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Pensionsfinanzierung: Arbeitsmarkt ist entscheidend
Gute Pensionspolitik ist gute Arbeitsmarktpolitik. Der Schlüssel zu einem langfristig stabilen Pensionssystem liegt in einer hohen Beschäftigungsquote – besonders bei älteren Arbeitnehmer:innen – und steigenden Löhnen und Gehältern. Der reine Fokus auf demografische Entwicklungen führt zu einem oft unberechtigten Alarmismus. Viel entscheidender als das Verhältnis zwischen Alten und Jungen ist die Anzahl an Personen in Beschäftigung und ihr Lohnniveau, da davon Pensionsbeiträge gezahlt werden. Josef Wöss und Erik Türk zeigen in einem kürzlich veröffentlichten Paper, dass durch höhere Beschäftigungsquoten nachteilige demografische Entwicklungen ausgeglichen werden können. Auch der Pensionsreport des Momentum Instituts zeigt, dass eine höhere Erwerbstätigkeit bessere Auswirkungen auf das Pensionssystem hat als eine Kopplung des Pensionsantrittsalters an die Lebenserwartung – besonders auf mittlere Frist.
Es braucht Verbesserungen im Pensionssystem
Um die Beschäftigungsquote zu erhöhen, braucht es neben arbeitsmarkpolitischen Maßnahmen auch Verbesserungen im Pensionssystem. Dass es Handlungsbedarf im Pensionssystem gibt, kann exemplarisch anhand des Rehabilitationsgelds gezeigt werden. Personen, welche ab 1964 geboren sind und für die eine für mindestens sechs Monate geminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, bekommen seit 2014 anstatt einer befristeten Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension das Rehabilitationsgeld. Mit dieser neuen Leistung wurde das Ziel „Reha vor Pension“ ins Gesetz übernommen. Ziel dieser neuen Leistung war es, kranke Menschen möglichst schnell wieder auf den Arbeitsmarkt zurückzubringen, statt sie krankheitshalber dauerhaft in eine Pension zu schicken. Wie erfolgreich das ist, ist schwer zu sagen, da nur wenige Daten dazu vorliegen. Laut einem Rechnungshofbericht aus dem Jahr 2020 gelang es im Jahr 2018 nur 8,2 Prozent der Rehageldbezieher:innen, wieder am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Es stellt sich die Frage, ob die betroffenen Personen zu spät in die Rehabilitationsmaßnahmen kommen oder ob es bessere Angebote in Bezug auf die Rehabilitationsmaßnahmen braucht. Faktum ist, dass es nur sehr wenigen Personen gelingt, nach Rehabilitationsmaßnahmen einen Gesundheitszustand zu erreichen, der es ihnen ermöglicht, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen.
Nur zwei Drittel der Pensionsantritte erfolgen aus Beschäftigung
Es ist bedenklich, dass österreichweit im Jahr 2021 jeder dritte Pensionist bzw. jede dritte Pensionistin bei Pensionsantritt arbeitslos war, einen Pensionsvorschuss, Kranken- oder Rehabilitationsgeld bezog oder Versicherungslücken aufwies. Nur zwei Drittel konnten direkt aus einem Arbeitsverhältnis in Pension gehen – und davon kamen viele aus Altersteilzeit. Betroffene spüren diese Situation als einen jahrelangen, belastenden und demotivierenden Prozess. Nach dem Motto „Zu krank für den Arbeitsmarkt, aber zu gesund für die Pension“ werden sie zwischen verschiedenen Institutionen hin und her geschickt, ohne die richtige Unterstützung zu erhalten. Das Arbeitsmarktservice (AMS), die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) und die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sollten ihre Verantwortung aber nicht abwälzen, sondern gemeinsam realistische Beschäftigungsperspektiven erarbeiten.
Fazit: Menschen unterstützen – Beschäftigung heben – Pensionen sichern
Die Fakten liegen auf dem Tisch. Unser Pensionssystem ist sicher und finanzierbar. Um die Finanzierung auch weiterhin zu garantieren, braucht es aktive Arbeitsmarktpolitik. Eine hohe Beschäftigungsquote und gute Lohnentwicklungen sind der Schlüssel zu einem stabilen Pensionssystem. Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist definitiv der falsche Weg und würde lediglich den bereits bestehenden Druck auf ältere Arbeitnehmer:innen weiter verstärken und die Arbeitslosigkeit erhöhen. Ein großer Teil der älteren Arbeitnehmer:innen hat schon jetzt Probleme, das gesetzliche Pensionsantrittsalter zu erreichen. Eine Anhebung würde diesen Effekt verstärken. Zudem würden Menschen mit geringerem Einkommen unverhältnismäßig stark benachteiligt werden. Besser wäre es, Maßnahmen zu verabschieden, die besonders ältere Arbeitnehmer:innen unterstützen und ein Arbeiten bis zur Pension ermöglichen.
Dazu müssen vor allem auch Betriebe in die Pflicht genommen werden. Neben besseren Arbeitsbedingungen und altersgerechten Arbeitsplätzen braucht es ein Bonus-Malus-System, das die Beschäftigung Älterer fördert. Zusätzlich kann eine Jobgarantie dafür sorgen, dass arbeitswillige Ältere einen öffentlich finanzierten Job bekommen, wenn ihnen private Betriebe keine Chancen geben. Es muss aber auch klar sein, dass Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keiner (Vollzeit-)Erwerbsarbeit mehr nachgehen können, Anrecht auf Altersteilzeitmodelle und Zugang zu Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension haben. Neben diesen Maßnahmen für Ältere muss das riesige Arbeitskräftepotenzial der Stillen Reserve – das sind jene Menschen, die arbeiten wollen, aber nicht aktiv auf Arbeitssuche sind – endlich erkannt werden.
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