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Die Tücken der Bemessungsbasis
Die Regierung plant nun im Zuge der Steuerreform ab 1. Jänner 2020, diese Steuer „verbrauchsabhängig“, also auf offiziellem Normverbrauch oder CO2-Ausstoß, basierend abzustellen. Aufhänger dafür sind umweltfreundliche Hybridantriebe, also Pkw mit einer kleinen Fahrbatterie neben dem Verbrennungsmotor, die, anders als reine Batteriefahrzeuge, noch nicht von der motorbezogenen Versicherungssteuer befreit sind. Das passt auch in das Konzept der europäischen Automobilindustrie, ihre klimapolitischen Verpflichtungen auf EU-Ebene („CO2-Vorgaben für Pkw-Hersteller“) durch diese „Mischantriebe“ im nächsten Jahrzehnt leichter zu erfüllen.
Wird die Bemessungsbasis bei der motorbezogenen Versicherungssteuer aber von kW auf CO2 umgestellt, müssten Pkw-HalterInnen eines VW Polo mit einer deutlich geringen kW-Leistung künftig mehr als Pkw-HalterInnen eines Porsche Panamera E-Hybrid Coupé bezahlen. Hintergrund für diese Bemessungsbasis ist ein offizieller Normverbrauch, der auch mit dem erneuerten Prüfzyklus WLTP (= (Worldwide Harmonized Light Vehicle Test Procedure) bei Pkw mit Hybridantrieben noch immer nicht die Wirklichkeit auf der Straße wiederspiegelt. Aus AK-Studien ist bekannt, dass Hybrid- und Plug-in-Pkw im Durchschnitt zwischen 50 und 150 Prozent über den Normverbrauch liegen. Der genannte Porsche Panamera bringt es im Verkaufsprospekt auf 2,9 Liter Verbrauch pro 100 gefahrenen Kilometer, im „wirklichen Leben auf der Straße“ aber auf 9 Liter Verbrauch pro 100 gefahrenen Kilometer.
Wie viel Förderung für E-Autos ist notwendig?
Dieses steuerpolitische Vorhaben reiht sich gut ein in eine Reihe von bereits bestehenden Steuervergünstigungen und Förderungen für E-Fahrzeuge (z. B. Befreiung von Normverbrauchsabgabe und motorbezogener Versicherungssteuer, Vorsteuerabzugsfähigkeit für betrieblich genutzte Pkw, Ankaufförderungen von Bundesländern etc.), die private z. B. Pkw bis zu 10.000 € und betrieblich genutzte Pkw bis zu 20.000 € pro Jahr üppig fördert. Wer täglich E-Mobilität auf der Schiene in Anspruch nimmt, kommt der Allgemeinheit entschieden günstiger.
Derartige Anreize müssen aber im Steuerhaushalt bekanntlich von jemandem finanziert werden. Wird innerhalb der motorbezogenen Steuer aufkommensneutral umgeschichtet, werden Pkw-HalterInnen mit Verbrennungsmotoren zwangsläufig belastet. Es ist anzunehmen, dass einkommensschwächere Schichten ältere Pkw mit nominell höheren CO2-Werten besitzen und folglich mehr bezahlen werden. Aber auch aus umwelt- und klimapolitischen Gesichtspunkten ist das ganze Unterfangen fragwürdig, denn hier ist nur das Fahraufkommen wirklich relevant und dieses steigt bekanntlich mit dem Einkommen der Haushalte.
Kein Unterschied zwischen Kleinwägen und dicken Brummern?
Das derzeitige Modell der motorbezogenen Versicherung ist an sich ein taugliches Instrument für die Regulierung der Motorstärke sowie des CO2-Ausstoßes von Fahrzeugen. Denn in der Vergangenheit wurden erhebliche Fortschritte der Autohersteller bei der Treibstoffeffizienz erzielt. Diese wurden jedoch durch mehr PS für schwerere Pkw (z. B. SUV) zunichte gemacht. Diesen nicht nachhaltigen Trend können Autohersteller alleine nicht brechen. Hier sind steuerliche Konzepte gefragt. Wer also am Konzept einer motorbezogenen Versicherungssteuer festhält, tut gut daran, übermotorisierte Fahrzeuge (etwa ab 100 kW) steuerlich stärker zu belasten und kleine Pkws zu entlasten.
All diese Sachverhalte sind der Regierung und ihren ExpertInnen hinlänglich bekannt. Von ihrem Ansatz, „ein steuerliches Anreizsystem zur Anschaffung effizienterer und emissionsärmerer Fahrzeuge ausbauen und optimieren“ (Regierungsprogramm), lässt sie aber trotzdem nicht ab. Ihre Vision von E-Mobilität basiert klarerweise noch immer auf einem Kfz mit vier Gummirädern, das sukzessive einen E-Motor anstelle eines Verbrenners erhält. Dass E-Mobilität eigentlich seit Jahrzehnten auf Schiene und bei Straßenbahnen erfolgt, will so recht nicht aufblitzen. Um aber tatsächlich nachhaltig etwas gegen den verkehrsbedingten Klimawandel zu machen, müsste die Regierung eine ökologische Steuerreform in Angriff nehmen, die Mobilität von Grund auf neu denkt und in eine nachhaltige Richtung lenkt. Davor scheut sie aber zurück und konzentriert sich lieber auf die Beseitigung von „lästigen Sonderbestimmungen“ für ihre Klientel. Wie sich zeigt: Diese Regierung hat ein großes Herz für Porsche-BesitzerInnen.