Frauen leisten unzählige Stunden unbezahlter Care-Arbeit – und das meist neben einer Erwerbstätigkeit. Hinzu kommt eine Verunsicherung und steigender (finanzieller) Druck durch eine Pandemie, die höchste Teuerung seit 70 Jahren und damit einhergehend ein Vermögens- und Wohlstandsverlust. Gerade Menschen mit niedrigem Einkommen fehlt der notwendige Polster für schlechte Zeiten – hier sind besonders viele Frauen negativ betroffen. Die Leistungen von Frauen müssen endlich gewürdigt werden und verdienen finanzielle und soziale Anerkennung – die Arbeiterkammer Oberösterreich bietet alle zwei Jahre mit dem Frauenmonitor eine Informationsgrundlage, die all diese Aspekte vor den Vorhang holt und zum Thema macht.
Auch wenn die Gleichberechtigung von Frauen und Männern rechtlich weitgehend vorhanden ist, hinkt die Umsetzung in der täglichen Praxis weitgehend hinterher. Trotz Beschäftigungswachstum sind speziell Frauen von geringerem Einkommen, beruflichen Unterbrechungen, Jobverlust und in weiterer Folge von Altersarmut bedroht. Klassische Rollenbilder von Frauen und Lohnlücken zwischen den Geschlechtern sind nach wie vor weit verbreitet. Frauen arbeiten oft Teilzeit und stemmen in den allermeisten Fällen den Großteil der Pflege- und Betreuungsarbeit. Von einer Aufteilung auf Augenhöhe im Bereich (Care-)Arbeit und Einkommen sind wir österreichweit und speziell in Oberösterreich noch weit entfernt!
Trotz guter Arbeitsmarktlage weiterhin viele Unsicherheiten!
Die Arbeitswelt der Frauen verändert sich nur langsam. Der Großteil der Arbeitsverhältnisse von Frauen konzentriert sich auf wenige Dienstleistungsbranchen. Typische Frauenarbeit im Handel, in der Gastronomie, in der Beherbergung, in der Kinderbildung und -betreuung und Pflege älterer Menschen wurden und werden schlecht bewertet. Auch wenn in letzter Zeit Betriebe händeringend nach Mitarbeiter:innen suchen, sind die Chancen, insbesondere von Frauen, weiterhin aufgrund fehlender Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, der Verantwortung für zu pflegende Angehörige und aufgrund traditioneller Rollenbilder gering, um Stunden aufzustocken und damit höheres Einkommen zu erzielen. Gleichzeitig aber erhöht sich von allen Seiten der Druck auf Frauen, mehr zu arbeiten. Oberösterreich weist mit 41,5 Prozent die geringste Frauen-Vollzeitquote auf (österreichweit 49,5 Prozent); d. h. im Umkehrschluss: Sechs von zehn Frauen in Oberösterreich arbeiten Teilzeit.
Deutliche Einkommensschieflage zwischen den Geschlechtern
Auch vor Beginn der Krisen befanden sich die Fraueneinkommen auf niedrigem Niveau. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Frauen werden weiterhin für gleich(wertig)e Arbeit schlechter bezahlt und die Transparenz bei den Einkommen fehlt weitgehend. Im Bundesländervergleich 2021 lag die relative Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen in Oberösterreich mit fast 35 Prozent (österreichweit 29 Prozent) am zweithöchsten. Nur in Vorarlberg erzielten die Frauen ein noch schlechteres Einkommen. Die Differenz zwischen Frauen und Männern betrug dort 37 Prozent. Selbst bei den Vollzeiteinkommen bekommt eine österreichische Frau um 17 Prozent (in Oberösterreich 21 Prozent) weniger als ein Mann. Auch hier führt Vorarlberg das traurige Ranking mit knapp 25 Prozent Differenz an.
Die Benachteiligung in der Erwerbstätigkeit hat unmittelbare Auswirkungen: So sind 11 Prozent der Oberösterreicherinnen (rund 67.000 Frauen) ab 20 Jahren armutsgefährdet, österreichweit sind es 526.000 Frauen (ab 18 Jahren). Besonders von Armut betroffen sind Alleinerziehende (zumeist Frauen) und Mehrkindfamilien. Auch beim Bezug der Sozialhilfe wird diese Schieflage der Geschlechter deutlich: Rund 37 Prozent der Bezieher:innen sind in Oberösterreich Frauen, während es bei den Männern nur rund 26 Prozent sind. Hinzu kommt, dass viele Über- und Mehrarbeitsstunden weder in Zeit noch in Geld abgegolten werden, was wiederum beim Einkommen und letztendlich bei der Pension fehlt. Bei Frauen waren es im Jahr 2021 knapp 27 Prozent unbezahlte Arbeitszeit (in Summe 16,6 Millionen Stunden), bei Männern knapp 19 Prozent (in Summe 24 Millionen Stunden).
Pension: Durch die Finger schauen – trotz hohen Beitrags!
Geringe Entlohnung im Job, Teilzeitarbeit und Lücken im Versicherungsverlauf führen aufgrund einer Änderung des Durchrechnungszeitraumes auf das gesamte Arbeitsleben im Pensionskonto bei Frauen auch zu erheblich niedrigeren Pensionen als bei Männern – ganz besonders seit der Pensionssicherungsreform 2003. Oberösterreichische Männer bekommen mit 2.221 Euro durchschnittlich eine fast doppelt so hohe Alterspension wie oberösterreichische Frauen mit 1.182 Euro. Hinzu kommt, dass mit der Anhebung des Pensionsantrittsalters für Frauen, beginnend mit 2024, zwar die faktische Gleichstellung der Altersgrenzen von Frauen und Männern erreicht wird, damit einhergehend aber die gesellschaftliche, familiäre und ökonomische Gleichstellung weiter auf sich warten lässt.
Dass es nicht nur bei der Bezahlung hakt, sondern auch die Rahmenbedingungen für Frauen oftmals besondere Herausforderungen bergen, zeigt etwa der Blick auf die frauentypischen Branchen und die damit verbundenen Arbeitszeiten an Wochenenden. Jede vierte Österreicherin arbeitet samstags und jede achte sonntags. Aufgrund eines unzureichenden Angebots sozialer Dienstleistungen ist die logische Konsequenz, dass viele Frauen in Teilzeit arbeiten. Hinzu kommt, dass viele dieser Branchen (Gastronomie, Pflege und Betreuung, Handel etc.) mit viel Kundenkontakt verbunden sind, was nicht nur erfüllend, sondern mitunter auch psychisch belastend ist. In einer Sonderauswertung des Arbeitsklima-Index für 2020/21 geht hervor, dass etwa 25 Prozent der Beschäftigten in der Gastronomie oft oder gelegentlich Beleidigungen ausgesetzt sind, in der Pflege und Betreuung sind es 18 Prozent, die oft oder gelegentlich unangenehme Anspielungen zu hören bekommen. Und auch in puncto Gleichstellung erleben viele Frauen im Arbeitsalltag Diskriminierung, sei es im Zusammenhang mit einer (potenziellen) Elternschaft oder aufgrund des Alters bis hin zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz.
Elternschaft und Beruf unter einem Hut? Berufliche Stolpersteine insbesondere für Frauen!
Kleine Kinder im Haushalt verändern die Berufstätigkeit stark. Der Geschlechtervergleich zeigt hier völlig gegensätzliche Entwicklungen: Während sich die Erwerbsbeteiligung der Väter sogar noch erhöht, stürzt jene der Mütter rapide ab. Auch 2021 ist die klassische Rollenaufteilung – Mann als Ernährer und Frau daheim oder in Teilzeit-Zuverdienst – die Realität. Für über die Hälfte der Paare mit kleinen Kindern (bis zwei Jahren) galt laut Arbeitskräfteerhebung 2021 auch 2021 die Konstellation männlicher Allein-Vollzeitverdiener oder Mann in Vollzeit und Frau in Teilzeit.
Deutlich wird diese Diskrepanz auch im letzten Wiedereinstiegsmonitoring 2021. Einerseits gehen zwar immer mehr Männer in Väterkarenz, andererseits aber für nur sehr kurze Zeit! Im Jahr 2016 unterbrachen jene Österreicherinnen, die zuvor überwiegend beschäftigt waren oder die Auszeit geteilt in Anspruch nahmen, ihre Arbeit durchschnittlich für 730 Tage (2006: 904 Tage) – die Oberösterreicherinnen blieben ganze 757 Tage zu Hause (2006: 917 Tage) – also um 27 Tage mehr als im Bundesschnitt. Zum Vergleich: Bei den (ober-)österreichischen Männern ist die Unterbrechungsdauer über all die Jahre auf niedrigem Niveau geblieben: Sie betrug 2016 nur 61 Tage bundesweit und in Oberösterreich.
Trotz guter Bildung bei der Erfolgsbilanz nicht aufgeholt!
Ein Ursprung dieser Schieflage findet sich unter anderem im österreichischen Bildungssystem, in dem einerseits Bildung noch stark durch den sozioökonomischen Status der Eltern vererbt wird und andererseits Schulwahl und Berufswahl noch immer stark geschlechterstereotypisch erfolgen. Unser Bildungssystem löst ungleiche Bildungschancen somit nicht auf, sondern reproduziert diese auch noch. In Sachen Bildung und Bildungsabschlüsse haben Mädchen und Frauen massiv aufgeholt. Trotzdem können die positiven Effekte „guter“ Bildung (selbstbestimmtes und finanziell unabhängiges Leben) weitgehend nicht auf die Entlohnung übertragen werden. Bei gleicher Qualifikation verdienen Frauen häufig weniger als ihre Kollegen. Auch in diesem Punkt sind wir vom gleichen Lohn für gleich(wertig)e Arbeit noch weit entfernt und fehlende Lohntransparenz ist ein bestimmender Faktor dabei.
Führungsetagen sind männlich – Gleichstellung lässt auf sich warten
2021 war österreichweit nur jede dritte Führungsposition weiblich besetzt, und das, obwohl Frauen weitaus häufiger ihr Hochschulstudium erfolgreich abschließen als Männer. Der Frauenanteil in Aufsichtsräten großer und börsennotierter Unternehmen konnte erst durch eine verbindliche Quote (seit 2018) auf 35 Prozent im Jahr 2021 angehoben werden. Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Unternehmensführung der 200 umsatzstärksten Unternehmen in Österreich, wo 91 Prozent der Geschäftsführer:innen Männer sind.
Nur faire Ausgangslagen und Rahmenbedingungen schaffen echte Chancengleichheit!
Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere fehlende soziale Dienstleistungen wie das Angebot vollzeittauglicher Betreuungsplätze für Kinder und das Angebot an Pflege und Betreuung älterer Menschen, lassen weiterhin zu wünschen übrig und tragen wesentlich dazu bei, dass insbesondere die Erwerbstätigkeit von Frauen stark eingeschränkt ist. Während österreichweit 17,4 Prozent der unter Dreijährigen eine VIF-konforme Betreuung angeboten wird, sind es nur 4,7 Prozent in Oberösterreich. Bei den Drei- bis Sechsjährigen sind es 46,1 Prozent in Österreich und nur 24,6 Prozent in Oberösterreich. Damit rangiert Oberösterreich im bundesweiten Vergleich in beiden Altersgruppen auf dem letzten Platz. Darüber hinaus verfehlt das Bundesland auch das sogenannte Barcelona-Ziel der Europäischen Union, das vor zwanzig Jahren festlegte, dass bereits bis 2010 (!) für mindestens 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze zur Verfügung gestellt werden.