Mit 1. Jänner 2024 „feierte“ die Einführung der Invaliditätspension Neu zehnjähriges Jubiläum. Ein erster Blick zeigt, dass es für gesundheitlich beeinträchtige Menschen viel schwieriger wurde, eine Leistung zu erhalten. Und auch der erhoffte Erfolg der schnellen Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt blieb aus. Aus rechtlicher Sicht birgt das aktuelle Reha-System im Bereich des Versicherungsfalls der geminderten Arbeitsfähigkeit einige Probleme, die bei den Betroffenen zu großer Unzufriedenheit führen.
Grund der Gesetzesänderung
Durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 2012 (SRÄG 2012) kam es zu gesetzlichen Änderungen im Bereich der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension. Das Hauptziel dieser Änderung war „Rehabilitation vor Pension“. Man wollte dadurch die Menschen nach ihren Erkrankungen wieder schneller am Arbeitsmarkt eingliedern. Ab 1.1.2014 wurde die befristete Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension abgeschafft und durch zwei neue Leistungen, nämlich das Rehabilitationsgeld und das Umschulungsgeld, ersetzt. Nur mehr Personen, bei denen eine dauerhafte Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit festgestellt wird, erhalten eine Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension. Nun, zehn Jahre später, möchten wir einen kritischen Blick auf dieses System werfen:
Antragstellung
Aktuell muss ein Antrag auf Gewährung einer Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) gestellt werden. Aufgrund einer gesetzlichen „Fiktion“ (§ 361 ASVG) wird dieser Antrag vorrangig als Reha-Antrag gewertet. Im aktuellen System erhalten die Antragsteller:innen unter Umständen eine ganz andere Leistung zugesprochen als ursprünglich beantragt. Dies führt bei den Antragsteller:innen zu Verwirrung. Oft stellen sie sich deshalb auf ein anderes Ziel – die Erreichung der Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit – ein. Stellt sich heraus, dass Reha-Maßnahmen zumutbar und zweckmäßig sind und damit von den Antragsteller:innen in Anspruch genommen werden müssen, so ist es schwierig, dass die Versicherten wieder vom „Pensionsziel“ abrücken und zurück auf das ursprüngliche Bestreben – Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt – geleitet werden.
Trennung der beruflichen und medizinischen Reha-Maßnahmen
Weiters ist die Trennung zwischen beruflicher und medizinischer Reha kontraproduktiv. Aktuell werden die Voraussetzungen der beruflichen und medizinischen Reha nacheinander geprüft. Sind die Maßnahmen der beruflichen Reha zumutbar und zweckmäßig, so hat der bzw. die Antragsteller:in Anspruch auf diese Maßnahmen. Lediglich wenn dies nicht der Fall ist, werden die Voraussetzungen der medizinischen Rehabilitation geprüft. Könnten die Maßnahmen aus diesen beiden Bereichen parallel in Anspruch genommen werden, so würde besser auf die individuellen Bedürfnisse der Versicherten eingegangen werden.
Viel Rehageld-Bezug, kaum Umschulungsgeld-Bezug
Die Trennung zwischen medizinischer und beruflicher Reha spielt vermutlich eine Rolle, warum es bis dato zu keinen bzw. fast keinen Gewährungen beruflicher Reha-Maßnahmen gekommen ist.
Von der PVA wird monatlich nur ein geringer Anteil an Maßnahmen der beruflichen Reha bewilligt. Laut Pensionsversicherungsanstalt konnten 55 Prozent der Personen, welche die Maßnahmen erfolgreich beendet hatten, am Arbeitsmarkt wieder Fuß fassen.