Österreichs Wirtschaft wies 2015 einen Überschuss in der Leistungsbilanz von mehr als 9 Milliarden Euro auf (fast 3% des BIP). Der hohe Exportüberschuss widerlegt das dauernde Lamento über die angeblich fehlende Wettbewerbsfähigkeit. Er ist allerdings zu einem erheblichen Teil auch Ergebnis der schwachen Inlandsnachfrage und bringt damit ein gefährliches Importdefizit zum Ausdruck. Dieses Ungleichgewicht ist besorgniserregend und zeigt, dass wir weit unter unseren Verhältnissen leben. Dies gilt ähnlich für andere Mitgliedsländer der Eurozone, ganz besonders für Deutschland und die Niederlande. Ein derartig massives außenwirtschaftliches Ungleichgewicht gefährdet auch den Bestand der Währungsunion und ruft nach raschem Handeln der Wirtschaftspolitik.
Hohe und steigender Überschuss in der Leistungsbilanz
Die Oesterreichische Nationalbank hat jüngst neue Daten zur Leistungsbilanz veröffentlicht. Die Leistungsbilanz umfasst die Transaktionen mit dem Ausland im Bereich von Gütern, Dienstleistungen, Primäreinkommen und Transfers. Mit der Veröffentlichung wurden auch die Werte für die Vergangenheit in doch sehr erstaunlichem Ausmaß revidiert. Der Überschuss in der Leistungsbilanz liegt nach den neuen Daten 2015 bei mehr als 9 Milliarden Euro und er dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen.
Vor allem der Saldo des Außenhandels mit Gütern hat sich auch für die Vergangenheit drastisch verbessert, er lag 2015 mit gut 3 Milliarden Euro im Plus, das sind um etwa 4 Milliarden mehr als noch im Sommer 2015 angenommen worden war. Der Überschuss bei den Dienstleistungen liegt bei mehr als 10 Milliarden Euro. Er entsteht im Reiseverkehr, zunehmend aber auch bei anderen Dienstleistungen. Die erstaunlich starken Revision der Leistungsbilanz sind einerseits Folge der Anpassung an neue internationalen Standards (BPM6 des Internationalen Währungsfonds und Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen 2010), nähren andererseits aber auch Zweifel in Bezug auf die Qualität dieser für die Analyse der wirtschaftlichen Entwicklung und die Wirtschaftspolitik wichtigen Datenreihe.
Importdefizite wie Exportdefizite problematisch
Die Salden der österreichischen Außenwirtschaft haben sich seit Beginn der Währungsunion im Jahr 1999 grundlegend geändert. Davor gab es ein strukturelles Defizit, das das Ergebnis der relativ starken Inlandsnachfrage, einer stärker auf Beschäftigungsziele ausgerichteten Politik, aber auch der immer wieder auftretenden Abwertung der Währungen wichtiger Handelspartner – allen voran der italienischen Lira – war. Seither liegt ein struktureller Überschuss vor.
Der österreichische Export profitierte erheblich vom Aufschwung des Welthandels aber auch vom (verschuldungsfinanzierten) Boom der Inlandsnachfrage bei wichtigen Handelspartnern in Südeuropa. Gleichzeitig waren die davor immer wieder auftretenden Abwertungen der Partnerwährungen nicht mehr möglich. Österreich und noch viel stärker Deutschland hielten aber trotz fester Wechselkurse an Lohnmoderation fest. Deshalb blieben die Inlandsnachfrage sowie der Import sehr verhalten.