Nun ist die Katze aus dem Sack. Am 29. April 2021 veröffentlichte die EU-Kommission ihre Studie zu den neuen genomischen Verfahren oder klarer gesagt: den Bericht zur neuen Gentechnik. Sie kommt zu dem Schluss, dass die derzeit gültige EU-Gentechnikgesetzgebung nicht zukunftsfit ist, und regt „politische Aktionen“ an. Was genau damit gemeint ist, ist noch unklar. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird die derzeit gültige Gentechnikgesetzgebung überarbeitet. Damit können Sicherheit für Gesundheit und Umwelt sowie eine klare Kennzeichnung für KonsumentInnen unter die Räder kommen.
Wird das klare EuGH-Urteil zur neuen Gentechnik fallen?
Die Kommission führt in ihrem Bericht aus, dass neue Gentechnik potenzielle Vorteile für die Gesellschaft in der EU bietet sowie einen Beitrag zur Nachhaltigkeit liefern kann. Mit den neuen genomischen Verfahren (neuer Gentechnik) sollen weniger Pestizide eingesetzt und Pflanzen, die sich besser an den Klimawandel anpassen können, entwickelt werden. Damit können die Ziele des „Green Deals“ und der „Farm to Fork“-Strategie unterstützt werden. Die mithilfe neuer gentechnischer Verfahren hergestellten Pflanzen sollen genauso sicher sein wie herkömmliche Züchtung, da diese „neuen gentechnischen Veränderungen“ auch „natürlich“ auftreten könnten. Die Kommission stützt sich bei diesen Aussagen auf Studien der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA und des Joint Research Centers. Sie startet nun einen Prozess für einen möglichen neuen Rechtsrahmen für Pflanzen, die mithilfe der neuen gentechnischen Verfahren hergestellt werden. Für Tiere und Mikroorganismen ist die Datenlage noch nicht ausreichend vorhanden.
Damit stellt die Kommission und der EU-Rat das Urteil des EuGH zur neuen Gentechnik infrage. Dieses legte klar fest, dass die Anwendungen neuer gentechnischer Methoden wie die Genschere CRISPR/Cas unter die EU-Gentechnikgesetzgebung fallen. Eine der Begründungen lautete: Damit sind ähnliche Risiken verbunden wie mit der klassischen „alten“ Gentechnik. Dieses Urteil garantiert die Einhaltung des Vorsorgeprinzips: In einem Zulassungsverfahren werden die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt abgeschätzt. Sowie eine klare Kennzeichnung als GVO und Rückverfolgbarkeit für KonsumentInnen und ProduzentInnen.
Der Bericht ist weit von einer wissenschaftlichen fundierten Recherche entfernt. Es werden die Ansichten verschiedener Interessengruppen zusammengeführt, basierend auf einer einseitigen EU-Konsultation, in der die Stimmen der Industrie im Vergleich zur Zivilgesellschaft bei Weitem überwogen haben. Die Sicht der KonsumentInnen wird in diesem Bericht insgesamt zu wenig gehört.
KonsumentInnen und Lebensmittelhandel für Kennzeichnung bei neuer Gentechnik
Dabei wünscht sich eine große Mehrheit der österreichischen und europäischen KonsumentInnen eine klare Kennzeichnung bei der „alten“ wie auch bei der „neuen“ Gentechnik, wie eine aktuelle europaweite Umfrage der Grünen zeigt. So wünschen sich über 80 Prozent der Befragten, dass gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und Lebensmittel, die aus Tieren hergestellt werden, als GVO gekennzeichnet werden. Befragt zur neuen Gentechnik, hatten 37 Prozent der Befragten von Genome Editing gehört und 68 Prozent von ihnen wollen, dass die Produkte, die mit diesen Techniken hergestellt werden, auch entsprechend als GVO gekennzeichnet werden. Nur 3 Prozent der Befragten wollen, dass diese Produkte von den GVO-Sicherheitstests und der Kennzeichnung ausgenommen werden. Diese Zahl schließt auch Personen ein, die „nichts“ oder „ein wenig“ über Genome Editing wissen.