Bodenverbrauch und Daseins­vorsorge: Versorgungs­sicherheit erhalten!

06. November 2024

Diskussionen über den Bodenverbrauch konzentrieren sich oft nur darauf, wie viel Grünland verloren geht. Doch entscheidend ist auch, wo und wie Boden genutzt wird. Werden kompakte Siedlungen oder weit verstreute Strukturen gefördert? Die Entscheidung hat direkte Auswirkungen auf unsere Lebensqualität. Nur in kompakten Siedlungen kann auch zukünftig eine verlässliche Daseinsvorsorge gewährleistet werden.

Leere Ortszentren, ausufernde Siedlungsränder

Die Studie der Universität für Bodenkultur Wien zur Siedlungsentwicklung in Österreich zeigt, dass vor allem Oberösterreich, Niederösterreich und das Burgenland stark von Zersiedelung betroffen sind. In diesen Bundesländern unterliegen über 50 Prozent der bebauten Flächen einem hohen oder sehr hohen Zersiedelungsgrad – zum Vergleich: 1975 lag dieser Wert etwa in Oberösterreich bei lediglich 13 Prozent. Was bedeutet das konkret? Waren Siedlungen früher deutlich kompakter, so fand in den letzten Jahren ein starkes Wachstum an Siedlungsrändern statt, während gleichzeitig vorhandenes Bauland in den Ortszentren oft ungenutzt blieb. Dadurch sank die Bebauungsdichte und Ortskerne verödeten. Diese Entwicklung wurde einerseits durch die Ausweisung großflächiger Betriebsbaugebiete an Ortsrändern begünstigt. Andererseits fehlen in vielen ländlichen Regionen noch immer attraktive und leistbare Alternativen zum freistehenden Einfamilienhaus, was den Trend zur Zersiedelung verstärkt.

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Zersiedelung belastet Daseinsvorsorge

Zersiedelung ist teuer, ineffizient, belastet die Allgemeinheit und erzeugt Ungleichheiten im Zugang zu Daseinsvorsorge. Neue Siedlungsgebiete abseits von Ortskernen verursachen etwa hohe Kosten für die Erschließung und den Erhalt von Straßen, Wasser- und Stromleitungen. Doch auch die Bereitstellung sozialer Dienstleistungen wird deutlich aufwändiger und teurer. Für Kinderbegleitdienste, Schüler:innentransporte und Essen auf Rädern etwa müssen erheblich längere Strecken zurückgelegt werden, was zu hohen Fahrtkosten und zusätzlichem Zeitaufwand führt.

Laut dem Österreichischen Institut für Raumordnung sind die Fahrtwege für mobile soziale Dienstleistungen in ländlichen Streusiedlungen bis zu 20-mal länger als in kompakten Siedlungen. In Zeiten knapper Gemeindebudgets ist dies besonders problematisch. Viele Gemeinden sehen sich aktuell gezwungen, im Bereich sozialer Versorgungen Förderungen einzustellen, um ihre Budgets auszugleichen. Auf Ebene der Gesundheitsdienstleistungen zeigt sich zudem ein Trend zur Zentralisierung, Gesundheitsangebote konzentrieren sich auf Bezirks- oder Landeshauptstädte. Besonders in Flächenbundesländern sind hier immer weitere Anfahrtswege zurückzulegen. Aber auch schon der einfache Weg zur nächstgelegenen Arztpraxis wird in zersiedelten Gemeinden deutlich länger. Menschen ohne Zugang zu einem Pkw sind dabei besonders stark benachteiligt, da auch ein funktionierendes öffentliches Verkehrsnetz von kompakten Siedlungsstrukturen abhängt.

Zukunft des Pflegesystems

Im Rahmen einer nachhaltigen Daseinsvorsorge steht unter anderem der Pflegebereich vor großen Herausforderungen, die durch die zunehmende Alterung der Gesellschaft noch zunehmen werden. Ein zentraler Punkt ist der dringend notwendige Ausbau mobiler Pflegedienstleistungen, da nach wie vor der Grundsatz mobil (daheim) vor stationär (Heim) gilt. Bisher bestehen im Ausbau regional allerdings sehr große Unterschiede. Besonders in stark zersiedelten Regionen stellen deutlich längere Fahrtwege und -kosten eine Herausforderung dar. Die Politik kümmert sich noch immer zu wenig um das Thema und setzt stark auf Angehörigenpflege statt auf professionelle Dienstleistungen. So ist etwa im aktuellen Pflegefonds ein Richtversorgungsgrad von lediglich 62 Prozent vorgesehen. Das bedeutet, dass nur für knapp zwei Drittel der Pflegegeldbezieher:innen professionelle Pflegeleistungen vorgesehen sind, der Rest ist weiterhin ausschließlich auf Angehörigenpflege angewiesen. Auch hier wird der Zusammenhang zwischen Pflege und räumlicher Siedlungsstruktur deutlich: In Oberösterreich beispielsweise leben 41,4 Prozent der erwerbstätigen pflegenden Angehörigen in Regionen mit niedriger Bevölkerungsdichte, also zersiedelten Gemeinden. Sie sind von fehlenden Infrastrukturen und Unterstützungsleistungen besonders betroffen.

Zersiedelung eindämmen, in Daseinsvorsorge investieren!

Fachexpert:innen aus Raumplanung und Regionalentwicklung weisen schon seit Jahrzehnten auf die negativen Folgen einer fortschreitenden Zersiedelung hin. Hauptaspekte der Kritik sind dabei die Flächeninanspruchnahme und Kostenfaktoren. Zentral ist aber auch die Frage nach dem Erhalt der Lebensqualität in österreichischen Regionen und den Nachteilen im Zugang zu Infrastrukturen und sozialen Dienstleistungen. Insbesondere im Bereich der Daseinsvorsorge, wie etwa dem Pflege- und Gesundheitsbereich, müssen Raumfragen und der niederschwellige und leistbare Zugang für alle Bürger:innen viel stärker mitgedacht und in Planungsprozesse integriert werden. Nur so kann eine gerechte und nachhaltige Versorgungssicherheit gewährleistet werden.

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