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81 Prozent der Befragten, deren Einkommen schon während der vorangehenden Beschäftigung nicht ausreichte, können auch während der Arbeitslosigkeit nicht davon leben. Aber auch Menschen, die vor der Arbeitslosigkeit keine finanziellen Probleme hatten, sind betroffen – 33 Prozent derjenigen, die zuvor sehr gut von ihrem Einkommen leben konnten, und 53 Prozent derjenigen, bei denen das Einkommen vollkommen ausreichend zum Leben war, geben an, dass das Einkommen während der Arbeitslosigkeit nicht reicht.
Not macht erfinderisch: alternative finanzielle Quellen
Wenn das Einkommen nicht ausreicht, wird oft auf alternative finanzielle Quellen zurückgegriffen. Am bedeutendsten sind:
eigene Ersparnisse (39 Prozent der Befragten), das Partner:innen-Einkommen (21 Prozent) und Geldausleihen (14 Prozent).
Fast ein Viertel der Befragten – nämlich 23 Prozent – gaben an, sich während der Arbeitslosigkeit verschuldet zu haben (über Geldausleihen, Überziehungen am Bankkonto oder – seltener – Kreditaufnahmen).
Welche finanziellen Quellen genutzt werden, hängt auch mit der Dauer der Arbeitslosigkeit zusammen. Je länger die Arbeitslosigkeit, desto weniger werden eigene Ersparnisse herangezogen (möglicherweise, weil diese nach und nach aufgebraucht werden): 54 Prozent der Befragten, die seit maximal 6 Monaten arbeitslos waren, nutzten eigene Ersparnisse – bei jenen mit einer Arbeitslosigkeitsdauer von mehr als 12 Monaten waren es 31 Prozent. Mit zunehmender Arbeitslosigkeitsdauer wird hingegen finanzielle Unterstützung aus dem sozialen Umfeld wichtiger: 25 Prozent derjenigen, deren Arbeitslosigkeit mehr als 12 Monate dauerte, nutzten das Partner:innen-Einkommen, bei einer Arbeitslosigkeitsdauer von bis zu 6 Monaten waren es 20 Prozent. Ähnlich verhält es sich bei finanziellen Zuwendungen aus dem Verwandten- und Freundeskreis. Schwierig ist die Lage damit vor allem für Menschen, die kein soziales Netzwerk haben, aus dem sie Unterstützung beziehen können.
Sparen und Zahlungsverzug als Bewältigungsstrategien
Um die finanziellen Belastungen zu bewältigen, werden häufig Ausgaben reduziert. Besonders häufig wird in den folgenden Bereichen gespart:
79 Prozent sparen bei Kleidung und Schuhen, 69 Prozent bei Urlaubsreisen, 68 Prozent bei Ausgaben für Freizeitaktivitäten, 68 Prozent bei Lebensmitteln.
Infolge der finanziellen Engpässe sind auch Zahlungsverzüge häufig – 55 Prozent der Befragten gaben an, mindestens einmal in Zahlungsverzug geraten zu sein. Besonders häufig ist dies der Fall bei Miete und Betriebskosten – bei fast vier von zehn Befragten (39 Prozent) kam es zu Zahlungsverzügen in diesen Bereichen.
Deutliche Verschlechterung seit 2014, Inflation verstärkt finanzielle Belastungen
Verglichen mit den Studienergebnissen aus dem Jahr 2014 zeigt sich, dass sich die Situation für arbeitslose Menschen verschlechtert hat. Besonders stark ist das bei Sparmaßnahmen und Zahlungsverzügen bemerkbar:
Der Anteil der Befragten, die keine Ausgaben reduzieren mussten, hat sich fast halbiert – von 11 Prozent (2014) auf 6 Prozent (2024). Arbeitslose Menschen müssen in so gut wie allen Bereichen häufiger sparen – besonders bemerkbar ist der Anstieg bei Lebensmitteln (während 2014 51 Prozent der Befragten in diesem Bereich einsparen mussten, sind es 2024 68 Prozent) und Energieverbrauch/Heizen (von 29 Prozent 2014 auf 44 Prozent 2024). Auch Zahlungsverzüge sind in allen Bereichen häufiger geworden – bei Miete und Betriebskosten hat sich der Anteil der Befragten mit Zahlungsverzügen fast verdoppelt (von 21 Prozent [Miete] bzw. 20 Prozent [Betriebskosten] 2014 auf 39 Prozent [beide] im Jahr 2024).
Die steigenden Lebenshaltungskosten durch die Inflation verschärfen die finanzielle Situation zusätzlich: 90 Prozent der Befragten berichten, dass die Teuerung ein „sehr großes“ oder „großes“ Problem für sie und ihren Haushalt darstellt.
Arbeitslosigkeit wirkt sich negativ auf Gesundheit und Kinder aus
Die Folgen der Arbeitslosigkeit sind nicht rein finanzieller Natur – auch andere Lebensbereiche sind betroffen:
62 Prozent der Befragten berichten von negativen Auswirkungen auf ihr Leben allgemein, 58 Prozent von negativen Auswirkungen auf Freizeitgestaltung, 45 Prozent auf berufliche Chancen und 44 Prozent geben an, dass die Arbeitslosigkeit ihr gesundheitliches Wohlbefinden beeinträchtigt hat. Betroffen sind – neben arbeitslosen Menschen selbst – auch andere Haushaltsmitglieder, insbesondere Kinder:
Rund 36 Prozent der Befragten mit Kindern im Haushalt geben an, dass die Arbeitslosigkeit negative Folgen auf das Leben der Kinder hat(te). 11 Prozent gaben an, dass ein oder mehrere Kinder eine Ausbildung abbrechen musste(n). Bei 13 Prozent bzw. 16 Prozent konnten Kinder nicht an schulischen bzw. außerschulischen Aktivitäten teilnehmen.
Pessimistischer Blick in die Zukunft
Fast ein Viertel (24 Prozent) der befragten Personen ist „gar nicht optimistisch“, dass sich ihre finanzielle Lage in den kommenden sechs Monaten verbessern wird – das sind um fünf Prozentpunkte mehr als im Jahr 2014. Auf der anderen Seite hat sich der Anteil derjenigen, die „sehr optimistisch“ sind, seit 2014 stark reduziert – von 26 Prozent auf 14 Prozent. Besonders Menschen mit langen Phasen von Arbeitslosigkeit haben wenig Hoffnung auf eine baldige Verbesserung ihrer finanziellen Lage.
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Fazit: Weitreichende und gestiegene Belastungen durch Arbeitslosigkeit
Die aktuelle Studie zeigt, dass sich die Lage arbeitsloser Menschen in Wien seit 2014 deutlich verschlechtert hat. Die Kombination aus Einkommenseinbußen und den zusätzlichen finanziellen Belastungen durch die Inflation führt zu erheblichen Herausforderungen bei einem bedeutenden Teil der Betroffenen. Außerdem sind arbeitslose Menschen mit negativen Folgen gesundheitlicher, sozialer und beruflicher Art konfrontiert, die nicht nur sie selbst, sondern auch andere Haushaltsmitglieder – insbesondere Kinder – betreffen. Daraus wird ersichtlich, dass Arbeitslosigkeit nicht nur ein ökonomisches, sondern auch ein soziales Problem ist, das sich auch in Bereichen niederschlägt, die nicht direkt vom Einkommensverlust betroffen sind. Die berichtete Verschlechterung der Situation seit 2014 ist vor dem aktuellen volkswirtschaftlichen Hintergrund wenig überraschend – gestiegene Preise (vor allem im Konsumgüterbereich) führen in Kombination mit einer ausbleibenden Valorisierung der Bezüge zwangsläufig zu finanziellen Engpässen.
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