Best-Practice-Beispiele für betriebliches Mobilitätsmanagement

06. März 2023

Wie kann man Unternehmen dazu bringen, betriebliches Mobilitätsmanagement umzusetzen? Welche guten Beispiele gibt es schon? Wofür gibt es öffentliche Förderungen? Mit all diesen Fragen beschäftigte sich der „2. Mobilitätsdialog“ vom 17. Jänner dieses Jahres. Zielgruppe dieser Online-Veranstaltung waren Betriebsrätinnen und Betriebsräte.

Pendeln stellt für viele Berufstätige eine große finanzielle – aber auch zeitliche und psychische – Belastung dar. Zwei Drittel der Arbeitswege werden hierzulande mit dem Pkw – und zwar meist alleine – zurückgelegt. Dies verursacht gut ein Viertel der CO2-Emissionen des gesamten Personenverkehrs in Österreich. Es ist also höchste Zeit, dass Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen und dafür sorgen, dass ihre Beschäftigen und Kund:innen kostengünstig und klimaschonend den Betrieb erreichen können. Deshalb fordert die AK auch ein verpflichtendes Mobilitätsmanagement für Unternehmen ab 50 Arbeitnehmer:innen.

Die langjährige Erfahrung zeigt, dass es einige Faktoren gibt, die darüber entscheiden, ob Mobilitätsmanagement zur Erfolgsgeschichte wird. So ist es essenziell, dass die Geschäftsführung voll und ganz hinter dem Projekt steht und möglicherweise eine Vorbildfunktion einnimmt („die Chefin fährt mit dem Rad in die Arbeit“). Auch der Betriebsrat muss im vollen Umfang eingebunden sein. Der bzw. die Mobilitätsbeauftragte sollte direkten Zugang zu den Entscheider:innen haben, denn sonst laufen viele Vorschläge ins Leere. Tolle Synergien schafft die Kopplung an die betriebliche Gesundheitsvorsorge; das betrifft natürlich Gehen und Radfahren. Sind unbeschränkt kostenlose bzw. sehr günstige Parkplätze vorhanden, so wirkt dies kontraproduktiv. Das ist allerdings ein heikles und emotionales Thema.

Dass dieser Aspekt allerdings angegangen werden muss, zeigt die folgende Grafik: Die Umfrage Österreich unterwegs“ aus den Jahren 2013/14 beweist, wie sehr die Existenz eines Parkplatzes am Arbeitsort die Verkehrsmittelwahl beeinflusst.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

Radfahren

Da österreichweit mehr als die Hälfte der Arbeitswege kürzer als 10 Kilometer sind, gibt es ein großes Potenzial, mit dem Rad in die Arbeit zu fahren. E-Bikes erhöhen den Aktionsradius zusätzlich. Dies kann man durch geeignete überdachte und diebstahlsichere Abstellplätze (mit Ladestationen), Duschen, Spinden und sogenannten „Jobrädern“ fördern. So hat die Julius Blum GmbH in Vorarlberg 2.250 E-Bikes und 338 normale Räder angeschafft, die sie den Beschäftigten zur Verfügung stellt. Hinzu kommen 840 Abstellplätze, von denen rund ein Zehntel mit einer Lademöglichkeit ausgestattet ist. Die Pharmafirma Boehringer Ingelheim hat 200 neue Radabstellplätze sowie Ladestationen errichtet. Über spezielle Radschleusen hat man einen vereinfachten Zutritt auf das Firmengelände. Für Kolleg:innen, die mit dem Zug anreisen und am Bahnhof Wien-Meidling auf das Rad umsteigen, gibt es dort spezielle Radboxen. Überdies wird den Mitarbeiter:innen viermal pro Jahr ein Reparaturservice in Kooperation mit einem Fahrradhändler angeboten. All das wirkt: Die im Jahr 2016 gesetzten Ziele zum „Modal shift“ (= Änderung des Mobilitätsverhaltens) wurden erreicht! Die Allgemeine Sparkasse Oberösterreich AG schaffte an den unterschiedlichen Standorten insgesamt 200 E-Bikes als Jobräder an, die den Beschäftigten sowohl für dienstliche als auch private Fahrten zur Verfügung stehen.

Jobticket

Laut einer AK-Studie sind gut die Hälfte aller Betriebsstandorte mit 50 oder mehr Beschäftigten sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar (ÖV-Güteklasse A und B). Die regionalen Unterschiede sind allerdings sehr groß: Während dies für mehr als 90 Prozent der Wiener Standorte zutrifft, ist in den Bundesländern Niederösterreich, Kärnten und dem Burgenland nur ein Fünftel der Betriebe gut angebunden.

Wo also das Öffi-Angebot passt, kann der Arbeitgeber die entsprechenden Zeitkarten oder Klimatickets gratis (oder verbilligt) und steuerfrei zur Verfügung stellen. Die schon erwähnte Julius Blum GmbH hat mehr als 2.300 solcher Jobtickets ausgeben. Zum Ausprobieren sind überdies Tausende Schnuppertickets vorhanden. Auch bei MPREIS in Tirol gibt es 1.000 Jobtickets. Zur Überwindung der sogenannten „letzten Meile“ stehen auch E-Scooters und überdachte Radabstellplätze mit Lademöglichkeit sowie zwei E-Transporträder zur Verfügung. Monitore, die gut sichtbar in den Gebäuden die Abfahrtzeiten öffentlicher Verkehrsmittel anzeigen, schaffen übrigens zusätzlich Bewusstsein.

Fahrgemeinschaften fördern und andere Aktivitäten

Frauscher Sensortechnik GmbH in Oberösterreich forciert Fahrgemeinschaften und arbeitet dabei mit einer Mobilitätsplattform zusammen. Auch das Medienhaus Vorarlberg fördert Fahrgemeinschaften und stellt diesen reservierte Parklätze „in der ersten Reihe“ zur Verfügung. Unternehmen wie der Rewe-Konzern oder LKW Walter organisieren Shuttle-Verkehre von Bahnhöfen zur Firmenzentrale.

Um die Wirksamkeit all der genannten Maßnahmen zu erhöhen, sollten diese Maßnahmen von Infotagen, Aktionswochen, Teilnahmen an Wettbewerben und Auszeichnungen (z. B. als „Mobilitäts-Hero“) begleitet sein. Dabei sollten nicht nur bisherige Autofahrer:innen zum Umstieg motiviert werden, sondern auch jene Personen belohnt werden, die schon nachhaltig unterwegs sind. Es gibt jedoch nicht das eine Patentrezept, das für alle Betriebe passt. Abhängig von Branche, Größe, Lage, Altersstruktur der Beschäftigten und anderen Besonderheiten (wie z. B. Schichtarbeitszeiten) sollten Unternehmen maßgeschneiderte Maßnahmen für ein erfolgreiches betriebliches Mobilitätsmanagement anwenden. Kopieren ist hier ausdrücklich erlaubt! Die Ausrede, dass es keine passende Maßnahme gäbe, gilt nicht! Und überdies gewährt die öffentliche Hand jede Menge an Förderungen; sei es für kostenlose Webinare und Beratungen, für den Ankauf von elektrischen Fahrzeugen, die Errichtung von E-Ladestationen oder den Bau von Radabstellplätzen bzw. die Anschaffung von E-Bikes und Transporträdern.

Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0: Dieser Beitrag ist unter einer Creative-Commons-Lizenz vom Typ Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International zugänglich. Um eine Kopie dieser Lizenz einzusehen, konsultieren Sie http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/. Weitere Informationen https://awblog.at/ueberdiesenblog/open-access-zielsetzung-und-verwendung