Die Bedeutung von Exporten wird auch in Österreich in diversen Debatten ins Feld geführt, sei es in Bezug auf Handelsabkommen, die Schaffung von Arbeitsplätzen oder die grüne Transition. Kennzahlen werden aber oft falsch verwendet und entsprechend missinterpretiert. Die Bedeutung der Exporte für die Wirtschaft wird dadurch oft überschätzt. Wie so oft in der Ökonomie ist die Exportorientierung nie pauschal „gut“ oder „schlecht“, sondern immer abhängig von den jeweiligen Bedingungen. Dieser Artikel soll dazu beitragen, mehr Klarheit in die oft emotionale Diskussion rund um die Exportorientierung zu bringen.
Die Exportquote – ein falsches Maß?
Die Exportquote wird oftmals ins Feld geführt, um die besondere Bedeutung von Exporten für Österreich zu betonen. Fakt ist allerdings, dass diese Quote irreführend ist – zumal es sich strenggenommen um gar keine Quote handelt.
Was ist unter dem Begriff der Exportquote zu verstehen? Die Exportquote stellt die Exporte im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) dar. Das Bruttoinlandsprodukt wiederum steht für den Wert der Waren und Dienstleistungen, die innerhalb der Grenzen Österreichs geschaffen wurden. Da das BIP nach Landesgrenzen funktioniert, müssen für die Berechnung des BIPs, also der Produktionsleistung im Land, die Importe von den gesamt verfügbaren Gütern und Dienstleistungen im Land abgezogen werden. Ein Beispiel: Wird ein Fahrrad in Österreich gefertigt, der Rahmen des Fahrrads aber beispielsweise aus China importiert, muss der Wert des Rahmens aus dem BIP herausgerechnet werden. Schließlich wurde dieser Wert nicht im Inland, sondern in China generiert. Die Exporte folgen allerdings nicht dieser Logik, denn sie stehen für den Wert aller Produkte, die aus Österreich exportiert werden – unabhängig vom Anteil der Fertigung im In- oder Ausland.
Es wird also klar, dass bei der Exportquote in Wahrheit Äpfel mit Birnen (oder Umsätze mit Wertschöpfung) verglichen werden. Ein Land, das massenweise beinahe fertige Produkte exportiert und nur einen Arbeitsschritt an diese Produkte anhängt, hat eine sehr hohe Exportquote, möglicherweise sogar über 100 Prozent. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass die Exporte dadurch viel Wert im Inland generieren und damit für die Volkswirtschaft von besonders großer Bedeutung sein müssen. Ein klassischer Fall dafür ist Hongkong, das als Handelsplatz enorm hohe Importe und Exporte im Vergleich zur inländischen Wertschöpfung aufweist, und so auf eine Exportquote von 193,9 % kommt. Einige Ökonom:innen schlagen deshalb alternativ zur Exportquote vor, die Exporte an der Gesamtnachfrage statt am BIP zu messen. In die Gesamtnachfrage fließen Konsumausgaben, Investitionen und auch Exporte ein, es geht also um die gesamte Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen. Die Grundbedingung an eine „echte“ Quote, bei der die Werte zwischen 0 und 100 % liegen müssen, wäre damit auch gegeben. In Österreich beträgt diese Quote für das Jahr 2023 38 %, immerhin ein erheblich geringerer Wert als die Exportquote von 60 %. Also rund 38 % der in Österreich angebotenen Waren und Dienstleistungen werden im Ausland nachgefragt. Die untenstehende Grafik stellt die Entwicklung der Exportquote und den Anteil der Exporte an der Gesamtnachfrage dar und führt nochmal vor Augen, wie erstere die Bedeutung der Exporte für die Wirtschaft überschätzt.