Bis zu einer Million Menschen in Österreich – mehrheitlich Frauen – vereinen derzeit Angehörigenpflege und Erwerbstätigkeit, zeigt eine aktuelle Studie. „Man rennt einen Marathon und weiß nie, wann er aufhört“ – so könnte der Befund lauten. Zur Bewältigung dieser Aufgaben brauchen sie viel mehr Unterstützung und eine höhere politische Aufmerksamkeit.
Pflegende Angehörige sind Personen, die Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf in ihrem Umfeld unterstützen und/oder pflegen. Dies können z. B. ältere Menschen mit altersbedingten Beeinträchtigungen sowie Menschen mit Beeinträchtigungen oder schweren Erkrankungen aller Altersgruppen sein. Personen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf brauchen z. B. Hilfe bei der Bewältigung grundlegender alltäglicher Aktivitäten (z. B. Körperpflege), instrumenteller alltäglicher Aktivitäten (z. B. Einkaufen) und/oder hinsichtlich sozialer Teilhabe. Die betreuten Personen, um die sich pflegende Angehörige kümmern, können mit diesen zusammenwohnen, in einem anderen Haushalt oder auch in einer Einrichtung (z. B. einem Pflegeheim) leben. Die Lebenssituationen von pflegenden Angehörigen sind sehr unterschiedlich.
Die Wissenschafter:innen Nagl-Cupal/Kolland, Zartler/Mayer/Bittner/Koller/Parisot/Stöhr beschreiben in ihrer Studie (2018) die Situation von pflegenden Angehörigen. Seit 2023 gibt es eine umfassende Darstellung der Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die in der Familie pflegen (sogenannte „Young Carer“ und „Young Adult Carer“). Ein detaillierter Einblick in die Vereinbarkeitsproblematik von Erwerbsarbeit und Angehörigenpflege fehlte bis dato. Nun geben die Expert:innen Kadi/Pot/Simmons/Leichsenring (Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung) und Staflinger (Arbeiterkammer Oberösterreich) in ihrer aktuellen Studie Einblicke in die Lebens- und Arbeitswelt von pflegenden Angehörigen und zeigen Handlungsfelder auf.
Angehörigenpflege oft mit hohem Zeitausmaß verbunden
Angehörigenpflege beginnt häufig schleichend: anfangs mit der Übernahme einzelner Tätigkeiten wie Einkauf, Begleitung bei Arztbesuchen oder Haushaltführung, endet diese häufig in einer zeitintensiven Übernahme vieler Aufgaben rund um die Pflege von nahen Angehörigen.
Werden viele Stunden der Angehörigenpflege und -betreuung übernommen, hat dies oft Auswirkungen auf die Erwerbsarbeitszeit. Die Folgen reichen von einer Arbeitszeitreduktion bis hin zum (zeitweisen) völligen Ausscheiden aus dem Erwerbsleben für die Pflege. Verbunden mit dem teilweisen Ausstieg aus dem Arbeitsleben sind mangelnde soziale Teilhabe, geringeres Einkommen bis hin zu einer geringen Pension und drohender Altersarmut für Frauen.