Teuerung bringt Landwirtschaft hohe Gewinnsteigerung – mit pauschalen Förderungen drohen Übergewinne

21. Dezember 2022

In ihrer neuesten Schätzung berechnet die Statistik Austria für das landwirtschaftliche Faktoreinkommen 2022 eine Steigerung von 25,6 Prozent (Landwirtschaftliche Gesamtrechnung). Das ist umso bemerkenswerter, als schon im Jahr davor ungewöhnlich hohe Einkommenssteigerungen festgestellt wurden und der neuerliche Zuwachs von einem hohen Niveau ausgeht. Das Landwirtschaftsministerium hatte bereits für das Jahr 2021 Steigerungen der landwirtschaftlichen Einkommen von durchschnittlich 15 Prozent und für spezielle Produktionssparten eine Erhöhung von 40 Prozent veröffentlicht. Trotzdem werden jetzt – in einer Zeit höchster Gewinne – zusätzliche Fördergelder verteilt.

Hohe Agrarpreise treiben auch Lebensmittelpreise in die Höhe

Auch die vor wenigen Tagen erschienene Studie des Ifo-Instituts in Deutschland zeigt deutlich, dass bestimmte Betriebe und Branchen – darunter auch die Landwirtschaft – die Teuerung für hohe Gewinnsteigerungen nutzen konnten. Die hohen Lebensmittelpreise sind zu einem Teil durch die enorm gestiegenen Agrarpreise erklärbar, von denen die Landwirtschaftsbetriebe profitieren. Die Preise für fast alle Agrarprodukte erzielten in den Jahren 2021 und 2022 auch in Österreich Rekordwerte, wie die Grafik deutlich zeigt.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Andererseits stehen den preisbedingt hohen Einnahmen bekanntlich auch höhere Kosten für die Produktion gegenüber. Alle Berechnungen zeigen jedoch eindeutig: Die gestiegenen Produktionskosten konnten durch die Verkaufserlöse mehr als gedeckt werden.

Anteil der Energie- und Düngerkosten im einstelligen Bereich

In der politischen Debatte zur Begründung neuer Fördergelder ist vor allem von den teuren Düngemitteln, Energiekosten und Futtermitteln die Rede. Dabei sollte jedoch differenziert werden, denn von den hohen Futtermittelkosten profitieren ja ebenfalls Agrarproduzent:innen, nämlich jene, die ihre Ernte als Futtermittel teuer an die tierhaltenden Betriebe verkaufen können. Diese Entwicklung verschafft den „Körndlbauern“ höhere Einnahmen, während die „Hörndlbauern“ tiefer in die Tasche greifen müssen, sofern sie nicht über ausreichend eigene Futterflächen verfügen. In der Tiermast gab es in letzter Zeit häufig sogar Überlegungen, diese einzustellen. Konnte man doch zeitweise mit dem direkten Verkauf des Getreides höhere Gewinne erzielen, als wenn man es verfütterte und danach die damit gemästeten Schweine, Rinder oder Hühner verkaufte. Anders ist die Betrachtung bei Energie und Düngemitteln, die abseits der selbst produzierten, erneuerbaren Energie zugekauft werden müssen. Allerdings liegt der Anteil der Kosten an den Gesamtkosten deutlich im einstelligen Bereich, zumindest für den Durchschnitt der Betriebe, wie die Grafik zeigt.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Umso erstaunlicher ist es deshalb, dass die vielen speziellen „Teuerungspakete“ für die Landwirtschaft mit der Kostensteigerung bestimmter Betriebsmittel wie Dünger und Energie argumentiert werden, die nur einen geringen Anteil an den Gesamtausgaben haben. Völlig außer Acht gelassen wird dabei, dass die Einnahmen aus dem Verkauf der produzierten Waren sehr viel höher sind als vor der Energieteuerung.

Überförderung durch zusätzliche Fördergelder

Wenn also alle Daten darauf hinweisen, dass manche Branchen in dieser Zeit der extremen Teuerung sehr gut verdient haben, sollten diese nicht auch noch mit zusätzlichen Zahlungen aus dem Steuertopf überfördert werden. Aber genau das wurde bereits gemacht und ist weiterhin geplant. Denn das Landwirtschaftsministerium gewährt in seinen Sonderrichtlinien folgende zusätzliche Fördergelder:

  • Teuerungsausgleich“ wird am 21. Dezember 2022 ausbezahlt: 110 Millionen Euro werden dabei pauschal – egal ob der Betrieb hohe Gewinne gemacht hat oder tatsächlich ein Verlust erwirtschaftet wurde – nach Fläche und Tierzahl an jeden Landwirtschaftsbetrieb ausbezahlt. Großbetriebe bekommen daher die höchsten Summen. Das Geld stammt aus nationalen Steuergeldern (Bundesbudget).
  • Stromkostenzuschuss für die Landwirtschaft“ (Totschnig: 120 Millionen Euro Stromkostenzuschuss für die Landwirtschaft ist fertig) wird im 2. Quartal 2023 ausbezahlt: 120 Millionen Euro werden pauschal und zudem verbrauchsabhängig ausbezahlt und stammen ebenfalls aus nationalen Fördermitteln (Bundesbudget). Ob der Betrieb die höheren Stromkosten möglicherweise ohnehin durch höhere Verkaufserlöse erwirtschaften konnte, wird nicht geprüft.
  • Außergewöhnliche Anpassungshilfein Höhe von 9 Millionen wurde im September 2022 ausbezahlt (EU-Mittel): Ziel war es, die Gemüseproduktion – allen voran die Glashausbesitzer:innen – zu unterstützen. Leider war die Aufrechterhaltung der Produktion keine Bedingung, die an den Erhalt der Zahlung geknüpft war. Einige Gemüsebetriebe haben daraufhin ihre Produktion im Winter eingestellt.
  • Temporäre Agrardieselvergütungin Höhe von 30 Millionen Euro wird im April 2023 aus dem Bundesbudget ausbezahlt: Es handelt sich erneut um pauschale Beträge pro Hektar Land- und Forstfläche. Das heißt, Großbetriebe erhalten die höchsten Beträge, unabhängig von möglichen Gewinnsteigerungen durch die hohen Preise für Holz und Agrarprodukte. Basis ist eine Durchführungsverordnung des Bundesministeriums für Finanzen.

Besonders problematisch ist es, dass diese hohen zusätzlichen Fördergelder jetzt, also in einer Phase hoher Agrarpreise, ausbezahlt werden. Vieles deutet aber darauf hin, dass diese Rekordpreise nicht zu halten sind. Vorhersehbar ist daher, dass die Agrarpreise nicht auf diesem hohen Niveau bleiben, sondern in den Jahren 2023 und 2024 sinken bzw. teilweise abstürzen werden. Die Einkommen werden damit auf hohem Niveau stagnieren oder könnten möglicherweise sinken. Damit sind die nächsten Rufe nach weiteren Fördergeldern bereits vorprogrammiert.

Fazit:

Die enorm gestiegenen Agrarpreise tragen zu kräftigen Einkommenszuwächsen in der Landwirtschaft bei. Gestiegene Produktionskosten für Energie und Düngemittel werden dadurch mehr als ausgeglichen. Zusätzliche pauschale Fördergelder für einen sogenannten Kostenausgleich führen zu einer Überförderung bzw. zu noch höheren Gewinnen. Steuergelder (die noch dazu zu 80 Prozent von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen geleistet werden) sollten aber sparsam und gezielt eingesetzt werden. Zudem zahlen Konsument:innen doppelt, zum einen durch die höheren Lebensmittelpreise und zum anderen durch die Steuern, mit denen die Fördergelder bezahlt werden. Deshalb fordert die Arbeiterkammer:

  • Überförderung stoppen! Treffsichere Unterstützungen für jene, die sie tatsächlich brauchen. Betriebe und Branchen, die von den Preissteigerungen profitieren, sollten keine Förderungen erhalten, da damit ihre Gewinne mit unseren Steuergeldern zusätzlich gesteigert werden.
  • Förderungen, die im Namen der „Versorgungssicherheit“ gewährt werden, müssen auch tatsächlich für die Lebensmittelversorgung eingesetzt werden.
  • Transparenz für Konsument:innen, damit sie keine überhöhten Preise bezahlen müssen. Eine Antiteuerungskommission muss eingesetzt werden.
  • Eine Untersuchung der Preise landwirtschaftlicher Produkte für Österreich, wie sie das Ifo in Deutschland gemacht hat.
  • Die Untersuchung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) zur Teuerung sollte die gestiegenen Agrarpreise einbeziehen.
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