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Wer sind die Immobilieneigentümer:innen?
Einen anderen Blickwinkel nimmt die Studie „Privateigentum und Ressourcennutzung: Wege zu einer egalitären Gesellschaft in Österreich“ ein, die sich mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen befasst und ebenfalls im Sozialbericht 2024 veröffentlicht wurde.
Die vielzitierten „kleinen Häuslbauer:innen“ gibt es der Studie zufolge nicht. Die Eigentümer:innen von Immobilien repräsentieren demnach nicht die Mitte der Gesellschaft, sondern sind fast ausschließlich in der oberen Hälfte der Einkommens- und Vermögensverteilung zu finden. Während das durchschnittliche Nettovermögen von Mieter:innen 57.000 Euro beträgt, ist jenes von Immobilieneigentümer:innen mit 463.000 Euro in etwa achtmal so hoch. Darüber hinaus betonen die Autoren die Mietersparnis, die der Hauptwohnsitz im Eigentum mit sich bringt.
Nur die reichsten Eigentümer:innen vermieten auch
Auch unter den Immobilieneigentümer:innen sind die Vermögenswerte höchst ungleich verteilt. Immobilienbesitz erfüllt für die meisten Menschen den Zweck, selbst darin zu wohnen. Nur relativ wenige Haushalte mit relativ großem Vermögen besitzen weitere Immobilien, die sie nicht zur Erfüllung ihres Wohnbedarfs benötigen. Aus der Studie geht hervor, dass die wohlhabendsten 10 Prozent der Bevölkerung über 78 Prozent des Immobilienbesitzes verfügen, der über den eigenen Wohnsitz hinausgeht – also über Immobilien, die vermietet werden könnten.
Dementsprechend ungleich verteilt sind auch die Mieteinnahmen aus privater Vermietung: Einer Analyse des Momentum Instituts zufolge erzielen die unteren 80 Prozent der Haushalte (nach Einkommen) zusammen 46 Millionen Euro pro Monat an Mieteinnahmen. Demgegenüber erhalten die reichsten 20 Prozent 248 Millionen Euro pro Monat. Somit gehen acht von zehn Miet-Euro an das reichste Einkommensfünftel der Haushalte.
Lösungen sollten bei den Mieten ansetzen
Mieter:innen-Haushalte haben höhere Wohnkosten zu stemmen und verfügen über deutlich geringere Vermögen als Haushalte, die im Eigentum wohnen. Zusätzliche Förderungen zum Erwerb von Wohneigentum stellen jedoch keine brauchbare Lösung dar, um leistbares Wohnen für alle Menschen in Österreich sicherzustellen.
Solche Maßnahmen sind kostspielig und weder gesellschafts- noch wirtschaftspolitisch erstrebenswert. Insbesondere sind sie sozial wenig treffsicher, da sie nur von Personen in Anspruch genommen werden können, die zumindest über gewisse Eigenmittel verfügen. In vielen Mieter:innenhaushalten sind die finanziellen Spielräume so gering, dass diese nicht die Möglichkeit haben, das für eine Kreditaufnahme notwendige Eigenkapital aufzubauen, geschweige denn eine Immobilie zu erwerben. Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass eine weitere Lockerung der 2022 eingeführten strengeren Vergabestandards für Wohnkredite erhebliche systemische Risiken mit sich bringen würde (Stichwort: Blasenbildung am Immobilienmarkt).
Auch eine verpflichtende Kaufoption für Genossenschaftswohnungen hätte langfristig gravierende Folgen für den Wohnungsmarkt und würde strukturelle Verschlechterungen für breite Bevölkerungsgruppen bedeuten. Eine Verknappung des gemeinnützigen Mietwohnungsangebots könnte zu Mietpreissteigerungen für Mieter:innen führen, während vor allem wohlhabende Haushalte profitieren. Der gemeinnützige Wohnungsbestand bringt nämlich nicht nur für jene, die in einer Genossenschaftswohnung wohnen, günstigen Wohnraum, sondern wirkt preisdämpfend auf den gesamten Markt.
Klar ist: Die unteren und mittleren Einkommensgruppen sind auf leistbare Mieten angewiesen. Ob die neu geschaffene Möglichkeit der Einhebung einer Leerstandsabgabe durch die Bundesländer regional mehr Wohnraum bereitstellen kann, wird sich zeigen. Darüber hinaus könnte die Förderung des Baus neuer kommunaler, gemeinnütziger Mietwohnungen, die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel oder auch eine Ausweitung des Vollanwendungsbereichs des Mietrechtsgesetzes (und eine dynamische Definition des „Altbau“-Begriffs) zur Deckung des Bedarfs an leistbarem Wohnraum für die unteren und mittleren Einkommensgruppen beitragen.
Die beiden Studien sind in den sozialpolitischen Analysen des Sozialberichts 2024 erschienen (Band II). Dieser seit 1967 erscheinende Bericht ist seither zu einer der wichtigsten Publikationen des Sozialministeriums geworden. Er nimmt seit Langem einen festen Platz in der öffentlichen Auseinandersetzung zum Thema Sozialpolitik ein und trägt zum wissenschaftlichen Diskurs in Österreich bei. Die Ergebnisse wurden am 9. April 2024 dem Parlament vorgelegt und werden dort diskutiert.
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