut. Ein bedarfsgerechter Einsatz öffentlicher Mittel sollte hingegen einerseits helfen, die hohen Einkommensunterschiede zu verringern. Andererseits sollte die Mittelvergabe auch zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Schließlich verlangt ein öffentlicher Mitteleinsatz nach Sparsamkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit.