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Rund zwei Drittel aller Beschäftigten in Österreich arbeiten an Standorten mit mehr als 50 Kolleg:innen, werden also von dieser Untersuchung erfasst. Bundesweit fallen ca. die Hälfte aller Standorte in die sehr guten Erreichbarkeitsklassen A und B. Doch die regionalen Unterschiede sind sehr groß: Während das in Wien für 93 Prozent der Standorte zutrifft, ist dies im Burgenland, Kärnten und Niederösterreich nur bei einem Fünftel der Fall. Unter den Bezirken mit schlechter Arbeitsplatzanbindung sticht das weststeirische Deutschlandsberg besonders negativ hervor. Gut ein Drittel aller Standorte mit mindestens 50 Arbeitsplätzen liegen in folgenden Bezirken außerhalb jeder Öffi-Versorgung: Eisenstadt-Land, Güssing, Jennersdorf (alle Burgenland), Villach-Land (Kärnten), Wiener Neustadt-Land (NÖ) sowie Südoststeiermark.
Bei Arbeitsplätzen fernab jeglicher Öffi-Anbindung gibt es zahlreiche Möglichkeiten für Verbesserungen: So können Unternehmen Shuttlebusse zum nächsten Bahnhof organisieren, Fahrgemeinschaften fördern, die Möglichkeiten für Radfahrer*innen verbessern (Abstellplätze und Ladestationen, Duschen) oder auch arbeitnehmer:innenfreundliche Homeoffice-Regelungen zulassen.
Ein Fallbeispiel für Homeoffice
Homeoffice hat bekanntermaßen Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite ersparen sich die Beschäftigten Arbeitswege, was eine zeitliche, finanzielle und auch ökologische Entlastung darstellt. Die Erwerbsarbeit ist aufgrund erhöhter Flexibilität und der erwähnten Zeiteinsparungen mit anderen Aufgaben (z. B. Kinderbetreuung) oder Vorlieben (z. B. Joggen vor dem Arbeitsbeginn) besser unter einen Hut zu bringen. Andererseits würde man bei Homeoffice eine gute Arbeitsplatzergonomie und eine vom Arbeitgeber finanzierte IT-Ausstattung benötigen, um nicht durch Fehlhaltungen krank zu werden oder auf den Kosten sitzen zu bleiben. Häufig verschwimmen die Bereiche Job und Freizeit. Mitarbeiter:innen sind also gefordert, strikte Grenzen zwischen Arbeitszeit und Erholung zu setzen (Stichwort: Vermeidung permanenter Erreichbarkeit). Und natürlich leidet auch der persönliche Gedanken- und Erfahrungsaustausch mit den Kolleg:innen darunter.
Für einen Betrieb eines Technologieunternehmens, der in einer österreichischen Landeshauptstadt ansässig ist, hat der zuständige Betriebsrat recht aufschlussreiche Berechnungen angestellt: Die mehr als 700 Angestellten waren im Pandemiejahr 2021 rund 60.000 Arbeitstage im Homeoffice. Allein die eingesparte Reisezeit von und zur Arbeit lag in dem Jahr pro Beschäftigtem bei durchschnittlich 75 Stunden, was in etwa einem zweiwöchigen Urlaub entspricht.
Die nicht unternommenen Arbeitswege summierten sich auf fast drei Millionen Kilometer. Im bundesweiten Schnitt werden 65 Prozent der Arbeitswege mit dem Auto zurückgelegt (60 Prozent als Lenker:in, 5 Prozent als Mitfahrer:in), 20 Prozent mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie 15 Prozent mit dem Rad oder zu Fuß. Basierend auf diesen Daten, wurden durch die stark reduzierten Autofahrten rechnerisch rund 250 Tonnen CO2-Äquivalent an Treibhausgasen vermieden. Eingespart wurden auch Pkw-Kosten von rund 790.000 Euro (amtliches Kilometergeld von 42 Cent/km) und – bei einem Durchschnittsverbrauch von 6 Litern pro 100 km – rund 113.000 Liter Treibstoff. Die erwähnten Einsparungen werden allerdings dadurch geschmälert, dass Menschen im Homeoffice dazu neigen, ihre gewonnene Zeit und Flexibilität für „Ersatzfahrten“ (z. B. Besuch von Einkaufszentren) zu verwenden. Reduktionseffekte gibt es aber trotzdem.
Umfrage im besagten Betrieb: Mitarbeiter:innen wünschen sich Homeoffice
Bei einer Blitzumfrage zum Zukunftsbedarf von Homeoffice im Betrieb nach der Pandemie (Sample: 15 Prozent der Belegschaft) durch den Betriebsrat sprachen sich fast zwei Drittel der Teilnehmenden für ein bis zwei Homeoffice-Tage pro Woche aus, während knapp mehr als ein Viertel drei bis vier Tage daheim bleiben möchte. Rund ein Zehntel gab an, primär ins Büro kommen zu wollen. Die Erfahrung aus zahlreichen Betrieben zeigt, dass es bezüglich Homeoffice altersbedingt große Unterschiede gibt. Während ältere Mitarbeiter:innen den persönlichen physischen Kontakt zu den Kolleg:innen mehr schätzen, wünschen sich jüngere Mitarbeiter:innen eher Homeoffice. Generell wird die Nutzung von Homeoffice sehr nach der notwendigen Tätigkeit ausgerichtet: Für Teamarbeit wird gerne ins Büro gegangen, während Tätigkeiten mit hoher Konzentration lieber daheim erledigt werden (falls die Rahmenbedingungen dafür zu Hause passen). In besagter Firma ist der Betriebsrat davon überzeugt, dass man ohne attraktive Homeoffice-Regelung kaum neue junge Fachkräfte im Angestelltenbereich für das Unternehmen gewinnen kann. Denn bei vielen steigt die Jobzufriedenheit mit der Möglichkeit zum Homeoffice.
Die gesamtösterreichische Perspektive
Das Umweltbundesamt hat in der sogenannten PoviMod-Studie die Auswirkungen von Homeoffice für ganz Österreich untersucht. Würde ein Viertel aller Erwerbstätigen in Österreich 40 Prozent der Arbeitszeit – also zwei von fünf Arbeitstagen – von zu Hause arbeiten, ergäbe das ein Einsparungspotenzial von rund 300.000 Tonnen CO2-Äquivalent jährlich. Allerdings könnten die zuvor erwähnten Rebound-Effekte dieses Potenzial auf 90.000 Tonnen reduzieren. Noch wirkungsvoller wäre es, rund ein Drittel der bisherigen Geschäftsreisen in den virtuellen Raum zu verlegen. Dadurch könnten rund 700.000 Tonnen an Treibhausgasen pro Jahr eingespart werden.
Resümee: Um für Pendler:innen eine spürbare Entlastung zu erreichen, gibt es also nicht das eine Patentrezept. Abhängig von Branche, Größe, Lage, Altersstruktur der Beschäftigten und anderen Besonderheiten müssten Unternehmen maßgeschneiderte Maßnahmen für ein erfolgreiches betriebliches Mobilitätsmanagement anwenden.
Großer Dank gebührt einem ungenannt bleibenden Betriebsrat für die Berechnung und Bereitstellung der genannten Daten zum Homeoffice und seine Beiträgen zum Text.
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