In Österreich bleibt Großstädter*innen so viel Geld für die „schönen Dinge des Lebens“ wie in keinem anderen Land der EU. Dafür sorgen gute öffentliche Dienstleistungen in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Bildung und Gesundheit. Trotzdem sinkt aufgrund steigender Mieten auch hierzulande dieser Anteil. Dieser negative Trend sollte mit einem Ausbau des sozialen Wohnbaus bekämpft werden.
Mehr zum Leben durch den Sozialstaat
Explodierende Mieten, Verkehrschaos, Bildungsmisere – so kennt man das aus vielen Großstädten Europas. Corona hat die Probleme vielerorts verschärft. Die Lebensqualität in urbanen Zentren hängt – neben dem allgemeinen Niveau des real verfügbaren Einkommens – maßgeblich von der öffentlichen Daseinsvorsorge in den Bereichen Wohnen, Verkehr, Bildung und Gesundheit ab. Österreichs Großstädte sind dabei führend und bieten ihren Bewohner*innen deshalb auch den im europäischen Vergleich höchsten Lebensstandard.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die ich gemeinsam mit meinem Kollegen Roman Römisch am Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) erarbeitet habe. Wir haben uns angesehen, was die Lebensqualität in europäischen Großstädten am meisten beeinflusst. Fazit: Weil die Wohlfahrtsstaaten in Skandinavien und Mitteleuropa viel stärker in öffentliche Dienstleistungen investieren als ihre angelsächsischen und südeuropäischen Pendants, bleibt den Menschen dort auch wesentlich mehr Geld zum Leben übrig. An der Spitze stehen Österreichs Großstädte. Der Hauptfaktor ist der soziale Wohnbau: Ein relativ hoher Anteil an öffentlichem bzw. gemeinnützigem Wohnungseigentum dämpft hierzulande die Mieten. Umgekehrt müssen Bewohner*innen von Städten mit stark kommerzialisiertem Wohnungsmarkt bei den privaten Konsumausgaben sparen. Ein gutes Beispiel dafür ist Italien.
Der „Schöner leben und öffentliche Daseinsvorsorge“-Index
Anhand des „Urban Public Services and Liveability Index“ (UPSLIde) haben wir untersucht, wofür die Menschen in Europas Großstädten ihr Geld ausgeben. Großstädte verstehen sich als urbane Zentren mit mehr als 100.000 Einwohner*innen. In Österreich sind das neben Wien auch noch Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt. Der Index zeigt, welcher Anteil des Haushaltseinkommens für die Grundbedürfnisse Wohnen, Transport, Bildung und Gesundheit aufgewendet werden muss und wie viel im Vergleich dazu für jene Güter und Dienstleistungen zur Verfügung steht, die das Leben darüber hinaus lebenswert machen. Auf die Kosten für Wohnen, Transport, Bildung und Gesundheit nimmt die Politik über die öffentliche Daseinsvorsorge Einfluss. Damit bestimmt sie indirekt auch darüber, wie viel Geld den Menschen für Urlaub, Gastronomie, Kultur oder Sport – also die schönen Dinge des Lebens – bleibt.