Seit 2015 gilt für paritätisch mitbestimmte und zugleich börsennotierte Unternehmen in Deutschland eine Geschlechterquote von 30 Prozent für den Aufsichtsrat. Doch mittlerweile mehren sich die Stimmen, die gesetzlichen Vorgaben seien nicht ausreichend. Wie ambitioniert ist das Gesetz wirklich? Reicht dieser Schritt aus, um tatsächlich mehr Gleichstellung in den Führungsetagen zu erreichen? Wie wirken demgegenüber die Maßnahmen anderer europäischer Länder wie Österreich? Eine Erhebung des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) zeigt: Deutschlands Quote dokumentiert eher Symbolpolitik als wirklichen Willen zu Geschlechtergerechtigkeit.
Ein langer Weg zur Geschlechtergerechtigkeit
Deutschland ist nach wie vor weit entfernt von Geschlechtergleichstellung – auch in Aufsichtsratsgremien. Unter den 30 größten börsennotierten Unternehmen findet sich derzeit kein Kontrollgremium, das zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt ist. Während in diesen Aufsichtsratsgremien zumindest durchgängig Frauen vertreten sind, ist in einigen Vorstandsgremien noch nicht mal eine Frau zu finden. Dabei empfiehlt der Deutsche Corporate Governance Kodex börsennotierten Unternehmen bereits seit 2010 mehr Diversität in Führungspositionen. Doch Frauen wurden auch nach der Kodex-Empfehlung nur sehr überschaubar berücksichtigt. Verständlich deshalb, dass die Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung nicht verhallten, sondern immer lauter wurden.
Ein Gesetz für mehr Frauen im Aufsichtsrat
Nach der Bundestagswahl 2013 einigten sich die regierenden Parteien (CDU/CSU und SPD) auf eine gesetzliche Quote für Aufsichtsratsgremien. Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst (FüPoG) kam dann auch relativ zeitnah im März 2015. Es gilt seitdem für Unternehmen, die börsennotiert sind und zugleich einen paritätisch mitbestimmten Aufsichtsrat aufweisen. Damit bleibt es bei einem engen Geltungsbereich von rund 100 Unternehmen der deutschen Wirtschaft: Diese müssen seit 2016 mindestens 30 Prozent weibliche und 30 Prozent männliche Aufsichtsratsmitglieder im Gremium haben. Fünf Jahre nach Einführung des Gesetzes kann testiert werden: Das Gesetz wirkt. Aber: Ist es auch ein ambitioniertes Gesetz? Sind rund 100 Unternehmen nicht viel zu wenig? Wie regeln eigentlich andere europäische Länder die Gleichstellung in Führungspositionen? Zur Beantwortung der Frage haben wir vonseiten des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (I.M.U.) im April 2020 folgende vergleichende Analyse erstellt: Ambition oder Symbolpolitik? Europäische Geschlechterquoten für Führungspositionen im Vergleich.