Die kürzere Form des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes wird zunehmend in Anspruch genommen. Doch der Wiedereinstieg nach der Elternzeit ist besonders für Frauen mangels institutioneller Betreuung für Kinder ab dem 12. Lebensmonat schwierig und erfolgt, wenn überhaupt, häufig in Teilzeit oder geringfügiger Beschäftigung. Das verstärkt geschlechtsspezifische Ungleichheiten. Ein kostenloses Betreuungsangebot für Kinder ab dem ersten Lebensjahr ist entscheidend, um Familie und Beruf zu vereinbaren und die finanzielle Unabhängigkeit der Eltern zu sichern.
Eltern bevorzugen das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld
Gerade für Frauen, die unverändert die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung tragen, stellt der Wiedereinstieg in den Beruf eine große Herausforderung dar. Um die berufliche Auszeit während der Elternkarenz möglichst kurz zu halten und eine schnelle Rückkehr ins Berufsleben sowie die Wiederherstellung der sozialen Sicherheit zu fördern, wurde 2010 das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld (KBG) eingeführt, das sich mittlerweile zur beliebtesten Variante in Österreich entwickelt hat. Es wird für maximal 365 Tage ab der Geburt des Kindes gewährt, wenn nur ein Elternteil KBG bezieht. Beziehen es beide Elternteile, sind es 426 Tage. Für den zweiten Elternteil sind 61 Tage reserviert. Das einkommensabhängige KBG beträgt 80 Prozent des letzten Einkommens.
Laut AK-Wiedereinstiegsmonitoring haben sich bis zur „Kohorte“ 2021 (Kalenderjahr, in dem die Eltern einen Antrag auf Kinderbetreuungsgeld gestellt haben) fast zwei Drittel (64 Prozent) der zuvor erwerbstätigen Frauen und rund drei Viertel (77 Prozent) der Väter für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entschieden.
Mütter verschieben den Wiedereinstieg und bleiben länger in der Karenz
Viele Bezieherinnen des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes nehmen ihre Erwerbstätigkeit nach Ende des Bezugs nicht sofort wieder auf, sondern gehen in arbeitsrechtliche Elternkarenz (= Freistellung von der Arbeitsleistung gegen Entfall des Arbeitsentgelts bis zu 24 Monate, wenn beide Elternteile Karenz in Anspruch nehmen):
- Nach Ablauf der zwölfmonatigen maximalen KBG-Bezugsdauer war bei Geburten des Jahres 2018 nur ein Viertel (25 Prozent) der Frauen wieder erwerbstätig, nach 18 Monaten weniger als die Hälfte (45 Prozent) und nach 24 Monaten rund drei Viertel (77 Prozent).
- Besonders auffällig ist, dass in der einkommensabhängigen Variante in Wien die Unterbrechungsdauer für zuvor überwiegend unselbstständig beschäftigte Frauen kürzer ist als im Bundesdurchschnitt: In Wien sind es 391 Tage (Medianwert, Jahr 2018), im restlichen Bundesgebiet 466 Tage. Überdurchschnittlich lange wird mit 505 Tagen in Oberösterreich unterbrochen.
Zentrales Übel: die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen
Von zentraler Bedeutung für einen raschen und reibungslosen Wiedereinstieg in den Beruf sind allem voran flächendeckende, bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige und leistbare institutionelle Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen. Österreich hinkt beim Ausbau seit Jahren hinterher. Zudem ist der Ausbau regional sehr unterschiedlich vorangeschritten. In städtischen Gebieten wie Wien oder Graz gibt es tendenziell mehr Plätze und flexiblere Öffnungszeiten. Auf dem Land, vor allem in Oberösterreich, klafft hingegen eine große Lücke zwischen Angebot und Nachfrage. Hier liegt die Betreuungsquote der unter Dreijährigen laut Kindertagesheimstatistik 2023/24 von nur etwas mehr als einem Fünftel (22,3 Prozent) deutlich unter dem österreichischen Durchschnitt von rund einem Drittel (32,8 Prozent).
Zwischen Statistik, Politik und Realität
Für einen Teil der Kinder unter drei Jahren ist die institutionelle Betreuung aber noch geringer:
- Während in Oberösterreich im Durchschnitt 22,3 Prozent der unter Dreijährigen institutionell betreut werden, sind es bei den 12- bis 24-monatigen Kindern nur 18 Prozent. Österreichweit sind 30,6 Prozent der Ein- bis Zweijährigen in institutioneller Betreuung.
- Bei den 24- bis 36-monatigen Kindern ist die Betreuungsquote in Oberösterreich mit 46,3 Prozent zwar deutlich höher, aber immer noch weit vom österreichischen Durchschnitt von 61,3 Prozent entfernt.
Die genaue Anzahl der Kinder, die ab dem 12. Lebensmonat – also im Anschluss an das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld – tatsächlich betreut werden, bleibt jedoch unklar, da die Kindertagesheimstatistik keine detaillierten Daten zu den einzelnen Lebensmonaten veröffentlicht. Durch die fehlende Differenzierung nach Lebensmonaten in der Statistik wird die vorhandene Betreuungslücke zwischen dem Ende des Bezugs des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes und dem Beginn der Betreuung nicht transparent und mögliche Optimierungsmaßnahmen werden erschwert.
Der Betreuungs-Gap
Aus den Ergebnissen des Kinderbetreuungsatlas der Arbeiterkammer OÖ und aus der Elternberatung lässt sich ein deutliches Defizit an Betreuungsplätzen für Kleinkinder ableiten. Auf die Frage „Ab welchem Alter ist eine institutionelle Betreuung möglich?“ ergibt sich nach Angaben der Gemeinden in Oberösterreich folgendes Bild:
Die aktuelle Erhebung des Kinderbetreuungsatlas der AK OÖ – an der sich 2024 insgesamt 338 von 438 oberösterreichischen Gemeinden beteiligt haben – zeigt, dass ein Großteil der oberösterreichischen Gemeinden Kinder erst ab einem Alter von 18 Monaten in eine Kinderbetreuungseinrichtung aufnimmt. Von diesen Gemeinden gibt knapp die Hälfte (45,3 Prozent) an, keine Kinder unter 18 Monaten aufzunehmen. Lediglich ein Fünftel bietet eine Betreuung für Kinder ab 12 Monaten an. In fünf Prozent der Gemeinden werden Kinder sogar erst ab einem Alter von 24 Monaten aufgenommen. Dieser Betreuungs-Gap in der frühkindlichen Betreuung stellt für viele, insbesondere für Eltern, die sich für die einkommensabhängige Variante entschieden haben und aus beruflichen oder finanziellen Gründen eine frühe Rückkehr in den Beruf wollen oder darauf angewiesen sind, ein ernsthaftes Problem dar.
Jede vierte junge Mutter in OÖ arbeitet weniger wegen fehlender Kinderbetreuung
Für viele Frauen, die sich nach der Elternzeit beruflich neu orientieren wollen bzw. müssen, stellt der Mangel an ausreichenden Betreuungsplätzen eine kaum zu überwindende Hürde auf dem Weg zurück in den Beruf dar. Mitunter muss auf teure private Betreuungsangebote – falls überhaupt vorhanden – ausgewichen werden. In Oberösterreich beispielsweise ist zwar die institutionelle Kinderbetreuung zumindest bis 13 Uhr beitragsfrei, für die Nachmittagsbetreuung müssen jedoch Elternbeiträge bezahlt werden. Im Extremfall sind Eltern sogar gezwungen, ganz aus dem Beruf auszusteigen, weil keine geeignete oder keine leistbare Betreuung für das Kind gefunden werden kann.
Eine repräsentative Umfrage der AK OÖ unter jungen Oberösterreicherinnen im Alter zwischen 18 und 35 Jahren zeigt das recht anschaulich: Ein Viertel der Befragten mit Kindern gibt an, dass sie trotz des Wunsches, ihre Karriere fortzusetzen oder auszubauen, gezwungen sind, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Grund dafür ist der Mangel an flexiblen und ausreichenden Betreuungsangeboten.
Unzureichende Kinderbetreuung – unsichere Zukunft
Mehr als die Hälfte (50,6 Prozent) der Frauen in Österreich arbeitet Teilzeit, um Familie und Beruf zu vereinbaren (Männer: 13,4 Prozent). Das führt zu langfristigen finanziellen Unsicherheiten, da Frauen mit längeren Karenzzeiten und Teilzeitbeschäftigung oft eine schlechtere Altersvorsorge haben, was ihre finanzielle Unabhängigkeit beeinträchtigt. Wenn gut ausgebildete Frauen den Arbeitsmarkt verlassen und nicht rechtzeitig zurückkehren, gehen qualifizierte Arbeitskräfte verloren und die Ungleichheiten vertiefen sich.
Die unzureichende Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen hat weitreichende Folgen für die berufliche und finanzielle Zukunft von Frauen. Wer länger aus dem Arbeitsmarkt ausscheidet, riskiert einen sogenannten Karriere-Knick – also einen langfristigen Verlust an Aufstiegsmöglichkeiten und Einkommen. Diese Rückstände verstärken nicht nur das bestehende Lohngefälle zwischen Männern und Frauen, sondern führen auch zu einer ungleichen Verteilung von Ressourcen und Möglichkeiten zwischen den Geschlechtern.
Zeit zum Handeln!
Eine frühzeitige und gezielte Unterstützung beim Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nach der Elternkarenz ist sowohl im Interesse der betroffenen Eltern als auch der gesamten Gesellschaft und Wirtschaft. Trotz der gestiegenen Aufmerksamkeit für Kinderbildung und -betreuung fehlt es weiterhin an einem flächendeckenden, bedarfsgerechten Angebot, das die Bedürfnisse von Eltern und Kindern erfüllt.
Ein gutes öffentliches Bildungs- und Betreuungsangebot muss flächendeckend, ganztägig, kostenfrei und mit flexiblen Öffnungszeiten verfügbar sein. Zudem braucht es einen Rechtsanspruch auf qualitativ hochwertige Betreuungsplätze ab dem ersten Geburtstag bis zum Ende der Sekundarstufe I. Elementarpädagogische Einrichtungen leisten einen entscheidenden Beitrag zur frühkindlichen Entwicklung und fördern soziale, kognitive und sprachliche Fähigkeiten. Um die Qualität der Betreuung zu sichern, ist ein bundeseinheitlicher Qualitätsrahmen erforderlich, der auch einen maximalen Betreuungsschlüssel und Investitionen in die Ausbildung der Pädagog:innen umfasst. Für eine bedarfsgerechte und zukunftsfähige Gestaltung der Einrichtungen sind Bedarfserhebungen notwendig. Ein gerechter und aufgabenorientierter Finanzausgleich ist dabei entscheidend. Jedes Kind muss die gleichen Chancen auf hochwertige Bildung, Betreuung und Erziehung haben. Nur durch verstärkte staatliche Investitionen in den Ausbau und die Verbesserung der Betreuungsangebote können echte Wahlfreiheit und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Chancengleichheit für beide Elternteile gelingen.