Seit Jahrzehnten gibt es ein klares Bekenntnis zu den immer gleichen Handlungsempfehlungen in der Raumordnung: Verdichtung, qualitativer öffentlicher Raum, Ressourcenschonung sowie Leistbarkeit von „Wohnen“ und die Zugänglichkeit zu Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Ebenso lange werden sie schlicht ignoriert. Ein fataler Teufelskreis, der sich insbesondere im Flächenverbrauch, der Zersiedelung, der nahezu exklusiven Nutzung des wertvollen städtischen Straßenraums durch verhältnismäßig wenige AutofahrerInnen, mangelnden Wohnraum und schlechter Versorgung bei der (sozialen) Infrastruktur äußert. Überforderte Städte stehen dabei ebenso überforderten ländlichen Gemeinden gegenüber.
Angesichts der derzeitigen dynamischen Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung steigt der Druck auf den Raum immer weiter an. Höchste Zeit also, dass die bisherigen, zögerlichen Antworten der Raumordnungspolitik klaren Vorgaben weichen. Die Raumordnung ist in den letzten Jahrzehnten dadurch geprägt, dass die Agglomerationen enorm wachsen, während der Bevölkerungsrückgang die strukturschwachen Gebiete und Randlagen bestimmt. Dabei schaffen es die Ballungsräume vielfach nicht, das enorme Wachstum durch Wohnungsneubau, Baulandmobilisierung, Umgestaltung in qualitätsvolle, nutzungsoffene, inklusive öffentliche Räume, Ausbau des öffentlichen Verkehrs, Qualitäts- und Quantitätssteigerung bei der Grünraumversorgung, Zurückdrängung der flächenfressenden Pkw in den Griff zu bekommen und so optimale Lebensbedingungen für alle zu gewährleisten. Die Gemeinden in Randlagen wiederum müssen fast ohnmächtig zusehen, wie die – vornehmlich weibliche – Jugend die Region verlässt und die Bevölkerung schrumpft. Reagiert wird darauf vielfach mit der Ausweisung von noch mehr Bauland in diesen Regionen. Jedes Potenzial für neue EinwohnerInnen muss – geht es nach den Abwanderungsgemeinden – genutzt werden.
Baulandparadoxon: Mehr Widmungen trotz weniger Bedarf
Der Bodenverbrauch ist allerdings nicht nur auf Wachstumsregionen beschränkt. Der 15. Raumordnungsbericht (ÖROK 2018) errechnet beispielsweise für das niederösterreichische Waldviertel zum Teil einen Rückgang der EinwohnerInnen bis 2030 von mehr als 10 Prozent. Parallel dazu wurde aber in nur zwei Jahren (2015–2017) das gewidmete Bauland ebendort um 4 Prozent erhöht. Eine ähnliche Situation ist in Teilen der Steiermark und Kärntens festzustellen.