BUWOG und Co: Genossen­schafts-Privatisie­rungen sind anhaltender wohn­politischer Skandal!

22. April 2025

Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft ist eine tragende Säule der Wohnpolitik in Österreich. Privatisierungen in diesem Sektor haben langfristig negative Folgen. Was einst günstiger sozialer Wohnraum war, verwandelt sich in ein lukratives Spekulationsobjekt. Die Mieten schießen in die Höhe, befristete Mietverhältnisse ziehen ein – die Mieter:innen wissen nicht, ob die teureren Mieten überhaupt zulässig sind. Der Grund: Vermieter:innen umgehen häufig die gesetzlichen Regeln für günstigen Wohnraum.

Gesetzliche Gemeinnützigkeitsregeln in der Praxis ignoriert

Das Paradebeispiel für Privatisierungen von gemeinnützigen Bauvereinigungen und ihren Wohnungen sind die ehemaligen Wohnungsgesellschaften des Bundes: BUWOG, WAG Linz, ESG Villach und EBS Linz. Im Jahr 2004 hat der Bund diese Gesellschaften und ihre rund 60.000 Wohnungen privatisiert. Der damals zuständige Finanzminister Karl-Heinz Grasser ist aufgrund einer schwereren Straftat dabei mittlerweile rechtskräftig verurteilt. Die Republik hat durch die Privatisierung bekanntlich 961 Millionen Euro eingenommen. Das entspricht nur rund 16.000 Euro pro Wohnung.

Es gibt aber auch andere Varianten der Privatisierung. Zwischen 2012 und 2015 wurde drei weiteren Bauvereinigungen die Gemeinnützigkeit entzogen. Ein gewerblicher Eigentümer hatte die Kontrolle über diese erlangt und den Entzug herbeigeführt. Es handelt sich um die Gesellschaften GESFÖ, Riedenhof und Pannonia. Diese hatten seinerzeit mehr als 3.000 Wohnungen.

Die ehemals gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften und vor allem auch die Investor:innen/Anleger:innen, die solche Wohnungen kaufen, müssten nach wie vor – und auf Lebensdauer der Wohnungen und Gebäude – zu den günstigeren Regeln des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) vermieten. Das heißt: Die Mieten sind gedeckelt! Nur wenn eine Wohnung direkt von den bereits darin wohnenden Mieter:innen gekauft wird, gibt es davon gewisse Ausnahmen. In der Regel dürfen Grundmiete und Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag (zusammen derzeit 4,38 Euro pro Quadratmeter) plus Betriebskosten und Umsatzsteuer verlangt werden. In der Praxis wird dieses Gesetz oft ignoriert.

Die Realität sieht dann anders aus: Wohnungen werden mit satten Aufpreisen ins Eigentum verkauft – an bisherige Mieter:innen oder sonstige Kaufwillige – und/oder dann von den neuen Eigentümer:innen zu Wucherpreisen weitervermietet. Unsichere Wohnverhältnisse aufgrund von befristeten Mietverhältnissen und überhöhte Mieten sind an der Tagesordnung – großteils illegal.

Ehemalige bundeseigene Wohnungen: zahlreiche Verschlimmerungen

Eine qualitative Erhebung von wohnbund:consult (Büro für Stadt.Raum.Entwicklung) im Auftrag der AK gibt Einblicke in die Wohnverhältnisse am Beispiel von Grazer und Wiener Bewohner:innen in ehemals bundeseigenen Wohnungen. Die Befragung (Stichprobe 101) ist nicht repräsentativ, zeigt aber richtungsweisende Erkenntnisse.

+ Teurer Kaufpreis: Wer die Wohnung gekauft hat, zahlte im langjährigen Durchschnitt über 220.000 Euro – das ist das Vierzehnfache des Privatisierungspreises!

+ Luxusmiete: Wer von Investor:innen/Anleger:innen eine Wohnung gemietet hat, zahlt eine viel höhere Miete. Bei einer 61-bis-70-Quadratmeter-Wohnung sind es hier im Durchschnitt rund 1.100 Euro Miete (brutto). Im Vergleich dazu: Für die gleiche Wohnung, vermietet durch das Wohnungsunternehmen, zahlen Mieter:innen durchschnittlich rund 590 Euro Miete (brutto). Wenn die Investor:innen/Anleger:innen zu vermieten beginnen, ist nicht mehr klar und nachvollziehbar, inwiefern das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz mit der günstigeren Miete und den besseren Wohnbedingungen noch anzuwenden ist. Eine klare und nachvollziehbare Anwendung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes macht einen großen finanziellen Unterschied.

+ Mehr Befristungen: Mit der Vermietung durch Investor:innen/Anleger:innen geht regelmäßig auch eine Befristung einher.

Aktuelle Beispiele aus den AK Wohnberatungen: teurer, schlechter!

Ende Februar 2025 wurde eine rund 110 Quadratmeter-BUWOG-Wohnung im 5. Bezirk für rund 450.000 Euro zum Verkauf angeboten – ein Großteil des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes ist noch anwendbar. Die Nettomiete nach dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz würde bei knapp unter 500 Euro liegen. Der Bauträger tendiert zum Verkauf, weil die Gewinnspanne dort deutlich höher ist. Welche Durchschnittsfamilie kann sich einen Kaufpreis von 450.000 Euro leisten? Der Schmäh an der Geschichte: Nicht nur die BUWOG, auch der/die Käufer:in müsste die Wohnung zum WGG-Mietpreis weitervermieten, was in der Praxis häufig nicht passiert.

Bei den ehemals gemeinnützigen Bauvereinigungen GESFÖ, Riedenhof und Pannonia zahlen Mieter:innen letztlich auch hohe Mieten – nur der Weg dorthin ist ein anderer. Ein Fall der GESFÖ in Linz zeigt, wie eine Wohnung über mehr als zehn Jahre mit Kettenmietverträgen an die gleiche Mieterin befristet vermietet wurde. Das ging jedes Mal mit einer Teuerung einher: Erster Vertrag – die Mieterin zahlte den WGG-Mietpreis; zweiter Vertrag – ihre Miete stieg bei der Vertragsverlängerung um 25 Prozent (unzulässig); dritter Vertrag – sie musste eine um rund 41 Prozent höhere Miete akzeptieren, als nach WGG zulässig wäre. Im Jänner 2025 bekam sie nach einem von der AK eingebrachten Antrag bei der Schlichtungsstelle rasch ihre zu viel bezahlten 7.000 Euro zurück. Aber nach Ablauf der Befristung wird die Wohnung weg sein.

Privatisierung von Genossenschaftswohnungen einen Riegel vorschieben

Wie so oft bei Privatisierungen wird’s teurer und schlechter. Zwar stellt das Regierungsprogramm klar, dass Wohnungen von Gemeinnützigen keine Spekulations- und Anlageobjekte sein dürfen, doch die schon erfolgten Privatisierungen und der Abverkauf von WGG-Wohnungen bleiben problematisch – sie fehlen später für sozial benachteiligte Haushalte. Hier muss den derzeitigen und zukünftigen Mieter:innen solcher Wohnungen geholfen und der Abzocke ein Riegel vorgeschoben werden. Denn nach dem Wegfall der Gemeinnützigkeit geht’s nur mehr um die Maximierung der Renditen.

AK verlangt mehr Transparenz und Sicherheit für Mieter:innen

1. „Pickerl“ für WGG-Wohnungen: Mieter:innen sollen vor Abzocke geschützt werden. Deshalb braucht es für alle ehemals gemeinnützigen Wohnungen eine Grundbuchs-Anmerkung. Nur so können Mieter:innen nachvollziehen, ob das WGG und eine Mietenbegrenzung weiter anwendbar sind.

2. Aus für Befristungen im Mietvertrag: Immobiliengesellschaften und andere Firmen sollen ein Gebot zur unbefristeten Vermietung bekommen. Nur so können Mieter:innen ihre Rechte einfordern, ohne in der Folge ihre Wohnung zu verlieren. Für Privatpersonen soll dieses Gebot ab der zweiten von ihnen vermieteten Wohnung gelten.

3. Saftige Strafen für Mietwucher: Rechtswidrig vereinnahmte Mietzahlungen sollen in doppelter Höhe zurückgezahlt werden müssen. Wenn bei befristeten Mietverträgen mehr verlangt wird, als zulässig ist, soll der Vertrag automatisch ein unbefristeter werden.

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