Die Finanz- und Wirtschaftskrise und die damit verbundenen schlechten Nachrichten gehören fast schon zum Alltag. Spätestens ab 2009 hat die Krise deutliche Spuren hinterlassen: Das Wirtschaftswachstum ist mau, die Arbeitslosigkeit steigt, und in Europa droht zusätzlich eine Deflation. All das wirkte sich – gemeinsam mit den Bankrettungen – negativ auf die Staatsverschuldung aus, insbesondere durch krisenbedingte geringere öffentliche Einnahmen.
Der vertagte Aufschwung oder: „Ab Herbst geht es wieder mit der Konjunktur bergauf“
Ein Grund für die lange Dauer der aktuellen Krise ist auch die falsche Antwort auf europäischer Ebene: Sparen wurde hier zum Dogma, so dass sich die Binnennachfrage auch nicht über staatliche Programme erholen konnte. Hatten die Mitgliedsstaaten zunächst entschlossen mit Konjunkturpaketen auf die Krise reagiert, so wich diese Wirtschaftspolitik bald einer Kürzungspolitik, die jedoch die Krise verschärfte. Unterstützt wurde diese Politik von falschen Prognosen, die für das jeweils folgende Jahr einen Aufschwung prognostizieren. Beispielhaft lassen sich hier die BIP-Prognosen des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (wifo) anführen:
- Für 2012 wurde zunächst (im Dez. 2010) ein Wachstum von 2,0% prognostiziert (Ist: 0,9%)
- Für 2013 wurde zunächst (im Dez. 2011) ein Wachstum von 1,6% prognostiziert (Ist: 0,3%)
- Für 2014 wurde zunächst (im Dez. 2012) ein Wachstum von 1,8% prognostiziert, derzeit geht das wifo von 0,8 % aus, die aber vermutlich ebenfalls nicht erreicht werden.
Der Aufschwung wurde immer wieder vertagt, die Prognosen waren stets deutlich zu optimistisch, insbesondere weil sie die negativen Folgen der europaweiten Sparpolitik unterschätzten. Nun sind Prognosen ein schwieriges Geschäft, allerdings wurden die Daten genutzt, eine sinnvolle, antizyklische Fiskalpolitik zu unterminieren. So warnte etwa Bernhard Felderer vor Konjunkturprogrammen, wie folgender Ausschnitt aus der Wiener Zeitung vom 23.06.2013 zeigt:
Der Präsident des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, warnt die Regierung trotz Alpine-Pleite und schleppender Wirtschaftsentwicklung davor, ein großes Konjunkturpaket zu schnüren. […] „Ab Herbst geht es wieder mit der Konjunktur bergauf“, versuchte Felderer im Gespräch zu beruhigen. Der deutliche Wirtschaftsaufschwung in den USA werde unter anderem auch die Wirtschaft Deutschlands und Österreichs anschieben.
Bekanntlich ging es weder im Herbst 2013 noch im Herbst 2014 bergauf, und die Krise zieht sich bereits seit 6 Jahren durch das Land – mit enormen gesellschaftlichen Kosten. Heute warnt wifo-Chef Aiginger zu Recht, man brauche schnell ein großes Konjunkturpaket. Oder mit seinen eigenen Worten: „Das Juncker-Paket ist in Wahrheit zu wenig und kommt zu spät“.
Was uns die Krise kostet oder: Österreich hat ein Einnahmenproblem
Verfolgt man die Debatte in Österreich (und auch anderswo), dann wird der Eindruck erweckt, als habe der Staat schlicht vergessen, bestimmte Strukturreformen in Form von Ausgabenkürzungen durchzuführen, und die Probleme der Staatsfinanzen seien die Folge hiervon. Es stellt sich aber die Frage: Was wäre eigentlich ohne Krise mit den Staatsfinanzen? Ohne Krise wäre das Bruttoinlandsprodukt 2013 um ca. 33 Mrd. Euro höher ausgefallen – und auch die Staatseinnahmen alleine damit um ca. 14 Mrd. Euro. Österreich hat also in erster Linie ein Einnahmeproblem! Wie komme ich auf diese Zahlen? Geht man davon aus, dass die Wirtschaft im Jahr 2009 nicht eingebrochen sondern mit der durchschnittlichen Wachstumsrate der Jahre 1995-2008 weitergewachsen wäre, so ergibt sich folgendes Bild: