Blackbox Landesbudget

25. Januar 2022

Das Vertrauen der Österreicher/-innen in das politische System ist nach der Inseratenaffäre auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Mehr Licht ins Dunkel der politischen Vorgänge ist also gefragt. Anlässlich der Präsentation des oberösterreichischen Landesbudgets orten wir auch hier den dringenden Bedarf an mehr Transparenz und Oppositionsrechten. Ein Budgetdienst des Landes könnte hier eine wichtige Katalysatorrolle spielen. Unsere Ergebnisse und Empfehlungen lassen sich im Wesentlichen auf alle Bundesländer umlegen.

Vertrauen der Österreicher/-innen in die Politik auf Tiefstand

Jährlich erhebt das SORA Institut mit seinem Österreichischen Demokratie Monitor das Vertrauen der heimischen Bevölkerung in das politische System. Das Ergebnis der letzten Umfrage Ende 2021 zeigt, dass dieses angesichts der Unzufriedenheit mit dem Pandemiemanagement und im Nachgang zur Inseratenaffäre an einem neuen Tiefpunkt angelangt ist. So sind fast 60 Prozent überzeugt, dass das politische System in Österreich weniger gut beziehungsweise gar nicht gut funktioniert. Außerdem glauben 90 Prozent der Befragten, dass die österreichische Politik ein Korruptionsproblem hat.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Zur Stärkung der Demokratie fordern 64 Prozent der Befragten mehr Transparenz des Regierungshandelns, und 40 Prozent treten für mehr Oppositionsrechte zur Kontrolle der Regierung ein. Nach Begutachtung des oberösterreichischen Landesbudgets sehen wir auch hier den dringenden Bedarf an mehr Transparenz und Kontrollmöglichkeiten.

Landesbudget muss demokratischer werden

Die Erstellung eines klaren und nachvollziehbaren Budgets ist aus demokratiepolitischen Gründen unerlässlich. Es zeigt die geplante Verwendung der Steuereinnahmen, die in Österreich zu rund 80 Prozent von den Arbeitnehmern/-innen und Konsumenten/-innen geleistet werden. Die hier lebenden Menschen haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihren Abgaben und Steuern – auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene – passiert und welche konkreten Vorhaben geplant sind.

Dabei genügt es nicht, ein umfangreiches Zahlenwerk, das im Falle des oberösterreichischen Landesbudgets einem regelrechten Datenfriedhof gleicht, zugänglich zu machen. Vielmehr ist das Budget so zu präsentieren, dass sich politisch Interessierte mit einem vernünftigen Zeitaufwand ein Bild darüber machen können, was in diesem Land vorgeht und welche wesentlichen Projekte hinter den Zahlen stecken.

Hoffnungsschimmer Reform 2015 bringt kaum Verbesserung

Welche Form und Gliederung die Budgets und Rechnungsabschlüsse von Ländern und Gemeinden aufzuweisen haben, ist in der Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV 2015) des Bundesministeriums für Finanzen geregelt. Diese Verordnung löste die VRV 1997 mit dem Ziel ab, den geänderten Anforderungen an ein modernes Rechnungswesen gerecht zu werden, um ein möglichst getreues, vollständiges und einheitliches Bild der finanziellen Lage aller Gebietskörperschaften zu erhalten. Erstmals wurde die VRV 2015 im Finanzjahr 2020 von allen Bundesländern umgesetzt.

Die dadurch erhoffte verbesserte Vergleichbarkeit der Finanzgebarung der einzelnen Bundesländer ist leider nicht eingetreten. Das erste Fazit bleibt ernüchternd: Die VRV 2015 brachte keine Abhilfe für die unterschiedliche Ausgestaltung von Einnahmen und Ausgaben in den einzelnen Bundesländern, wodurch Ländervergleiche weiterhin schwierig bleiben. So lassen Bundesländer teilweise Investitionen über ausgelagerte Einheiten laufen. Zudem sind Aufgaben zwischen Land und Gemeinden in den Bundesländern unterschiedlich aufgeteilt. Zum Beispiel werden in Oberösterreich Investitionen im Pflegebereich von den Gemeinden, in anderen Ländern vom Land übernommen. Hier wäre eine bundesweit einheitliche Regelung wünschenswert, die klar festlegt, wer welche Aufgaben trägt und wer sie finanziert.

Landesbudgets spielen nur zweite Geige

Während das Bundesbudget einem umfassenden öffentlichen Analyseprozess unterliegt und viel mediale Aufmerksamkeit erlangt, werden die Budgets der Länder von der breiten Öffentlichkeit relativ wenig beachtet. Mögliche Hauptgründe dafür sehen wir in ihrer ungenügenden Darstellung und Erläuterung durch die Landesregierungen. Für Transparenz ist es wichtig, dass das in der Regel sehr umfangreiche Zahlenmaterial als Grundlage für eine öffentlich geführte Budgetdebatte dient, in deren Vorfeld die Landesregierung ihr mit dem Budget finanziertes Programm ausführlich erklärt. Erhebliche betragliche Änderungen im Vergleich zur Vorperiode und die weitere mittelfristige Entwicklung sollten Ressort für Ressort erläutert werden.

Landesbudgetdienst für mehr Transparenz

Der Budgetdienst des Bundes gilt als demokratiepolitisch wichtige regierungsunabhängige Institution zur Analyse des Bundesbudgets. Seine profunden fachlichen Auswertungen stärken die Kontrollrechte des Nationalrates und machen das Budget für die Parlamentsabgeordneten und die breite Öffentlichkeit transparenter. Analog dazu empfehlen wir die Einrichtung von unabhängigen Budgetdiensten in den Bundesländern. An diese könnten sich die Landtagsabgeordneten in Ausübung ihres Kontrollrechts gegenüber der Landesregierung bei Fragen zu Voranschlag oder Rechnungsabschluss wenden. Die Analysen dieses Landesbudgetdienstes sollten öffentlich zugänglich gemacht werden, um auch für die breite Öffentlichkeit mehr Transparenz zu bieten.

Mehr Licht in die „Blackbox“ Landesbeteiligungen

Viel Geld fließt in Landesbeteiligungen. Was dort anschließend damit passiert, bleibt oft im Verborgenen. Deshalb sind auch die Beteiligungen der Länder aufgerufen, mehr Licht ins Dunkel zu bringen. So sollten die Beteiligungsgesellschaften (und deren konzernverbundene Unternehmen) des Landes verpflichtet werden, ihre ausführlichen Jahresabschlüsse samt Lagebericht auf ihren Homepages zu veröffentlichen.

Dem Datenfriedhof Leben einhauchen

Die Daten sollten zudem deutlich benutzerfreundlicher aufbereitet werden und eine zeitgemäße Form der Weiterverarbeitung und Analyse ermöglichen. Oberösterreich etwa veröffentlicht seine Voranschläge in Form von PDF-Dateien, die eine tiefergehende Analyse zu einem Knochenjob machen. Eine Verbesserung wäre hier schon die Veröffentlichung in Form von Excel-Dateien, wie das etwa die Tiroler Landesregierung bereits macht.

Stopp dem Transfer-Wirrwarr

Die vielfältigen Transferbeziehungen zwischen Land und Gemeinden machen eine umfassende Analyse des Landesbudgets zu einer Herkulesaufgabe. Zu diesem Schluss kommt auch der oberösterreichische Landesrechnungshof (LRH), der in seinem Bericht zum Rechnungsabschluss 2020 des Landes OÖ feststellt, dass die Transferbeziehungen zwischen dem Land und den Gemeinden bzw. den Gemeindeverbänden im Sinne der Effizienz entflochten werden sollten. Nach Meinung des LRH sollte es dabei das Ziel sein, die Aufgabenverantwortung und -finanzierung in einer Hand zu konzentrieren. Ähnlich sieht das auch das KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung und regt eine grundlegende Diskussion über die Gestaltung des Finanzausgleichs zwischen den Gebietskörperschaften an. Eine Forderung, der wir uns vollinhaltlich anschließen können.

Unsere Empfehlungen:

  • Detaillierte Offenlegung aller geplanten direkt oder indirekt durch das Land oder seine Beteiligungen finanzierten Projekte.
  • Einrichtung von Landesbudgetdiensten als unabhängige Institutionen zur Darstellung und Analyse der Landesfinanzen.
  • Verpflichtende Veröffentlichung der Jahresabschlüsse und Lageberichte der Landesbeteiligungen.
  • Veröffentlichung der Budgets in einem benutzerfreundlichen Format.
  • Entflechtung der Transferbeziehungen zwischen Ländern und Gemeinden.
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